Wien ist das perfekte Ziel für eine kulturelle Städtereise. Unsere Autorin teilt ihre Tipps für Wiens melancholische Winterstimmung.
Wien-Tipps: Grau steht der Stadt gut
In die melancholische Winterstimmung Wiens wollte unsere Autorin eintauchen. Also ging sie dort ins Museum, die Oper und das Burgtheater. Und entdeckte nebenbei, dass die Stadt jünger und hipper ist als gedacht. Dicht hängen die Wolken über Wiens Dächern; Kuppeln und Statuen verschwinden fast im Nebel. Es ist perfekt! Vor einem strahlend blauen Himmel wären mir all die Neorenaissance-Gebäude vielleicht etwas kitschig erschienen. In Grau kommen die altehrwürdigen Fassaden am besten zur Geltung
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Wien als winterliche Kultur-Städtereise
Ich war noch nie in Wien, ich kenne nur die Klischees: Dass es prunkvoll ist und ein bisschen schwer, schön, aber auch düster, und irgendwie cool, obwohl man so gern gestrig ist. „Wir Wiener blicken vertrauensvoll in unsere Vergangenheit“, hat der österreichische Schauspieler Karl Farkas mal gesagt. Ich fand immer, das klang, als sollte man Wien im Winter besuchen und einen richtigen Kultur-Trip draus machen. Und genau das habe ich vor.
Wien-Tipp 1: Ein Besuch im Burgtheater
Deshalb führt mich mein Spaziergang durch die nebeligen Straßen gleich am ersten Abend ins Burgtheater. Ich hatte schon so viel davon gelesen. Allein das Gebäude ist legendär. Wer die breiten Treppen hinaufsteigt und nach oben schaut, sieht imposante Deckengemälde, an denen auch Gustav Klimt mitgearbeitet hat. Heute wird „Die Edda“ gespielt, eine der ältesten Mythensammlungen der Welt, im 13. Jahrhundert wurde sie auf Island verfasst. Am Ende geht mit viel Trara die Welt unter. Die Wiener klatschen erfreut. Das Dunkle schreckt hier niemanden, denke ich anerkennend.
Ich dagegen freue mich am nächsten Morgen über das Licht, das im Hotelrestaurant im 8. Stock durch das Dachfenster fällt. Im Winter bekommt man in diesem Raum wahrscheinlich die maximal mögliche Sonne. Und einen fantastischen Blick über Wiens Dächer – da sind sie wieder: die Kuppeln und Figuren, guten Morgen!
Wien-Tipp 2: Das Kunsthistorische Museum
Ich breche gleich auf zum nächsten Highlight: das Kunsthistorische Museum. Schon seine Sammlung zählt zu den bedeutendsten weltweit, aber jetzt habe ich das Glück, dass gerade die Ausstellung „Caravaggio und Bernini“ läuft. Während draußen ein feiner Nieselregen die Stadt einhüllt, schlendere ich an Caravaggios Bildern und Berninis Skulpturen vorbei, die wunderbar zusammenpassen.
Beide zeigen, was damals neu war im Barock: Gefühle auf den Gesichtern der Menschen. Entsetzen, Liebe, Staunen – es ist eine kleine Reise durch die Emotionen in diesem wunderschönen Museum, das sich am Ende auch noch als ziemlich hip entpuppt: Einmal im Monat feiern junge Leute hier eine Party namens „Kunstschatzi“, mit Cocktails, Discokugel und DJ-Pult.
Wien lebt mit der Vergangenheit
Feiern in einem Museum aus dem 19. Jahrhundert? Zu sagen, Wien schaut gern in die Vergangenheit ist anscheinend nicht ganz richtig: Wien lebt mit der Vergangenheit, sie ist Teil des Alltags. Das merkt man hier in jedem Winkel. Die Entwürfe des berühmten Wiener Architekten und Designers Josef Hoffmann kann man zum Beispiel nicht nur im Leopold Museum sehen, sondern auch einfach beim Einkaufen in der Konfiserie Altmann und Kühne, zwei Minuten vom Stephansdom entfernt.
Hier liegen Pralinen und Bonbons in den original polierten Kirschholzregalen aus, die Josef Hoffmann vor rund 100 Jahren für den Laden entworfen hat. Das Alte muss man hier nicht suchen, das Neue vielleicht schon.
Wien-Tipp 3: Das Neue suchen und schöne Boutiquen finden
Also mache ich das zu meiner Mission für den dritten Tag. Ich starte im 7. Bezirk, ein trendiges Viertel mit vielen Cafés und Läden, und komme mit Lisi Lang ins Gespräch. Die 37-Jährige verkauft in ihrer Boutique Mode ihres Labels „lila“. Ursprünglich hat sie am Theater gearbeitet, bis ihre Kostümbild-Chefin sie rauswarf mit den Worten: „Du musst dein eigenes Ding machen.“ Nicht weil sie sie nicht haben wollte, sondern weil sie sie ermutigen wollte, ihr Talent besser zu nutzen. Heute entwirft Lisi fast alles, von Kleidern bis zu Mänteln und Accessoires und ist froh um den kleinen Schubs von damals.
Wien-Tipp 4: Galerien besuchen
Und wie steht es mit der zeitgenössischen Kunst? Ich spaziere weiter, besuche ein paar Galerien und erfahre dabei, dass die lange eher versteckt war. Gabriele Senn, die vor rund 20 Jahren ihre Galerie eröffnete, erzählt, dass es damals das Engagement einiger Galeristen brauchte, um „die Kunst auf die Straße“ zu holen, wie sie sagt. Vorher waren Galerien meist in oberen Stockwerken versteckt, hier kamen nur Eingeweihte vorbei. Wer heute durch die Schleifmühlgasse läuft, kann schon vom Gehweg aus einiges an Kunst sehen, etwa die nur zehn Quadratmeter große „Box“ der Galerie Kargl, die einzelne Künstler einlädt, sie zu gestalten.
In der Galerie Senn fallen mir die Sessel und eine Bank mit Anschnallgurten auf, die zwischen den Werken stehen. Die junge Künstlerin Marina Sula hat nicht nur die Bilder, sondern auch diese etwas seltsam anmutenden Sitzgelegenheiten beigesteuert, weil sie das Verhältnis zwischen Künstler und Betrachter untersuchen will. Darauf soll der Titel ihrer Ausstellung, „I’m sorry, I can’t, don’t hate me“, anspielen.
Es gibt hier so viele tolle Museen, aber es gibt ja auch eine Gegenwart.
Gabriele SennTweet
Kann sie als Künstlerin nicht liefern, was wir wollen? Oder kann ich als Betrachterin nicht sehen, was die Künstlerin sagen will? Die Schau setzt viele Assoziationen frei. Und, das fällt mir als „Sex and the City“-Fan sofort auf, der Titel ist ein Zitat. Der Satz stand auf dem Post-it, mit dem Carrie verlassen wurde.
„Es gibt hier so viele tolle Museen, aber es gibt ja auch eine Gegenwart“, sagt Gabriele Senn, „und diese Gegenwart erkunden wir.“ Es wird eben nicht nur nostalgietrunken in die Vergangenheit geschaut in Wien. Im Gegenteil, es fällt auf, wie viel Großartiges hier von der Zukunft erwartet wird – in einer Zeit, in der die meisten Trends irgendwie retro sind. „Man fragt sich ja immer: Was soll da noch kommen?“, sagt Senn, „und dann kommt tatsächlich immer noch etwas, und es ist absolut top!“
Außerdem zu empfehlen: Die Galerie Thoman und die Galerie Suppan.
Wien-Tipp 5: Schlemmen
Etwas von dieser Zukunftseuphorie spürt man auch im Tian, einem rein vegetarischen Gourmet-Restaurant. Nach all dem Input ist es für mich der ideale Ort, um sanft runterzukommen. Auf der Karte steht nur ein Gericht, der „Spaziergang durch den Gemüsegarten“. Es sind acht Gänge, und die fühlen sich an wie ein fantastisches Finale. Dabei kommt das erst noch.
Das berühmte Wiener Schnitzel gibt es edel im Meissl & Schadn oder einfach im Glacis Beisl direkt am Museumsquartier
Wien-Tipp 6: Ein Konzert in der Staatsoper
Denn das volle Kulturprogramm endet mit einem klassischen Highlight, einem Konzert in der Staatsoper. Simon Keenlyside singt die „Winterreise“. Schubert hat sie hier in Wien komponiert. Man sagt, dass er zu Lebzeiten so pleite war, dass er in Bars manchmal mit einem Lied bezahlte, das er noch am Tresen schnell komponierte. Vielleicht hätte es ihm gefallen, dass die Oper über 500 Stehplätze anbietet, die sich mit Preisen ab 2,50 Euro jeder leisten kann. Auch heute Abend sind sie gut besucht, vor allem von Jugendlichen. Auch eine Art, das Alte in die Zukunft zu tragen, denke ich. Dann schließe ich die Augen und genieße das Konzert. Und leise schleichen sich die Jugendlichen auf die freien Sitzplätze.
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