Sängerin Mogli hat mit 24 schon so viel erlebt und erreicht, dass einem schwindelig werden kann. Mit SLOW spricht sie über Zukunftspläne, ihre Familie und ihr neues Album.
Megatalent Mogli: Sängerin, Schauspielerin, Social-Media-Idol
Wenn sie die Augen schließt, dann ist da ein Bild: Groß und gradlinig soll es sein, außen elegant wie ein klassisches, englisches Landhaus, innen naturbelassen und minimalistisch. Raue Steinwände, Böden aus Beton, eine Badewanne im Schlafzimmer, selbst kleinste Einrichtungsdetails hat die Sängerin Mogli genau durchdacht. Sogar ein Miniaturmodell ihres Traumhauses existiert bereits, das Bauland ist gekauft – 6.000 Quadratmeter mit altem Baumbestand, verwunschene Ecken, eine tolle Lage. Nur bauen will sie es nicht. Nicht jetzt. Wann, das kann sie nicht sagen. Momentan habe sie einfach keine Lust, sagt sie. Und Mogli gibt es nur als Momentaufnahme.
Langfristig planen? Nicht mit Mogli!
Die 24-jährige Sängerin-Autorin-Filmproduzentin-Modedesignerin-Influencerin lebt konsequent: im Hier und Jetzt. "Wo ich in zehn Jahren sein will? Was ich erreicht haben möchte? Ein Kind oder fünf? Sorry, das weiß ich alles nicht!", sagt Mogli, die eigentlich Selima Taibi heißt und im Frankfurter Nordend aufgewachsen ist. "Langfristige Planung ist nicht mein Ding", sagt sie, "ich lebe nach meinen Bedürfnissen und die können sich innerhalb kürzester Zeit extrem ändern." Gerade war es noch das Ankommen. Nach monatelangem Herumreisen durch die USA bis hinauf nach Alaska hatte sie sich "ein richtiges Zuhause" gewünscht, einen Ort, an dem sie wieder Bodenhaftung spürt.
Ruhe finden auf dem Land
Im Schwarzwald, in einem idyllischen 200-Seelen-Dorf, fand sie ihn. Den totalen Kontrast zum hektischen Berlin, von wo aus sie 2016 mit ihrem damaligen Freund, dem Filmproduzenten Felix Starck und dem gemeinsamen Berner Sennenhund Rudi zu einem Roadtrip in einem umgebauten Schulbus gestartet war. "Expedition Happiness" heißt der Film, der aus den Reiseerlebnissen der drei entstanden ist und zum Überraschungserfolg im Kino wurde – ohne großen Verleiher und ohne Fremdfinanzierung. Mogli lieferte den Soundtrack und komponierte sämtliche Songs ihres aktuellen Albums "Wanderer" auf einem elektronischen Klavier, das sie im Kofferraum des 13-Meter-Vehikels transportierte. "Wir waren frei und jeder Tag brachte ein neues, spannendes Abenteuer", erinnert sich Mogli, die ihren Spitznamen den Dreadlocks verdankt, die sie als kleines Mädchen trug.
Verliebt hatten sich die beiden zwei Jahre vor der Reise in Kambodscha, wo Felix seine erste große Reisedokumentation "Pedal the World" drehte. Mogli radelte vier Wochen mit ihm und "es fühlte sich ab Sekunde eins so an, als wären wir immer zusammen gewesen. Eine tiefe Verbundenheit, obwohl wir aus unterschiedlichen Welten kamen."
"Wo ich in zehn Jahren sein will? Sorry, aber das weiß ich nicht."
Mogli, Tochter eines Algeriers und einer Deutschen, wuchs nach deren Trennung mit zwei Müttern auf, die ihr viel Luft und Liebe gaben: Akrobatik im Kinderzirkus, Schauspiel-, Gesangs- und Tanzunterricht, mit 12 hatte sie schon einen schwarzen Gürtel in Taekwondo.
"Das Wichtigste aber war, dass ich mich von klein auf vollwertig fühlte, meine Bedürfnisse wurden immer ernst genommen. Das hat mir ein Grundvertrauen gegeben, von dem ich bis heute zehre".
MogliTweet
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Ihre große Liebe ist die Musik
Von ihrer Mutter, die Querflöte und Klavier studierte, habe sie definitiv auch die Liebe zur Musik geerbt: "Ich summte schon als Baby vor mich hin, als ich noch gar nicht sprechen konnte, und wenn ich als Kind einen Tag nicht gesungen habe, wusste meine Mutter: Jetzt wird sie krank." Ihr Großvater nannte sie "meine kleine Nachtigall". Als Erinnerung an ihn trägt Mogli ein Vogel-Tattoo am Handgelenk. Auch während unseres Fotoshootings greift sie spontan zur Gitarre, schlägt ein paar Akkorde an und summt leise eine Melodie. Anfang September ist ihre neue Single "Strobe Lights" erschienen, der erste von fünf Songs einer EP, die sie in Sessions mit verschiedenen Produzenten in Berlin aufgenommen hat.
Moglis Album "Wanderer" ist aus ihrem tiefsten Inneren entstanden
Völlig neue Produktionsbedingungen für die Solokünstlerin, deren vorangegangenes Album ausschließlich in Zwiesprache mit der Natur entstand – ob in der Weite Alaskas oder im Angesicht des Grand Canyons. „Wanderer ist stark inspiriert von dem Freiheitsgefühl und gleichzeitig der Demut, die ich auf dieser Reise empfunden habe“, erzählt Mogli. Dass dieser Tragweite schwerlich ein noch monumentaleres Werk hätte folgen können, war ihr bewusst: „Die neuen Songs sind unter Ausschaltung aller äußeren Einflüsse entstanden. Da waren nur die Musiker, das Studio und ich mit allem, was aus meinem Innersten kam. Es war ein Experiment mit ungewissem Ausgang. Aber es hat funktioniert.“
Der neue Sound in Moglis Leben
Der neue Mogli-Sound ist elektronischer, härter, urbaner – Musik für Großstadtmenschen. Irgendwie klar, dass das Dorf im Schwarzwald da nicht mehr die passende Umgebung darstellte. Mogli lebt jetzt wieder in Berlin. Und sie hat ihren Look verändert: Die braunen Naturlocken, die sie noch bei unserem Shooting trug, sind mittlerweile einem platinblonden Bob gewichen. "Ich bin in Aufbruchstimmung", sagt sie, "es musste eine Veränderung her. Das letzte Jahr war wie ein langer, ruhiger Fluss. Das war gut und wichtig. Aber jetzt braucht es wieder etwas Bewegung und Drama in meinem Leben."
Auch wenn Mogli täglich private Momente mit ihren Instagram-Followern teilt und uns beim Shooting durch ihre natürliche, unkomplizierte Art verzauberte – sie bleibt am Ende doch sehr bei sich. Im besten Sinne, glücklich mit ihrem Leben, beziehungsweise dem momentanen Entwurf davon. Auf ihren rechten Unterarm hat Mogli sich drei Punkte tätowieren lassen – einer steht für Zufriedenheit, einer für Freude und der letzte für Wachstum. „Mein Schlüssel zum Glück“, sagt sie, „nur wenn alle drei Punkte in Balance sind, kann es für mich funktionieren, das schöne Leben.“
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"Fortschritt braucht Reibung. Aus Gemütlichkeit entstehen keine guten Songs."
Und weil sie gern Dinge ausprobiert, die sie vorher noch nicht gemacht hat, gibt es seit einiger Zeit noch ein zweites berufliches Standbein neben der Musik: Gemeinsam mit ihrem Ex-Freund hat sie die Produktionsfirma Koryphäen Film gegründet, die spannende deutsche Filmstoffe entwickelt, produziert und als Verleih in die Kinos bringt. Gerade arbeiten sie an einem neuen Roadmovie, einem Coming-of-Age-Film, in dem Mogli eine der Hauptrollen spielen wird. Dafür pendelt sie zwischen Berlin und München, wenn sie nicht gerade mit ihrer Band auf Festivals spielt, Fotoshootings hat oder um die Welt reist. Und dann ist da ja noch die Idee, ein E-Book herauszubringen. Mit allen Gerichten, die sie während der Reise im Bus oder unter freiem Himmel auf Lagerfeuern gekocht hat. Hunderte Fans fragten danach und jedem einzeln zu antworten, das sei auf Dauer doch etwas aufwendig, lacht Mogli. Und ach ja, eine neue Kollektion für Madekind, das Fair Fashion Label ihrer Freundin Mia Forsch, die möchte sie in diesem Jahr auch noch entwerfen, erzählt sie und wirkt dabei kein bisschen gestresst.
"Wenn ich mich auf eine Sache einlasse, dann versenke ich mich total darin."
Wie schafft man es, bei diesem Pensum so slow zu bleiben? "Ich weiß, es klingt unsexy, aber: Mein Geheimnis ist gutes Zeitmanagement! Ich teile mir meine Zeit so ein, dass ich den verschiedenen Dingen die Aufmerksamkeit einräumen kann, die sie verdienen. Wenn es drauf ankommt, kann ich sehr schnell und effizient sein. Und ich trenne konsequent das Wesentliche vom Unwesentlichen. Wenn ich mich aber auf eine Sache einlasse, dann versenke ich mich total darin. Ich bin dann emotional tief verankert und empfinde die absolute Ruhe im Moment." Welche Rolle da zukünftig Stadt-Land-Bus spielen werden – wer kann das schon sagen? Am wenigsten Mogli selbst.
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