Muss man jeden Zentimeter seines eigenen Körpers uneingeschränkt lieben? Viel realistischer ist jedenfalls das Konzept "Body Acceptance". 5 Tipps für mehr Körper-Akzeptanz.
Body Positivity ist inklusiv, aber dennoch oberflächlich
"Jeder Körper ist schön", suggeriert uns die Body-Positivity-Bewegung. Was aber, wenn wir nicht jeden Zentimeter unseres eigenen Körpers schön finden? Und das auch gar nicht wollen? Das Konzept von "Body Neutrality" oder "Body Acceptance" ist, zu versuchen, dem eigenen Körper mit einer gewissen Neutralität zu begegnen. Das ist um ein Vielfaches realistischer, als jede optische Eigenschaft an sich selbst gut zu finden oder sogar lieben zu lernen. Außerdem wird durch Body Acceptance der Fokus weg vom Äußerlichen gerückt, während in der Body-Positivity-Bewegung lediglich Schönheitsideale demontiert und umgedeutet werden. Denn Body Positivity signalisiert zwar, dass jede:r unabhängig von Gewicht, Narben und Behinderungen schön ist, nicht aber, dass es auf das Aussehen eigentlich gar nicht in erster Linie ankommt. Es ist sozusagen Oberflächlichkeit, die inklusiv ist und somit Druck für all jene erzeugt, die sich selbst nicht schön finden (können) und trotzdem vermittelt bekommen, dass ihr Aussehen von zentraler Bedeutung ist.
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Body Acceptance: Wir müssen unseren Körper nicht lieben, nur akzeptieren
Anuschka Rees, Autorin des Buches "Beyond Beautiful", erklärt in einem Interview, warum wir unserem Äußerem zu viel Bedeutung beimessen: "Es ist zum einen keine gute Langzeitstrategie. Wenn ich Selbstwert daraus ziehe, dass ich mich schön finde, so wie ich heute bin – was bedeutet das, wenn ich in einem Monat zwei Kilo zugenommen habe? Und in zehn Jahren sehe ich womöglich komplett anders aus als jetzt." Da setzt Body Acceptance an: Die Obsession über unser Äußerliches wird dort nicht einfach in etwas Positives umgedeutet, sondern gänzlich weggelassen. Body Neutrality heißt, sein Selbstwertgefühl nicht an das eigene Aussehen zu koppeln, sondern sich in erster Linie zu fragen, was der eigene Körper braucht und wie man sich fühlt. Wesentlich gelassener also als erzwungene Selbstliebe. Aber wie erreicht man diese Einstellung?
5 Tipps, wie du Body Neutrality statt Body Positivity in deinen Alltag integrieren kannst
1. Frage dich, was dich definiert
Unser Selbstwertgefühl können wir aus verschiedenen Faktoren ziehen, die rein gar nichts mit unserem Äußeren zu tun haben: unseren Charaktereigenschaften, beruflichen oder privaten Erfolgen, unseren Beziehungen, unseren Hobbys. Frage dich selbst, welche Eigenschaften dich deiner Meinung nach definieren und versuche, ihnen mehr Raum zu geben.
2. Frage dich, was dein Körper braucht
Anstatt dich darauf zu fokussieren, wie dein Körper aussieht und ob das der gesellschaftlichen und deiner Auffassung von schön entspricht, solltest du dich öfter fragen, was deinem Körper guttut und was er gerade braucht, um gesund zu bleiben.
3. Achte darauf, wie du mit anderen oder über andere sprichst
Auch Konversationen mit anderen oder über andere können Aufschluss darüber geben, ob und wie wir Körper bewerten. Fällt dir zum Beispiel auf, dass du in Gesprächen mit Freund:innen oder Kolleg:innen oft dein Aussehen oder das anderer thematisierst, kannst du versuchen, wertfrei darüber zu sprechen.
4. Hinterfrage deinen Medien- oder Social-Media-Konsum
Soziale Medien können uns inspirieren und am Leben anderer teilhaben lassen, sind aber auch dazu in der Lage, unsere Zweifel zu nähren. Wenn du merkst, dass der Konsum bestimmter Medien oder Social-Media-Accounts dir nicht gut tut und deinen Prozess, deinen Körper wertfrei zu betrachten, beeinträchtigt, solltest du darüber nachdenken, den betreffenden Accounts zu entfolgen.
5. Sei geduldig, wenn du dich von wertenden Gedanken über deinen Körper löst
Wenn du wertende Gedanken über deinen Körper hast, rufe dir in Erinnerung, dass dein Körper ein neutraler Bestandteil von dir ist, den du nicht zwingend in eine Schublade stecken musst. Es kann allerdings dauern, bis du das verinnerlicht hast. Schließlich kannst du nicht heute davon überzeugt sein, dass das Aussehen deines Körpers keine Rolle spielt, wenn du gestern noch versucht hast, all deine optischen Makel zu lieben. Sei also geduldig mit dir selbst.
Body Neutrality – alles kann, nichts muss
Natürlich bedeuten diese Tipps nicht, dass du gewisse Merkmale an dir nicht mehr schön finden darfst oder dich nicht mehr mit Dingen beschäftigen sollst, die mit deinem Aussehen zu tun haben. Auf alles, was bewirkt, dass du dich richtig wohl in deiner Haut fühlst – ob eine ausgiebige Skincare-Routine oder deine Lieblingsbluse – musst du selbstverständlich nicht verzichten. Es geht vielmehr um deine innere Einstellung. Denn die Haltung, seinen eigenen Körper mit all seinen Macken und Schönheiten zu akzeptieren, nimmt uns viel Druck weg, den sowohl Schönheitsideale als auch Body Positivity uns auferlegen.
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