Woran liegt es, dass sich manche Menschen so ungerne entschuldigen, sich vielleicht sogar weigern? Können sie aus psychologischen Gründen nicht, oder wollen sie einfach nicht "klein beigeben"?
Manche Entschuldigungen fühlen sich eher nach "Sorry not sorry" an. Denn Sätze wie: "Es tut mir leid, dass du dich von mir angegriffen fühlst", oder "Wenn du dich dadurch verletzt fühlst, entschuldige ich mich" lassen uns an der Glaubwürdigkeit der Entschuldigung zweifeln. Na klar, theoretisch gesehen sind das Entschuldigungen. Doch die Begründungen dazu sind es, die uns ins Grübeln bringen. Implizieren sie nicht eigentlich ein "muss wohl an dir liegen"? Möchte sich jemand wirklich bei mir entschuldigen, oder sieht sie/er sich eigentlich gar nicht in dieser Rolle und formuliert es daher geschickt?
Die Kunst sich zu entschuldigen – Wenn sich jemand vor uns entschuldigt, so muss er es sehr gut machen: Sonst kommen wir uns selber leicht als die Schuldigen vor und haben eine unangenehme Empfindung.
Friedrich NietzscheTweet
Das kleine Wort "Entschuldigung" kann nämlich einen ganz anderen Effekt haben, wenn es nicht ehrlich eingesetzt wird. Unser Vertrauen wird geschwächt, wenn wir den Verdacht haben, das ist eine "Sorry not sorry-Entschuldigung".
Eine Entschuldigung hat überhaupt nichts mit gewinnen oder verlieren zu tun, sondern eher mit Empathie und Respekt dem anderen gegenüber. Durch dieses kleine Wort fühlen wir uns verstanden. Es kann für große Erleichterung sorgen, Harmonie stiften und das Zusammenleben mit anderen ungemein erleichtern. Egal, ob es um die Beziehung zu Arbeitskolleg:innen, Freund:innen oder Familie geht, das kleine "E-Wort" sorgt für Frieden.
Jedem von uns passiert es immer wieder, dass wir uns bei anderen nicht entschuldigen, obwohl es angemessen wäre. Ein typisches Beispiel dafür ist es, wenn wir im Stress jemanden anraunzen, oft grundlos. Darüber, dass hier eine Entschuldigung angemessen wäre, sind wir uns alle einig. Trotzdem machen wir es oft nicht. Das hat meistens einen der folgenden Gründe:
- Vielleicht ist uns die/der andere nicht wichtig genug.
- Manchmal glauben wir nicht daran, dass unsere Entschuldigung diese Beziehung tatsächlich verbessern könnte.
- Wir schenken der Situation keine Beachtung, weil wir so im Stress sind und sie dann unbemerkt übergehen.
Laut der amerikanischen Psychologin Molly Howes liegt es meist an folgenden fünf Gründen, dass eine Entschuldigung so schwer sein kann:
1. Die Angst vor Fehlern
In vielen Bereichen des Lebens herrscht leider immer noch eine Null-Fehler-Kultur. Nicht überall wird anerkannt, dass man aus Fehlern lernt und diese zum Leben dazugehören. Dadurch wächst natürlich auch die Angst, die eigenen Fehler einzugestehen. Wer das als Schwäche empfindet, tut sich schwerer mit einer Entschuldigung.
2. Immer Recht haben wollen
Fehler oder Schuld auf sich zu nehmen, gehört nicht unbedingt zu den Lieblingsbeschäftigungen des Menschen. Viel schöner ist es doch, im Recht zu sein. Um sich entschuldigen zu können, müssen wir uns selbst auch eingestehen können, dass wir eben nicht im Recht sind.
3. Die Stärke des Selbstbewusstseins
Es erfordert Mut, dem Gegenüber in die Augen zu blicken und sich aufrichtig zu entschuldigen. Selbstkritischen und unsicheren Menschen fällt dies besonders schwer, da sie mit sich selbst sehr hart ins Gericht gehen. Für eine Entschuldigung muss uns nicht nur die oder der andere verzeihen können, sondern wir uns auch selbst.
4. Der eigene Schmerz
Wenn wir uns selbst ungerecht behandelt fühlen, entschuldigen wir uns ungern beim anderen, sondern erwarten eher selbst eine Entschuldigung. Doch wer sollte bei diesem Spiel anfangen? Beide! Eine Entschuldigung kann eine Kettenreaktion hervorrufen, und vielleicht bekommen wir dann auch eine.
5. Die Erlebnisse in der Kindheit
Viele Ursachen unseres Verhaltens lassen sich auf die Kindheit beziehen. Wer negative Konsequenzen aufgrund einer Entschuldigung erleben musste, hat ein schlechtes Gefühl dazu mitgenommen. Diese Erfahrungen können auch im Erwachsenenalter wieder hochkommen.
Nicht vergeben, sondern vergessen?
Wenn wir also mal wieder auf eine Entschuldigung warten, stecken wir unsere Energie lieber in etwas anderes, als auf einem Kniefall zu beharren. Warum wir kein SORRY bekommen, obwohl wir es verdient hätten, werden wir nicht erfahren. Jedoch wissen wir, dass das kleine Wörtchen unser Gegenüber häufig noch mehr beschäftigt, als uns selbst.
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