Mini-Meditationen können dabei helfen, Stress im Alltag zu bewältigen. Autor Ulrich Hoffmann verrät Tipps für den Start und plaudert über eigene Hindernisse.
Warum meditieren Sie?
Weil ich beim Meditieren näher an die Person heran komme, die ich bin oder gerne sein möchte. In den Momenten der Stille erschaffe ich einen Raum, in dem das möglich ist. Ich bin so, wie ich bin, und Sie sind so, wie Sie sind. Wir sind nicht dazu gezwungen, so zu bleiben, aber wir können mit dem arbeiten, was wir haben. Das ist meine Praxiserfahrung aus 20 Jahren.
Wie sind Sie zur Meditation gekommen?
Mir ist es sehr schwer gefallen, mit Meditation anzufangen. Ich wusste lange Zeit schon über die positiven Effekte Bescheid und habe es immer wieder versucht. Bis es im Urlaub plötzlich Klick gemacht hat. Ich saß draußen auf der Treppe vor dem Apartment und habe gespürt, dass sich Zeit und Raum auflösen. Ich war einfach da - genau da, wo ich war. Das war der Moment, in dem der Groschen fiel und ich begriff, wovon die Meditationslehrer immer gesprochen haben.
Was ist Ihnen anfangs besonders schwer gefallen?
Ich habe den "Fehler" gemacht, den viele Menschen machen, wenn sie an Meditation denken. Nämlich zu glauben, dass man an nichts denkt. Als ich mir den Timer auf 10 Minuten gestellt und mir vorgenommen habe, still zu sitzen, fing plötzlich die innere Stimme an, dazwischen zu quatschen. Letztlich hat es bei mir eine Weile gedauert zu verstehen, dass was man in dieser Praxis übt ist zu merken, wie viel im eigenen Kopf los ist. Wie eine Bestandsaufnahme der Befindlichkeiten.
Ulrich Hoffmann hat mehrere Ratgeber zum Thema Meditation für Erwachsene und Kinder geschrieben: zum Beispiel "Mini-Meditationen" oder "Konzentrieren ist ja ganz leicht: Mini-Meditationen für Kinder". Im August erschien im Verlag O.W. Barth "Was Meditation wirklich kann: Wie Sie die richtige Form für sich finden und damit Körper und Geist regenerieren".
In unserer Leistungsgesellschaft definieren wir uns darüber, was wir tun. Warum fällt es uns so schwer, das Nichtstun auszuhalten?
Da legen Sie den Finger in die Wunde (lacht). Zum einen, weil es uns schwer fällt, unproduktiv zu sein. Nichts tun darf man allerhöchstens, um wieder produktiv zu werden. Sie können erschöpft aus dem Büro kommen, sich aufs Sofa setzen und sich vom Fernseher berieseln lassen. Aber nur, weil Sie am nächsten Morgen wieder arbeitsfähig sein müssen. Meditieren heißt nicht, faul zu sein. Ich tue zwar aktiv nichts, aber ich sitze da und atme. Wenn Sie atmen können, können Sie auch meditieren.
Zum anderen vermute ich persönlich, dass wir alle unheimlich Angst vor dem Nichts – im Sinne von Tod – haben. Deswegen ist die Vorstellung von Leere im Kopf auch so beängstigend. Was ist denn eigentlich, wenn nichts mehr ist? Zeit und Raum werden unwichtiger und die Erde dreht sich ohne mich weiter. Wenn ich unheimlich wichtig bin, immer präsent sein muss und immer etwas zu tun habe, dann spüre ich, dass ich in der Welt bin. Aber wenn ich zur Ruhe komme, löse ich mich ein bisschen auf. Dabei denke ich jedoch nicht an nichts.
Ihr Buch heißt "Was Meditation wirklich kann". Was kann Meditation nicht?
Entspannung und Ruhe halte ich für Nebeneffekte von Meditation. Beides kann erfolgen, muss es aber nicht. Häufig rutschen wir in die "Wenn, dann…"-Falle und sind motiviert zu meditieren, weil wir hinterher produktiver sind. Aber tatsächlich wird man während des stillen Sitzens mit Seiten konfrontiert, die man an sich selbst ablehnt. Ich werden dann besonders ungeduldig.
Was hat Ihnen dabei geholfen, eine Routine zu entwickeln?
Der zweite "Fehler", den ich anfangs gemacht habe, war viel zu hoch einzusteigen. Sich hinzusetzen und 10 Minuten still sitzen zu wollen ist, als würde man sagen, wenn die anderen einen Halbmarathon laufen, dann kann ich das auch ohne Übung. Stattdessen habe ich viel kleiner angefangen. Daraus ergab sich die Idee der Mini-Meditationen: wenn ich zwei Minuten still sitzen kann, kann ich auch drei Minuten still sitzen, und habe sogar Freude dabei. Nicht wie ein weiterer Punkt auf der To-Do-Liste, sondern wie eine kleine Atempause im Alltag.
Haben Sie eine Lieblingsmeditation?
Ich praktiziere gerne die Bergmeditation, die Sie auch auf der CD der akutellen Ausgabe EMOTION SLOW hören können. Diese geführte Meditation ist eine Visualisierung, bei der man sich vorstellt, die Dauerhaftigkeit eines Bergs anzunehmen und mit dieser Ruhe in den Tag zu starten. Vielleicht fragen Sie sich, wie es sich anfühlen soll, ein Berg zu sein? Bei jeder Form der Meditation geht es natürlich darum, dass es Sie anspricht und Sie sich darauf einlassen können. Ob geführt oder ohne Anleitung – es gibt keine bessere oder schlechtere Methode.
Wie lassen sich Meditationen in den stressigen Alltag integrieren?
Kein normaler Mensch hat 20 Minuten Zeit, um sich mal in Ruhe hinzusetzen. Es geht darum, die hohen Ansprüche zu senken und viel kleiner anzufangen. Dabei reichen schon zwei bis drei Minuten, in denen der Fokus auf den Atem gelenkt wird. Die Mini-Meditationen auf der CD sind dafür ein guter Einstieg – weg vom kurzfristigen Glück, und hin zu langfristiger Zufriedenheit.
Auf dieser Ausgabe von emotion SLOW findet ihr eine CD mit Übungen aus dem Programm von Argon Balance zum Thema "Meditation und Achtsamkeit". Dabei ist auch eine Hörprobe von Ulrich Hoffmanns Ratgeber "Keine Angst vor niemand – Meditationen für Kinder".
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