Yin-Yoga, Vinyasa Flow, Sonnengruß am Strand – Die 2. SLOW-Leserreise mit dem Motto "Mindful Me-Time" könnt ihr mit Yoga-Lehrerin Caro Körner ganz individuell gestalten. Was uns genau erwartet, verrät die Hamburgerin im Interview
Caro, erzähl doch mal, was in Sachen Yoga beim Retreat auf Kreta auf die Teilnehmerinnen zukommt.
Der Tag beginnt auf der Yogaterrasse mit Blick aufs Meer mit einem Vinyasa-Flow. Das ist eine dynamische, kraftvolle Yoga-Praxis, die uns aufweckt und jede Menge Energie für den Tag erzeugt. Die Bewegungen gehen eher in Richtung Kraft und Ausdauer, da du mit jeder Ein- und Ausatmung eine andere Position einnimmst. Es wird also powerful, aber keine Sorge, es gibt natürlich auch entspannende Parts. Da die Atmung beim Vinyasa Flow eine entscheidende Rolle spielt, ist diese Praxis ganz wundervoll geeignet, um dich auf das Hier und Jetzt zu fokussieren.
Das klingt ziemlich anspruchsvoll. Sind die Yogaklassen denn auch für Anfänger geeignet?
Ich lege meine Klassen grundsätzlich so an, dass für alle Levels etwas dabei ist. Es können also auch Anfänger mitmachen, die noch gar keine Yoga-Erfahrung haben. Ich höre oft den Satz "Yoga ist nichts für mich, dafür bin ich nicht flexibel genug." Dazu kann ich nur sagen, dass niemand als komplett gelenkiger Yogi geboren wird. Das kommt mit der Zeit. Es gibt immer Alternativübungen für ungeübte Teilnehmer und eine fortgeschrittenere Variante für geübte Teilnehmerinnen. Da wir immer den Atem in den Mittelpunkt der Praxis rücken, kann wirklich jeder davon profitieren.
Ein Retreat ist ein toller Einstieg für alle Yoga-Interessierten
Es muss sich also niemand auf das Retreat vorbereiten oder schnell noch Yoga-Klassen nehmen?
Auf keinen Fall! Ich werde mich am Anfang nach den Levels der Teilnehmerinnen erkundigen und dann individuell auf jeden in der Gruppe eingehen. Gerade für diejenigen, die sich schon länger für Yoga interessieren, aber noch keinen Zugang gefunden haben, kann so ein Retreat ein toller Einstieg sein, um sich dem Thema zu nähern und – hoffentlich hinterher dabei zu bleiben!
Wie ist das mit der Ausrüstung – muss ich als Retreat-Teilnehmer irgendetwas mitnehmen?
Außer einer persönlichen Trinkflasche ist alles vor Ort vorhanden: Wir stellen Yogamatten, Blöcke und Gurte zur Verfügung. Und in der tollen SLOW Goodie Bag gibt es diesmal wunderschöne Augenkissen, die wir zur Yin-Entspannung und bei unserem Mediations-Sessions einsetzen werden.
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Was passiert denn genau in den Yin-Yoga-Stunden?
Während wir uns beim Vinyasa am Morgen einmal durchbewegen und auspowern, wollen wir beim Yin am späten Nachmittag den Tag allmählich ausklingen lassen. Die Teilnehmerinnen waren die Stunden davor vielleicht unterwegs, sind zum Meer spaziert oder haben sich am Pool gesonnt; um den Abend einzuleiten, werden wir dann noch einmal den Fokus nach innen richten und auf eine etwas ruhigere Art und Weise Energie bereitstellen. Yin Yoga – das sind vorwiegend sitzende und liegende Bewegungen mit wenig bis keiner Muskelanspannung, die wir einige Minuten lang halten. Es geht darum, Faszien, Gelenke, Bänder, ja alle möglichen Strukturen im Körper auf eine gesunde Art und Weise zu beanspruchen und sie somit gesund zu halten und das Nervensystem zu beruhigen. Damit beruhigen wir auch unser inneres 'monkey mind'. Nach der Yin Yoga Stunde sollten eigentlich alle gut schlafen!
"Yoga hilft, unser 'monkey mind' zu beruhigen."
Und wenn mir das zu viel wird mit zwei Yogaklassen am Tag?
Die Yogaklassen sind natürlich keine Pflichtübungen. Natürlich freue ich mich, wenn ich die Klasse komplett bei mir habe, aber ich kann aber auch vollends verstehen, wenn jemand mal eine Auszeit braucht oder einen Tag pausieren möchte. Das Motto unseres Retreats ist ja: Alles kann, nichts muss – ihr entscheidet selbst, was für euch sinnvoll und angenehm ist.
Stichwort Meditation – viele interessieren sich dafür, haben aber auch Respekt davor. Was erwartet die Teilnehmer auf Kreta?
Viele glauben ja, dass Meditation bedeutet, man sitzt stundenlang mit verschränkten Beinen auf dem Boden und darf an nichts denken. Das ist für die meisten von uns am Anfang unmöglich! Der Kopf ist schließlich dafür gemacht zu denken, den kann man nicht so einfach abschalten. Deshalb geht es bei der Meditation am Anfang vor allem darum, die Aufmerksamkeit woandershin zu lenken, zum Beispiel auf unseren Atem. Auch bestimmte Visualisierungen können helfen, den Blick nach innen zu richten. Ich führe die Teilnehmer da ganz sanft durch. Am Anfang reichen 5-10 Min – es muss sich also niemand fürchten!
Wie bist Du selbst überhaupt zum Yoga gekommen? War das Liebe auf den ersten Blick?
Das absolute Gegenteil, ehrlich gesagt. Meine erste Yogaklasse hatte ich während meines Wirtschafts-Psychologie-Studiums im Rahmen des Hochschulsport. Und ich fand es total blöd! Das war eine Hatha-Yoga-Stunde, also eine etwas ruhigere Praxis und mich hat das nicht genug gefordert, denn damals wollte ich mich physisch stark herausfordern. Ich weiß noch, dass ich damals dachte: „Das ist ja gar kein richtiger Sport!“ Das entsprach so gar nicht meiner damaligen Yang-Mentalität – höher, schneller, weiter…
Und was passierte dann?
Ich schlug zunächst mal einen klassischen Karriereweg ein, wurde Personalmanagerin bei Airbus, zuletzt verantwortlich für 350 Mitarbeiter. Ich war gerade Mitte zwanzig, als ich da begonnen habe und stieg schnell auf. Richtig glücklich gemacht hat mich das aber nicht. Ich habe irgendwie gemerkt: Da wird nur eine Seite in Dir angesprochen.
Eine Freundin hat mich überredet, noch ein paar Hamburger Yoga-Studios auszuprobieren. Und im 'Damn Good Yoga' bei Nadine hatte ich in einer Vinyasa-Stunde dann ein echtes Aha-Erlebnis: Das war anders als alles, was ich zuvor kennengelernt hatte und gefiel mir sofort. Ich konnte mich nicht nur physisch auspowern, sondern fühlte mich auch von dem Thema angesprochen, das sie in die Stunde gebracht hat. Ich bekam eine Ahnung davon, dass Yoga mehr ist als ein Sport, weil es eben nicht nur den Körper fordert, sondern auch das Herz berührt. Ich ging aus der Stunde und hatte das Gefühl, das in meinem Kopf eine neue Ruhe und Ordnung herrschte.
Und dieses Wohlbefinden hat in Dir den Entschluss reifen lassen, selbst Yogalehrer zu werden?
Ja, tatsächlich wurde mein Interesse an Yoga irgendwann so groß, dass ich ein Teacher Training begann. Zunächst allerdings gar nicht, um selbst zu unterrichten, sondern um tiefer in diese Welt einzusteigen – ein Geschenk an mich selbst. Während der Ausbildung habe ich aber schnell gemerkt, wie sehr mir das Unterrichten Spaß macht. Parallel dazu wurde mir bewusst, wie das Yoga mich immer mehr in meinem Denken und Fühlen veränderte. Ich konnte mir ein Leben mit meinem Höher-Schneller-Weiter-Job einfach nicht mehr vorstellen.
Und dann hast Du Dich ganz auf den Yoga Weg begeben?
Genau, nach der Vinyasa-Flow-Lehrer-Ausbildung und einiger Zeit des Unterrichtens habe ich noch mein Yin Teacher Training in Kanada absolviert und verschiedene weitere Zusatzqualifikationen erworben, so dass ich den Teilnehmerinnen unseres Retreats auf Kreta zum Beispiel auch Thai Yoga Massagen anbieten kann.
"Viele verlieren im Alltags-Stress die Verbindung zu sich selbst."
Was ist Dir wichtig für Deine Yogastunden – hast Du auch jedes Mal ein bestimmtes Thema?
Ja genau, ich versuche in jede meiner Klassen einen Impuls, einen Gedanken oder eine Anregung hineinzubringen, die etwas in unserem Inneren anspricht. Gerade in den Yin-Stunden geht es darum, die Teilnehmer aus dem Kopf in den Körper und damit ins Fühlen zu bringen. Gerade wer im Alltag sehr durchgetaktet und gestresst ist, hat oft Schwierigkeiten überhaupt eine Verbindung zu seinem Körper zu spüren. Ich führe meine Schüler Schritt für Schritt durch die Übungen und zeige ihnen, wie mehr in die verschiedenen Körperregionen hineinspüren und Veränderungen wahrnehmen können.
Was hat Yoga in Dir persönlich ausgelöst oder verändert?
Yoga brachte für mich das große Umdenken im Leben: Meine Ziele, beruflich wie privat, meine Werte, überhaupt mein Empfinden von Glück und Zufriedenheit sind heute andere als noch vor fünf Jahren. Ich kann sagen, dass ich heute entspannter, gelassener und mit mehr Vertrauen durchs Leben gehe.
Dieser Frieden im Inneren, den Yoga so stärkt, kommt bei "Yoga hilft" auch Menschen in Not zugute. In welcher Form engagierst Du Dich da?
Yoga hilft/ Yoga für alle e.V. ist eine gemeinnützige Organisation, die Yoga Menschen nahe bringt, die ansonsten kaum Zugang dazu haben. Es gibt spezielle Angebote wie "Yoga im Strafvollzug", "Yoga im Frauenhaus" oder "Yoga bei Trauer" und auch "Yoga bei psychischen Erkrankungen". Ich leite deutschlandweit das Projekt "Yoga bei Essstörungen". Zum Glück war ich selbst nie von dieser Krankheit betroffen, kenne aber nun viele Frauen, die darunter leiden oder gelitten haben. Sie spüren diese positive Verbindung zu ihrem Körper, von der ich vorhin gesprochen haben, nicht. Im Gegenteil: Frauen mit Essstörungen betrachten ihren Körper oftmals als Feind. Die Übungen können ihnen helfen, wieder mit sich selbst in Kontakt zu treten, und eine erste sanfte Verbindung zu ihrem Körper herzustellen. Für sie ist das eine riesige Aufgabe und wenn es gelingt, ein großer Schritt in Richtung Selbstliebe. Man muss aber ganz klar sagen, dass Yoga die Heilung nur unterstützen kann. Unsere Kurse sind therapiebegleitend, das heißt wir nehmen nur Schüler in die Yogaklassen auf, die in ärztlicher oder therapeutischer Behandlung sind und denen die Klassen empfohlen werden.
Was genau passiert in diesen Klassen?
Unsere Yoga-Lehrer haben eine spezielle Zusatz-Ausbildung zu traumasensiblem Yoga absolviert, das ist Voraussetzung, um auf die besonderen Bedürfnisse der Schüler eingehen zu können. Für die Teilnehmer sind diese Termine auch deshalb besonders wertvoll, weil sie hier andere Betroffene kennenlernen und sich untereinander austauschen können. Es ist eine richtige Community, die da entsteht. Zur Zeit gibt es Kurse in Hamburg, Berlin, München und Köln und bald auch in Nürnberg. Auf der Website von Yoga hilft gibt es eine Übersicht mit allen Adressen. Eines meiner schönsten Teilnehmer-Feedbacks war, als ein Mädchen sagte: "Diese eine Stunde Yoga in der Woche ist die einzige, bei der mal Ruhe bei mir im Kopf ist und ich zufrieden und glücklich bin." Für mich ist das ein ganz wertvolles Projekt, das mir sehr viel bedeutet und in das ich sehr gern Zeit und Energie stecke.
Was abgesehen vom SLOW-Retreat steht bei Dir 2020 noch an, Caro?
Das Thema Retreat steht dieses Jahr schon ganz oben auf meiner Agenda, muss ich sagen. Abgesehen davon werde ich noch einige Workshops geben und mich selbst in verschiedenen Fortbildungen weiterqualifizieren. Das schöne ist ja: Der Yoga-Weg geht immer weiter, man ist nie am Ende angekommen!
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