Sonia López Delgado ist Pandoras Geschäftsführerin für Nordeuropa. Und nicht nur deshalb eine inspirierende Persönlichkeit. Sondern auch, weil sie eine Frau ist, die andere Frauen empowert, sie zum Strahlen bringen möchte. Wir haben sie getroffen und gefragt: Was treibt sie an? Wer inspiriert sie? Und wie kann man Frauen besonders im Arbeitskontext supporten?
EMOTION: Wir können uns vorstellen, dass Sie für viele – besonders für die Frauen, mit denen Sie zusammenarbeiten – ein Vorbild sind. Wer waren oder sind Ihre Vorbilder?
Sonia López Delgado: Ich hatte immer viele weibliche Vorbilder. Aber wenn ich eines nennen müsste, ist es meine Mutter. Sie hat immer gearbeitet, als Krankenschwester. Bis sie 65 war. Und sie war so glücklich damit. Ich bin in einem Umfeld aufgewachsen, in dem man Arbeit und Familie vereinen kann. Ich habe das so gelernt, vor allem von meiner Mutter. Und sie hat auch später mir geholfen, das gleiche zu tun.
Sie sind also schon mit Female Empowerment aufgewachsen.
Absolut. Ich habe noch zwei jüngere Brüder. Wir wurden so erzogen, dass es keinen Unterschied zwischen Männern und Frauen gibt. Ich war auf der Schule mit Jungs und Mädchen. Das war damals (Anm. d. Red.: in Spanien, wo López Delgado aufgewachsen ist) noch nicht üblich. Dass Männer und Frauen teilweise unterschiedlich behandelt werden, habe ich erst erlebt, als ich mit 18 angefangen habe zu arbeiten.
Das muss überraschend für Sie gewesen sein.
Die Einstellungen gegenüber Frauen, die ich erlebt habe, haben mich damals ehrlich schockiert. Mein Anspruch an mich selbst war es aber immer, ich selbst zu sein. Und anderen zu helfen, das gleiche zu tun. Wir leben in sehr gleichberechtigten Ländern, sind sehr privilegiert. Wir müssen unsere Möglichkeiten nutzen, um Dinge zu verändern.
Wie unterstützen Sie Frauen im Berufsleben?
Indem ich nicht nur große Reden schwinge, sondern etwas tue. Das mache ich nicht nur bei Frauen, sondern bei jedem. Was ich vielleicht anders mache als andere: Ich versuche, zwischen den Zeilen zu lesen, Menschen wirklich zu verstehen. Gerade Frauen haben das Gefühl, immer sehr stark wirken zu müssen. Aber jeder hat seine Probleme und Herausforderungen, ein Leben außerhalb des Jobs. Das von Frauen ist oft besonders anstrengend. Viele Herausforderungen, die sie zuhause haben, kenne ich ja auch. Ich versuche deshalb, besonders gut zuzuhören, empathisch zu sein, ihnen Flexibilität zu verschaffen.
Abends schlafen zu gehen und zu wissen, dass man etwas für andere getan hat – das ist das, was mich wirklich glücklich macht.
"Leading with empathy" also. Es gibt Studien, die belegen, dass weibliche Führungskräfte mehr Wert auf Empathie legen.
Daran habe ich keinen Zweifel. Ich liebe es, mit Frauen zu arbeiten. Das habe ich mein ganzes Leben schon getan. Ich habe immer in Branchen mit hohem Frauenanteil gearbeitet. Ich durfte mit so vielen talentierten Frauen zusammenarbeiten, vielleicht bin ich jetzt ein bisschen voreingenommen. (lacht) Aber ich finde: Frauen sind klug, empathisch, einfühlsam. Wir sind so stark. So habe ich das immer wahrgenommen, vor allem im beruflichen Umfeld.
Die Journalistin Ann Friedman hat das Konzept der „shine theory“ geprägt. Was so viel heißt wie: Frauen sind besonders erfolgreich und blühen regelrecht auf, wenn sie andere Frauen unterstützen und empowern statt sie als Konkurrenz zu betrachten. Das Motto lautet „I don’t shine if you don’t shine.“
Absolut! Ich glaube nicht an Konkurrenz unter Frauen. Sondern daran, dass wir uns gegenseitig empowern sollten, uns voranbringen, einander helfen. Mir ist das persönlich sehr wichtig: Erfolge meiner Freundinnen und Kolleginnen zu feiern. Ich war vor Pandora unter anderem bei L’Oréal und LVMH. Die Erinnerungen, die von diesen Jobs bleiben, sind vor allem die Menschen. Abends schlafen zu gehen und zu wissen, dass man etwas für andere getan hat – das ist das, was mich wirklich glücklich macht. Und ich habe nicht das Gefühl, dass viele Frauen anders denken. Großzügigkeit unter Frauen ist weit verbreitet. Und das will ich auch weitergeben.
Sie denken also, die Stutenbissigkeit, die Frauen im Berufsleben oft attestiert wird, ist ein Mythos?
Ja. Ich habe das zumindest immer ganz anders erlebt.
Was tun Sie in Ihrer Position bei Pandora, um Frauen zu unterstützen?
Ich sorge für Sichtbarkeit und Flexibilität. Das ist sehr wichtig, finde ich. Als ich angefangen habe zu arbeiten, bin ich auf viele Hindernisse gestoßen. Als ich meine beiden Kinder bekommen habe, bin ich nach vier Monaten wieder zurück zur Arbeit gegangen. Frauen sollten sich nicht zwischen dem Muttersein und der Karriere entscheiden müssen. Unternehmen müssen ihre Strukturen an das Leben der Angestellten anpassen, nicht umgekehrt. Wenn man zum Beispiel möchte, dass eine Frau eine verantwortungsvolle Position einnimmt, etwa im Ausland, muss man schauen, was sie glücklich macht, wie man sie dabei unterstützen kann. Menschen arbeiten ja auch besser, wenn sie glücklich sind.
Ich mache viele Fehler. Aber ich versuche jeden Tag, besser zu werden.
Bei Ihnen war es ja auch so. Sie sind in der Pandemie von Spanien nach Hamburg gezogen, um General Manager für Nordeuropa bei Pandora zu werden. Wie war das?
Ich hatte das Glück, einen Vorgesetzten zu haben, der mich sehr dazu ermutigt hat. Aber ich musste natürlich darüber nachdenken. Ich bin geschieden, ich habe zwei Kinder im Teenageralter. Ich dachte erst, ich würde absagen. Dann habe ich mit meinen Kindern gesprochen – und die waren begeistert von der Möglichkeit, im Ausland zu leben. Und natürlich habe ich auch mit meinem Ex-Mann gesprochen. Es ist ja nicht so, dass ich nur meine Arbeit und meine Position im Kopf hatte. Ich wollte an meine Kinder denken, ihre Bildungsmöglichkeiten, ihre Zukunft. Und als ich gemerkt habe, dass sie das glücklich machen würde, wusste ich: Wir machen das. Jetzt geht es uns allen sehr gut, wir sind glücklich. Aber natürlich ist es nicht immer leicht. Ich spreche kein Deutsch, ich kannte das Land nicht, als ich herkam, habe eine große neue Verantwortung bekommen. Es ist stressig, wir streiten auch mal. Aber wir setzen uns zusammen und besprechen, was wir besser machen können, wie wir alle glücklich sind. Ich bin nicht perfekt, aber ich gebe jeden Tag mein Bestes.
Das kann ja, sowohl als Führungskraft als auch als Elternteil, aber auch sehr ermutigend sein, wenn man seinem Team und seiner Familie zeigt: Fehler passieren, das ist in Ordnung.
Absolut. Am Ende des Tages müssen wir verstehen, dass es sogar wichtig ist, Fehler zu machen und wieder aufzustehen. Und ich mache viele Fehler. Ich bin nicht immer die beste Mutter, die beste Tochter, die beste Freundin oder die beste Kollegin. Aber ich versuche jeden Tag, besser zu werden. Mich zu entschuldigen, wenn ich etwas falsch mache. Bei anderen, aber auch bei mir selbst.
Sie haben vorher bereits betont, wie wichtig Ihnen die Ausbildung Ihrer Kinder ist. Als Ihre Tochter die Schule abgeschlossen hat, schrieben Sie dazu auf LinkedIn, dass Bildung „das größte Geschenk“ sei. Pandora und UNICEF haben seit 2019 eine Partnerschaft, um jungen Menschen, insbesondere Mädchen, auf der ganzen Welt Bildung zu ermöglichen. Ist es diese Einstellung, die Pandora dazu gebracht hat, diese Partnerschaft einzugehen?
Ja, genau, das ist die Intention. Mir war es immer wichtig, in Unternehmen zu arbeiten, die meine Werte teilen. Als ich zu Pandora gekommen bin, habe ich schnell gemerkt, dass meine Werte hier auch gelebt werden. Wir unterstützen etwa auch Frauen in Thailand, versuchen, ihnen so viele Möglichkeiten wie möglich zu geben. So auch mit dem UNICEF-Programm. Es soll Frauen durch Bildung empowern. Und ja, ich denke, das ist das wichtigste Gut, das wir Menschen mitgeben können. Ich habe das so von meinen Eltern übernommen, das war auch etwas, an das sie immer geglaubt haben. Deshalb bin ich ja auch in Spanien auf eine englische Schule gegangen, obwohl das nicht üblich war. Weil sie wussten, wie wichtig Bildung ist. Und Pandora tut das auch.
Neben Bildung: Was sind die Voraussetzungen, damit Frauen ihre Träume verwirklichen können?
Das Wertvollste, das man einem Menschen geben kann, ist Empowerment und Wertschätzung. Das trifft besonders auf Frauen zu. Und vor allem, wenn sie nicht die Privilegien haben, die wir für selbstverständlich halten.
Was plant Pandora in der Zukunft, um Frauen und Mädchen zu unterstützen?
Neben unserer Partnerschaft mit UNICEF ist es uns wichtig, eine inklusive Arbeitsumgebung zu schaffen. Wir wollen, dass unsere Belegschaft diverser wird. Wir werden außerdem ein branchenführendes globales Elternzeit-Programm einführen. Bis 2025 wird ein Drittel der Führungspositionen von Frauen übernommen werden. Das erreichen wir durch ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis bei allen Menschen, die wir einstellen und befördern. Bis 2030 wollen wir volle Geschlechterparität erreichen.
Was würden Sie Ihrem 20-jährigen Selbst heute gerne sagen?
Das ist etwas, das ich nicht nur zu meinem früheren Ich, sondern auch meiner Tochter und allen jungen Frauen auf der Welt mitgeben möchte: Go, go, go. Tut das, wovon ihr träumt. Wachst an euren Herausforderungen. Legt los. Habt keine Angst. Ihr schafft das.
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