Welche Chancen bietet das Web3 besonders für Frauen? Welche Hürden gibt es und wie gelingt der Einstieg ins Web3? Das verrät Dajana Eder, die ein Web3-Netzwerk gegründet hat, mit dem sie Frauen den Zugang erleichtern will. Am 8. Mai ist sie Speakerin beim EMOTION Women’s Day.
Liebe Dajana, warum hast du "wom3n.DAO" gegründet?
Ich habe "wom3n.DAO" im Dezember 2021 gegründet, weil mir eine Community gefehlt hat, als ich mich mit Web3 beschäftigt habe. Ein anderer Grund ist, dass du zwar mittlerweile viel Content finden kannst, das meiste jedoch nur auf englisch ist. Ich stelle immer wieder fest, dass Web3 für viele Frauen in Deutschland ein ganz neues Thema ist: Du brauchst Zeit, oft auch Geld, um dich damit auseinanderzusetzen und wenn dann noch die Sprachbarriere dazukommt, springen viele wieder ab. Das wollten wir aus dem Raum schaffen. Letztes Jahr haben wir mit unserem Netzwerk für mehr als 10.000 Frauen Berührungspunkte geschaffen durch Podcasts, LinkedIn, Instagram, Youtube-Lives, sowie Veranstaltungen. Dieses Jahr haben wir uns vorgenommen, Web3-Gründerinnen durch das Netzwerk hervorzubringen.
Warum sollten besonders Frauen sich mit dem Web3 beschäftigen?
Es ist wichtig, dass Frauen in diesem Space teilhaben, dass sie Verständnis dazu haben und mitentscheiden können, wo sich das Ganze hinentwickelt. NFTs sind nicht das Gelbe vom Ei. Aber die Technologie dahinter ist grandios ist. Wenn Frauen ihre Bedürfnisse nicht sichtbar machen, werden wieder nur Produkte geschaffen, die für Männer interessant sind. Deshalb brauchen wir Web3-Gründerinnen. Die meisten nutzen die Technologie, um wirklich Veränderung zu schaffen. Und wir wollen ja eine Veränderung in den Strukturen, in denen wir leben.
Wir arbeiten zum Beispiel mit einer Coding-Vereinigung aus Indien zusammen. Diese Frauen dürfen eigentlich nicht mal arbeiten und kein eigenes Bankkonto haben. Aber sie sitzen die ganze Zeit zu Hause und haben Internet und sich gegenseitig im stillen Kämmerlein programmieren beigebracht. Wir konnten sie fair bezahlen, von Wallet zu Wallet – auch ohne Bankkonto.
Was macht das Web3 denn eigentlich aus?
Das Web3 ist eine Weiterentwicklung unseres Internets. Web1 waren diese ganzen statischen Websites, die gibt es auch noch – Unternehmenswebsites beispielsweise, wo du einfach nur Dinge lesen kannst. Ab 2005 hat das Web2 das Web1 langsam abgelöst, da kamen auch Plattformen wie Amazon und Ebay auf, bei denen du dir mit deiner Mailadresse Benutzerkonten anlegen und selbst Inhalte erstellen kannst. Und im Web3 bekommst du die Möglichkeit, dich mit deiner Wallet auf einer Website anzumelden. Das ist lediglich eine andere Technologie.
Im Web3 geht es um digitales Eigentum. Wenn du dort zum Beispiel ein Kunstwerk, Musikstück, der Text oder eine Fotografie veröffentlichst, wird es auf die Blockchain, als Token, geprägt und ist automatisch mit deiner Wallet verbunden. Transparenz und Unfälschbarkeit sind hier die beiden größten Themen, wo es gerade viele Fortschritte gibt. Ich glaube, in Zukunft wird es immer weniger darum gehen, dass du dich von der Pike auf mit der Technologie beschäftigen musst. Letztes Jahr etwa musstest du dir selbst eine Wallet anlegen, wenn du sie gebraucht hast und mühevoll Kryptowährung einzahlen. Heute werden dir Wallets teilweise schon direkt mitgeliefert. Auch die Bezahlsysteme sind einfacher geworden. Alles ist übersichtlicher, nicht mehr ganz so kryptisch.
Die Nutzerfreundlichkeit ist also besser?
Genau. Wie schwierig ist es, für all die Websites, wo du jemals ein Benutzerkonto angelegt hast, alle Emailadressen und Passwörter zu erinnern? Web3-Technologie wird es ermöglichen, dass du eine einzige Wallet hast, über die du dich bei diesen Websites anmeldest. Du hinterlässt keine wirklichen Daten mehr, indem du ein Profil anlegen musst, sondern meldest dich mit deiner Wallet an. Dann wird ein Check-up gemacht und du siehst, wie kannst du mit diesen Websites interagieren kann. Ich glaube, dass es nur noch eine Frage der Zeit sein wird, bis das Standard sein wird. Weil Benutzerkonten pflegen super aufwendig sind.
Hast du Beispiele, was wir im Web3 machen können?
Mittlerweile haben Brands wie H&M, Adidas, Louis Vuitton und Gucci schon erste Web3-Projekte ausprobiert. Zara hat sogar ein eigenes Metaverse. Gucci hat zum Beispiel eine NFT gelaunched. Nur, wenn du dieses NFT hast, hast du die Möglichkeit, ihre Sonderedition zu kaufen. Oft wird Web3 dafür genutzt, eine neue Art von Community zu bauen. Louis Vuitton hat ein Handyspiel herausgebracht, wo du durch eine Zauberwelt läufst und Punkte sammelst. Die sammelst du quasi "On-Chain", was bedeutet, dass sie einen realen Wert haben, transferier- und tauschbar sind. Das Konzept nennt sich auch "Play to Earn". Spannend finde ich auch die Vorstellung, wie weit das Metaverse künftig vom Web3 abhängig sein wird. Passiert das vollkommen dezentral oder haben wir viele Überschneidungen in die Welt, die wir kennen?
Du willst dich weiterentwickeln? Beruflich und privat? Dann komme jetzt auf den EMOTION Women’s Day. Am 8. Mai veranstalten wir DIE Jobkonferenz für Frauen. Sei dabei im Cinemaxx Hamburg Dammtor!
Warum ist das Web3 deiner Meinung nach mehr als ein Trend?
Wir sprechen ja so oft über Datenschutz. Oft werden die Cookie-Blocker schon gar nicht mehr gelesen, sondern nur noch abgehakt. Das Web3 gibt dir die Macht über deine Daten zurück. Alles, was du digital hinterlässt, besitzt du auch wirklich. Was mich an Web3 überzeugt: "A Wallet does not know gender" - ein Wallet kennt kein Geschlecht. Das bedeutet: In dem Moment, in dem du verstehst, wie eine Wallet funktioniert oder wie Web3 funktioniert, kannst du teilhaben. Web3 hat für Frauen wahnsinnig viel zu bieten. Wenn du eine Idee hast und sie umsetzen möchtest, dann kannst du es machen.
Was sind die Basics, mit denen wir uns vorher beschäftigen sollten?
Wichtig ist auf jeden Fall, eine Community zu finden, in der du Fragen stellen kannst. Dann solltest du dir ein Projekt rauszusuchen, das dich interessiert und dich ausprobieren. Mittlerweile gibt es tausende unterschiedliche Anwendungsgebiete und du musst sie nicht alle überblicken.
Dann müssen wir gar nicht den Anspruch haben, das Web3 komplett zu verstehen, bis wir uns trauen, da in irgendeiner Weise mitzumischen?
Absolut! Das ist ein ganz großes Thema. Mir fällt leider immer wieder auf, dass ganz viele Frauen nicht über das Web3 sprechen, weil sie denken, dass sie zu wenig wissen. Aber wir dürfen lernen.
Worauf sollten wir achten?
Bei vielen wurden ja leider die Wallets leergeräumt, weil es viele Scams, also Betrugsfälle gab. Das ist ein großes Thema. Ich bin manchmal ein bisschen irritiert, wie viele Leute auf Phishing-Mails hereinfallen. Bist du dir nicht sicher, klick einfach nicht drauf. Niemand schenkt einem etwas.
Mit welchen Vorurteilen rund ums Web3 wirst du konfrontiert?
Da gibt es zwei Vorurteile, mit denen ich immer wieder konfrontiert werde: Web3 und Blockchain wird ja nur genutzt für den Schwarzmarkt und Cryptocurrency wird nur genutzt, um Waffen, Drogen und Menschen zu kaufen. Aber nur, weil Menschen Schlechtes tun, heißt es nicht, dass die Technologie schlecht ist. Es wird so oft über den moralischen Charakter der Blockchain gesprochen. Doch die Technologie dahinter ist weder schlecht noch gut. Es sind immer die Menschen und wie sie es nutzen. Blockchain kannst du nutzen, um das Leben von Frauen global zu verbessern, aber auch um Menschen zu betrügen. Diese Diskussion hatten wir ja auch mit dem Internet und mit Social Media. Nur haben wir gerade jetzt auch die Möglichkeit, aktiv Entscheidungen zu treffen und die Weiterentwicklung des Internets mitzugestalten.
Was ist deine Zukunftsvision?
Ich hoffe wirklich, dass wir mit Web3 ganz neue Wege gehen können: Dass wir sichtbar sind, mitentscheiden können und das Potential erkennen, dass wir nicht mehr darauf angewiesen sind, alte Strukturen zu replizieren. Aber dafür müssen wir unsere Hausaufgaben machen und dürfen uns nicht darauf verlassen, dass wir im Web3 alles besser machen. Wenn da die gleichen Leute am Tisch sitzen, mit den gleichen Vorurteilen an Situationen, Gespräche und Menschen herangehen, haben wir nicht viel gewonnen. Gibt es eine Zukunftsvision, dann, dass wir so viele Frauen wie möglich aktivieren können, aktiv zu werden. Dass sie verstehen, dass es kein Trend ist, sondern eine große Chance für Equality.
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