Was das Trauern um einen geliebten Menschen mit uns macht – Studien mit erstaunlichen Erkenntnissen und Tipps von Trauerexperten.
Einen uns nahestehenden Menschen zu verlieren, sei es durch Krankheit, einen Unfall oder ein Verbrechen, ist wohl eine unserer Horrorvorstellungen schlechthin. Trotzdem gehört der Tod zum Leben und kaum jemand wird früher oder später um den Verlust eines geliebten Menschen herumkommen. Vielleicht ist es deshalb auch tröstend zu wissen, wie wir Menschen eigentlich trauern, was die Trauer mit uns macht und wie wir letztlich darüber hinwegkommen. Heilt die Zeit wirklich alle Wunden?
Wissenschaftler der Uni Würzburg haben das Trauerverhalten von über 500 Personen untersucht, die einen schweren Verlust erlitten haben – meist durch den Tod des Partners oder Kindes.
Die Dauer der Trauer
Die Ergebnisse der Studie zur Dauer des Trauerprozesses werden jemanden, der schon einmal getrauert hat, kaum überraschen: Die Trauer hält lange an – in der Regel weit über das traditionelle Trauerjahr hinaus. Erstaunlich ist aber, dass sich erst im zweiten Jahr nach dem Verlust entscheidet, wie gut der Hinterbliebene tatsächlich damit klarkommt. Erst dann wird klar, ob der Bewältigungsprozess normal verläuft oder ob der Betroffene psychologische Unterstützung benötigt, also ein, wie es die Wissenschaftler nennen, "behandlungsbedürftiges Trauern" besteht. Auch im Normalfall verschwindet der Schmerz nie ganz, wird aber nach und nach erträglicher.
Die Intensität der Trauer
Die Studie zeigt, dass die Intensität, mit der die Trauer empfunden wird, eng mit der Dauer des Trauerprozesses verknüpft ist. Im ersten Jahr nach dem Verlust steigt sie noch an, während sie dann aber im Normalfall im zweiten Jahr ähnlich stark abnimmt.
Bemerkenswert ist auch, dass nicht nur die Intensität, sondern auch die Beeinträchtigungen durch die Trauer und das Gefühl der Nähe zu der verlorenen Person in den ersten zwölf Monaten nach dem Verlust immer weiter zunimmt.
Die Art und Intensität, wie der Verlust von der jeweiligen Person erlebt wird, hängt von unterschiedlichen Faktoren ab. Zum Beispiel ist die Beziehung zum Verstorbenen oder auch die Art, wie jemand gestorben ist, entscheidend. Angehörige von Menschen, die Suizid begangen haben, sind anfälliger für die Trauer, die eine Behandlung erfordert. Das hängt wahrscheinlich auch damit zusammen, dass Schuldgefühle in Bezug auf den Tod der Person in diesem Fall häufiger auftreten und sie nach Erkenntnissen der Studie auch langfristig auf einem gleichen Niveau bestehen bleiben. Insgesamt leiden Frauen übrigens mehr unter dem Verlust eines geliebten Menschen als Männer.
Die Auswirkungen der Trauer
Kann man der Zeit der intensiven Trauer trotz des Schmerzes etwas Positives abgewinnen? Diese Frage würden in unserem Kulturkreis die meisten wahrscheinlich erst einmal verneinen. Umso erstaunlicher sind die Erkenntnisse, die die Wissenschaftler in Hinsicht auf die persönlichen Auswirkungen der Trauer auf die Hinterbliebenen aus gewinnen haben:
Neben Kummer ist Trauern auch mit persönlichem Wachstum verbunden, das von den Betroffenen rückblickend positiv erlebt wird.
Prof. Joachim Wittkowski, Uni WürzburgTweet
Die Trauernden scheinen also zwar nicht im Moment des unmittelbaren Erlebens, aber zumindest auf längere Sicht, durchaus positive Veränderungen aus dem Verlust mitnehmen zu können. Das gilt sowohl für die persönliche Entwicklung, als auch im Bezug auf andere Menschen, so Joachim Wittkowski, der Leiter der Untersuchung: "Interessant ist, dass am Ende der 'heißen Phase' des Trauerns sowohl positive Erlebens- und Verhaltensmöglichkeiten zunehmen als auch die Fähigkeit zu Anteilnahme und Mitgefühl mit anderen Menschen wächst."