Von heute auf morgen ein besserer Mensch werden? Fast unmöglich. Und auch ziemlich stressig. Viel einfacher und vor allem nachhaltiger: Jeden Tag ein Prozent an sich arbeiten – mit Mikro-Angewohnheiten, die auf lange Sicht zu großen Veränderungen führen. Reese Witherspoon schwört drauf! Unsere Autorin hat’s nachgemacht.
Reese Witherspoon ist schwer gefragt. Schauspielerin, Filmproduzentin, Mutter – da kann sie es sich kaum leisten, sich hängen zu lassen. Deshalb wurde ich sofort hellhörig, als sie bei Instagram ein Buch von Coach James Clear vorstellte, das ihr dabei geholfen hat, ihren Alltag auf sanfte, fast unmerkliche Weise zu optimieren – mit sogenannten "Tiny Habits".
"Wenn du dich jeden Tag ein Prozent verbesserst, wird es dir in Zukunft immer besser gehen. Wenn du täglich eine kleine schlechte Angewohnheit wiederholst, wird es dir langfristig schlechter gehen." So lautet die einfache wie geniale These von James Clear, der sich selbst als "Anwalt für nützliche Ideen" bezeichnet und dessen Buch "Die 1%-Methode" weltweit die Bestsellerlisten gestürmt hat. Aufs Jahr gerechnet könne man sich so um das 37-fache steigern. Das wollte ich auch!
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Reese Witherspoon hat bei Instagram auch gleich ihre neuen Mini-Veränderungen geteilt:
- Starte den Tag mit einem großen Glas Wasser.
- Tanke zehn Minuten Tageslicht, am besten morgens.
- Lese täglich 30 bis 60 Minuten lang ohne Unterbrechung.
- Gehe um 22 Uhr ins Bett. Kein Binge-Watching spätabends.
- Versuche acht Stunden Schlaf zu bekommen!
Schlechte Gewohnheiten adé!
Um herauszufinden, wo ich ansetzen könnte, habe ich erst mal eine brutal ehrliche Liste angefertigt, auf der ich einen Tag lang wirklich alle guten und schlechten Angewohnheiten aufgelistet habe (inklusive Zähne putzen, Geschirrspüler ausräumen) – um zu verinnerlichen, was ich mir täglich so "antue". Und, wow: Zum ersten Mal wurde mir bewusst, wie oft ich ohne Grund zum Smartphone greife, nonstop Mails, Social Media und WhatsApp checke, meine Abende mit Binge-Watching vergeude und ständig snacke, um gegen meine Müdigkeit anzukämpfen.
All diese Gewohnheiten standen meinen Zielen im Weg. Ich träumte davon, einen eigenen Podcast zu starten, wollte einen Roman schreiben und offener und selbstbewusster auf andere zugehen. Freund:innen habe ich zwar von diesen Plänen erzählt, aber auch gleichzeitig Ausreden erfunden: "Das ist im Moment einfach zu viel Arbeit, ich müsste bei null anfangen, mir alles selbst beibringen, dafür habe ich gerade keine Luft ..." Ja. Aber für Netflix war komischerweise immer Luft. Weil ich es mir so angewöhnt hatte.
"Wir essen Junkfood, weil es sich jetzt gut anfühlt und Monate dauert, bis wir dick werden, wenn wir es dauerhaft tun", erklärt James Clear. "Umgekehrt sehen wir bei Diäten oft lange keine Ergebnisse und schmeißen verfrüht hin." Der Trick: Es sei wichtig, sich vor Augen zu halten, dass nur unser zukünftiges Ich die positiven Folgen unserer neuen guten Gewohnheiten sehen wird. Man solle nicht darauf warten, bis man sich danach fühle, etwas zu verändern, sondern lieber überlegen, wie, wann und wo man es konkret angehen könne.
Also überlegte ich mir vier eigene "Tiny Habits", um gleichzuziehen mit Reese Witherspoon:
- Jeden Tag drei Sätze an meinem Roman schreiben
- Mittags ein kurzer Spaziergang (für mehr Energie)
- Small Talk mit Fremden (freier sprechen üben)
- Täglich zehn Minuten etwas übers Podcasten dazulernen
In den ersten Tagen war ich voll engagiert bei der Sache. Es hat Spaß gemacht, die kleinen Gewohnheiten abzuarbeiten. Um lockerer beim Sprechen zu werden, habe ich beim DHL-Boten angesetzt. Normalerweise nervt es mich, Pakete für Nachbar:innen anzunehmen. Nun habe ich es auf einen kleinen Plausch angelegt und bekam dadurch sofort gute Laune. Außerdem bin ich endlich mal wieder ins Yoga-Studio gegangen statt den Online-Kurs zu machen und habe die anderen in ein Gespräch verwickelt, obwohl mich das ein bisschen Überwindung gekostet hat.
Um konzentrierter zu arbeiten, habe ich die Push-up-Nachrichten auf meinem Smartphone ausgestellt, checke nur noch dreimal täglich Jobmails und habe drei von vier Streaming-Diensten gekündigt. Wenn mein Wecker jetzt täglich um 17 Uhr klingelte, habe ich mich mindestens zehn Minuten lang mit dem Thema Podcasts beschäftigt: Welche Plattform eignet sich? Welches Mikro wird empfohlen? Wie baue ich ein Logo? Lief richtig gut!
7 Glücksschritte
- Wünsche jeder Person, die dir begegnet, einen guten Morgen.
- Für jede Sache, die du dir neu kaufst, entsorge eine alte.
- Wenn du etwas bestellen willst, was mehr als 100 Euro kostet, warte 24 Stunden damit und überlege dann, ob du es wirklich brauchst.
- Wenn du eine Treppe siehst, gehe zu Fuß, statt den Aufzug zu nehmen.
- Wenn du auf einer Party bist, stelle dich jemandem vor, den du noch nicht kennst.
- Wenn du dir etwas zu essen nimmst, lege immer zuerst Gemüse auf den Teller – dann bleibt weniger Platz für Ungesundes.
- Wenn das Telefon klingelt, hole tief Luft und lächele, bevor du rangehst.
Aufstehen und weitermachen
Nach fünf Tagen bin ich übermütig geworden und habe mir noch zwei weitere "Tiny Habits" überlegt: jeden Morgen gesundes ayurvedisches Porridge kochen und Yoga machen. In den ersten Tagen lief es wie geschmiert. Aber dann kam eine stressige Phase im Job – und ich skippte angesichts der vielen Arbeit großzügig Spaziergang, Small Talk, Podcast, Yoga ... Uff! Was für ’ne Pleite. Da hatte es sich Reese mit ihrem großen Glas Wasser am Morgen schon etwas einfacher gemacht. Waren meine neuen Angewohnheiten vielleicht nicht "tiny" genug?! Abends bin ich wie früher auf dem Sofa gelandet, mit Haribos und Netflix. Weil ich das bisher halt immer so gemacht hatte, wenn ich erschöpft war. Dabei hätte mir ein Spaziergang so viel besser getan!
Einmal etwas ausfallen zu lassen, sei okay, schreibt James Clear. Es sei bloß wichtig, am nächsten Tag unbeirrt weiterzumachen. Ich habe trotzdem noch mal an meinen vier Habits geschraubt. Statt mich täglich mit dem Podcast zu quälen, verordnete ich mir "nur", den ersten Kaffee des Tages auf meiner Terrasse zu trinken, im Morgenlicht. Das ist so easy und befriedigend, dass man es gar nicht ausfallen lassen will.
"Jeden Tag ein Prozent besser"
Und tatsächlich, jetzt flutscht es wieder. Bloß ab und zu falle ich in alte Muster zurück – etwa, wenn der Postbote klingelt, während ich im "Shavasana" (Endentspannung beim Yoga) liege und dementsprechend erbost die Tür öffne. Mit dem Roman komme ich gut voran. Jeden Tag schreibe ich ein paar Sätze (oder sogar Seiten!), bevor ich mein (Job-)Mailprogramm starte. Außerdem denke ich an das, was James Clear in seinem Buch schreibt: Um voranzukommen, müssen wir unser Mindset verändern, in etwa so: "Ich bin niemand, der versucht, einen Roman zu schreiben. Ich bin bereits Romanautorin, weil ich täglich drei Sätze schreibe." Hell, yeah!
Ein echter Glücksmoment war, als ich bei einem beruflichen Termin vollkommen selbstsicher, entschieden und charismatisch auftreten und all meine Forderungen easy durchsetzen konnte. Sogar mein Podcast ist mittlerweile online (Anm. d. Red.: Der Podcast heißt "Techno, Trash & Confetti"). Ich werde immer besser darin, frei zu sprechen. Meine kleinen Angewohnheiten summieren sich allmählich zu beachtlichen Erfolgen. Oder um es mit den Worten von Reese Witherspoon zu sagen: "Verschwende nicht so viel Zeit damit, an dir selbst zu zweifeln. Du bist gut genug." Um genau zu sein: jeden Tag ein Prozent besser.
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