Eine Position, zwei Arbeitskräfte: geht das? Na klar! Jobsharing sorgt für mehr Flexibilität und Produktivität und wird immer beliebter. Aus einem Vollzeitjob werden so zwei Teilzeitstellen. Wir haben mit drei Teams über ihre Tandem-Formeln gesprochen.
Zwei Bereiche – ein Ziel
Lena Beran, 35, und Patricia Plonczynski, 33, teilen sich die Position als "Human Resources Director Operations & Finance" bei L'Oréal. Die Idee dazu hatte: ihr Vorgesetzter.
Lena Beran: Wir teilen uns die Stelle als Human Resources Director für den Bereich Supply Chain und Finanzen bei L'Oréal und arbeiten beide 60 Prozent. Patricia hat schon vor ihrer Elternzeit in dieser Position gearbeitet. Jetzt nach der Elternzeit teilen wir uns die Rolle.
Patricia Plonczynski: Wir kannten uns schon vorher, das hat uns bei der Entscheidung geholfen, diese Position zu teilen, denn wir vertrauen uns blind. Wir haben uns für eine hybride Form des Jobsharings entschieden. Das heißt, jede von uns hat ihren Verantwortungsbereich und trotzdem gibt es Aufgaben, die ineinander übergehen. Wir können uns auch komplett vertreten, was sehr praktisch ist, denn wir haben beide kleine Kinder, da fallen jetzt die typischen Kita-Krankheiten an. Nahtlos füreinander einspringen zu können ist ein großer Vorteil für uns – aber auch für unseren Arbeitgeber.
Lena Beran: Ich konzentriere mich vor allem auf die Logistik, Patricia konzentriert sich auf den Finance/Controlling-Bereich. Jede von uns hat also ihren Schwerpunkt. Dazu gibt es Projekte, an denen wir zusammenarbeiten, wie zum Beispiel die Förderung unserer Junior-Mitarbeiter:innen. Wir haben natürlich beide eine eigene Email-Adresse, aber wir haben eine gemeinsame Ablage und können bei Bedarf in die Emails der anderen gucken.
Patricia Plonczynski: Zudem haben wir gemeinsame Ziele vereinbart und gemeinsame Projekte, an denen wir arbeiten. Um die zu erreichen, sind wir in einem sehr regelmäßigen Austausch: Wir sprechen eigentlich jeden Tag …
Lena Beran: … aber ohne dass wir uns "über-absprechen". Wir haben keinen großen Zeitverlust, sondern können die Themen sogar schneller abhaken, wenn wir mit vereinter Kraft daran arbeiten. Dafür reicht eine oberflächliche Absprache, denn die Details liegen ja in unserer gemeinsamen Ablage. Außerdem sehen wir uns immer freitags eine Stunde für ein Update. Das hilft, auf dem Laufenden zu sein, so können wir ganz einfach füreinander einspringen.
Zweimal 100 Prozent Verantwortung
Birte Palzer, 41, Head of VAS Operations bei Beiersdorf & Coach für Vereinbarkeit, teilt sich die Arbeit mit ihrem Tandempartner Kibreab Wolde-Mikael, 47.
Birte Palzer: Mein Jobsharing-Partner und ich teilen uns einen Job, wir arbeiten beide 60 Prozent. An drei Vormittagen überlappen wir uns, und wir haben beide einen Tag frei. Was wir nicht teilen, ist die Verantwortung: Die übernimmt jeder von uns zu 100 Prozent. Deshalb haben wir eine gemeinsame Email-Adresse und unterschreiben mit einer Signatur, egal, wer etwas schreibt. Natürlich sind wir mal nicht einer Meinung, aber das klären wir untereinander. Durch unseren gemeinsamen Kalender haben wir zeitgleich Zugriff auf alles und entscheiden, wer in welches Meeting geht. Wir führen unsere Mitarbeiter als Doppelspitze, haben ein gemeinsames Ziel und tauschen uns ständig aus. Das Beste daran ist: Wir lernen gemeinsam aus Misserfolgen und feiern umso mehr gemeinsame Erfolge. Ich bin eher lauter, direkter, gehe offener mit Konflikten um, mein Tandem-Partner ist eher ruhiger, empathischer, aber nicht weniger bestimmt. Schwächen gleichen wir jeweils aus und können unsere Fähigkeiten weiterentwickeln. Wir geben einander Feedback, hinterfragen unsere Entscheidungen und überlegen, wie jeder von uns und wir zusammen besser werden können. Wichtig: Wir teilen die gleichen Werte und denken gemeinsam in die gleiche Richtung.
Drei volle Stellen – eine gemeinsame Position
Dr. Anna Jacob, 37, Dr. Setareh Huschi, 52, und Dr. Simone Klüber, 45, teilen sich den Chefärztinnen-Posten in der gynäkologischen Abteilung der Asklepios Klinik in Hamburg.
Simone Klüber: Wir sind gleichberechtigte Partnerinnen in der Führung und teilen uns die administrativen Aufgaben. Bei den medizinischen Dingen leitet jede von uns einen Bereich, aber wir beraten uns auch in schwierigen Situationen. Das Besondere: Wir teilen uns keine Stelle, sondern eine Position, mit dem Ziel, gemeinsam die Abteilung auszubauen. Wir arbeiten alle Vollzeit, um das, was uns wichtig ist, zu entwickeln. Wir teilen uns Büro und Kalender. Was OP, Visiten, Sprechstunden angeht, ist die tägliche Arbeit relativ klar aufgeteilt. Über den Tag sprechen wir ab, was Neues zu tun ist, und es gibt einen Jour fixe. Probleme sind, wie überall, meist Missverständnisse, da findet man fast immer eine verträgliche Lösung, wenn man darüber spricht. Wir reevaluieren regelmäßig, passen Dinge an, organisieren neu. Wir haben vorher schon zusammengearbeitet, uns dieses Konzept überlegt und uns dann initiativ beworben. Die Offenheit für neue Arbeitsmodelle nimmt zu, gute Ideen überzeugen heute leichter.
Wie Tinder für den Job
Twise startet die erste Matching-Plattform für Tandempartner:innen.
Dein Netzwerk erweitern
Natürlich ist es hilfreich, wenn man sich schon vorher kennt. Doch die passende Partnerin zum Jobsharing arbeitet einfach noch nicht in deinem Kollegium? Kein Problem! Mit der Matching-Plattform findest du auch außerhalb deines beruflichen Netzwerks Personen, die nicht nur fachlich, sondern auch persönlich für eine gemeinsame Arbeitsbeziehung zu dir passen.
So geht's
Ab sofort kannst du dich unter twise.eu registrieren und dein eigenes Profil anlegen. Los geht's mit der Job-Partner:innen-Suche!
Dieser Artikel erschien zuerst in der EMOTION 1/2 22/23.
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