Sie war die Nummer eins im Damentennis, hat drei Grand-Slam-Turniere gewonnen. Nun hat Angelique Kerber, die gerade ihr erstes Baby erwartet, mit 34 Jahren ihre Autobiografie geschrieben. Darin geht es um Kampfgeist und Siegeswillen, sie berichtet aber auch von Zweifeln und Herausforderungen. Angie hat uns im EMOTION-Interview verraten, warum es Zeit für das Buch war – und wie sie die Tennispause während ihrer Schwangerschaft erlebt.
Liebe Angelique, herzlichen Glückwunsch zum Buch! Wie fühlst du dich, seit das Buch in der Welt ist?
Angelique Kerber: Vielen Dank! Es ist ja wirklich eine ganz neue Erfahrung für mich, und ich muss sagen: Gerade die letzten Wochen waren sehr spannend, aufregend und mit Blick auf die Fertigstellung des Buches auch äußerst intensiv. In den Tagen vor der Veröffentlichung meiner Biografie habe ich dann eine unglaubliche Vorfreude, aber auch ein bisschen Nervosität verspürt. Man weiß, dass man in eine Sache viel Herzblut investiert hat - und jetzt möchte ich einfach die Leute teilhaben lassen und idealerweise auch eine Botschaft teilen, die da lautet stets an seinen Träumen festzuhalten. Ich würde mir wünschen, dass jeder aus dem Buch etwas für sich mitnehmen kann.
Du bist 34 Jahre alt. Wieso war jetzt schon der richtige Zeitpunkt, eine Autobiografie zu schreiben?
Ich habe mir schon immer gerne Notizen gemacht, habe Eindrücke und Gedanken festgehalten. Sowohl während sportlicher und persönlicher Hochphasen, aber auch gerade in schwierigen und herausfordernden Zeiten. Je umfangreicher diese Sammlung in den vergangenen Jahren wurde, umso mehr verstärkte sich der Wunsch, meine Erfahrungen festzuhalten. Auch als Dank an alle, die mit mir diesen Weg in den letzten Jahren gegangen sind. Mir war es wichtig, in meiner Biografie auch detailliert auf Krisensituationen einzugehen und aufzuzeigen, wie ich damit umgegangen bin. Immerhin geht es nicht nur mir als Sportlerin so, dass ich mich mit Aufs und Abs auseinandersetzen muss. Das gilt sicherlich auch für andere Berufe und Lebensbereiche. Die aktuelle Pause, nach der ich nächstes Jahr wieder auf die Tennistour zurückkehren möchte, war aus meiner Sicht der ideale Zeitpunkt.
Wenn du auf den Prozess des Schreibens zurückblickst – welche Stelle war am schwierigsten zu beschreiben?
Während der Erstellung des Buches kamen natürlich viele Emotionen hoch. Ich habe etliche Situationen noch einmal durchlebt, dazu haben sicherlich auch die Gespräche mit langjährigen Weggefährten beigetragen. Es war wirklich interessant: Wegen des zeitlichen Abstands konnte ich manche Situation im Rückblick ganz anders bewerten und einordnen. Ich habe es als befreiend empfunden, sehr offen über meine Erfolge, aber auch die Krisen und Zweifel zu schreiben. Die schwierigen Phasen sind Teil meiner Geschichte. Es hat einige Zeit gedauert, das zu akzeptieren, aber ich bin längst völlig im Reinen mit mir. Ohne die Tiefs hätte es die Hochs nie gegeben.
Und an welcher Stelle warst du in der Rückschau noch mal richtig stolz auf dich selbst?
Der Sieg im Finale von Wimbledon 2018 gegen Serena Williams war die Krönung. An diesem Tag ist auf diesem besonderen Centre Court, auf dem Heiligen Rasen, ein Kindheitstraum in Erfüllung gegangen. Auch die Grand Slam-Erfolge bei den Australian Open und US Open sowie der Gewinn der olympischen Silbermedaille in Rio 2016 waren absolute Highlights. Ich denke aber auch voller Dankbarkeit an inspirierende Begegnungen wie zum Beispiel an jene mit Barack Obama zurück. Langweilig wurde es eigentlich nie in all den Jahren!
Du erwartest gerade dein erstes Kind. Das bedeutet eine Pause vom Profitennis. Wie fühlt sich das nach so vielen Jahren im Profisport an, mal eine längere Pause einzulegen?
Ich genieße diese Phase momentan sehr, vermisse aber auch das Leben auf der Tour. Tennis ist meine Leidenschaft, und daran wird sich auch nichts ändern. Jetzt läuft alles etwas entschleunigter und bewusster ab. Allerdings stehen Sport und Bewegung natürlich weiterhin auf meinem Tagesplan: Ich mache Yoga, schwimme, gehe spazieren und spiele ich immer noch ein bisschen Tennis mit Kindern in meiner Akademie in Polen. Die Pause nutze ich auch, um verschiedene Projekte zu realisieren und Dinge zu tun, für die keine Zeit bleibt, wenn man fast das ganze Jahr auf Turnieren unterwegs ist.
Für viele Mütter im Tennis ist der Weg zurück auf die Profitour hart – auch wegen des komplizierten Punktesystems der WTA. Was muss sich deiner Meinung nach ändern, damit es einfacher wird, Mutterschaft und Profisport zu vereinbaren?
Aktuell gibt es noch keinen Sonderpassus, der den Spielerinnen nach einer Geburt die Rückkehr auf die Tour erleichtert. Die Schwangerschaft wird nahezu mit einer Verletzung gleichgesetzt – das finde ich irritierend. Allerdings habe ich gehört, dass die WTA derzeit intensiv berät, den ein oder anderen Passus zu verändern beziehungsweise neu einzuführen. Immerhin gibt es mittlerweile ja schon einige Mütter auf der Tour - oder Spielerinnen, die als Mütter mit einem Comeback liebäugeln.
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