Warum Mental Wellbeing im Jobkontext immer wichtiger wird, was uns überhaupt so sehr erschöpft und was wir dagegen tun können, ohne den Eindruck zu haben, wir optimieren uns nur anstatt am System etwas zu ändern, verrät "OpenUp"-Gründer Gijs Coppens. Am 8. Mai ist er Speaker beim EMOTION Women's Day.
Gijs Coppens, Sie haben das Start-up "OpenUp" gegründet. Wofür steht "OpenUp" und an wen richtet sich Ihr Angebot?
Wir möchten einen einfachen Zugang zu relevanten Informationen rund um das Thema Mental Wellbeing im Jobkontext geben und ermöglichen Gespräche mit Psycholog:innen sowie Achtsamkeitskurse und Masterclasses. Dabei gehen wir auf die individuellen Bedürfnisse der Mitarbeiter:innen von Unternehmen aus ganz unterschiedlichen Branchen ein, die unsere Plattform abonniert haben. Das sind zum Beispiel Mister Spex, Decathlon, Miele und Deloitte.
Warum ist es nötig, dass sich Unternehmen mit dem Thema Mental Load und Mental Wellbeing auseinandersetzen?
Mental Wellbeing betrifft uns alle. Die Pandemie hat uns vor Augen geführt, dass jeder verwundbar ist. Neben allen negativen Folgen steht jetzt zumindest das psychische Wohlbefinden mehr im Vordergrund – auch für CEOs. Psychische Gesundheit am Arbeitsplatz ist kein Nice-to-have, sondern ein Must-have. In Unternehmen geht es immer um Menschen, die bestenfalls erfolgreich zusammenarbeiten. Unser Wohlbefinden hat einen großen Einfluss auf unsere Leitungsfähigkeit und unser Verhalten. Jüngste Untersuchungen von McKinsey zeigen, dass psychische Belastungen und Erkrankungen Unternehmen im Durchschnitt zwischen 1.500 und 2.500 Euro pro Jahr kosten, aufgrund erhöhter Fehlzeiten und einer Abnahme der Produktivität oder Motivation. Für die Mitarbeiter:innen ist es sehr wichtig, dass sie wissen: Es gibt jemanden, an den sie sich wenden und von dem sie Unterstützung erhalten können. Wenn Unternehmen die mentale Gesundheit fördern, stärkt es das Vertrauen.
Was erschöpft uns eigentlich genau?
Die Digitalisierung verändert die Art und Weise, wie wir arbeiten. KI-Tools sind im Kommen, Mails, WhatsApp und viele andere Tools sorgen dafür, dass wir immer erreichbar sind und effizienter arbeiten. In Zukunft werden Mensch und Technik vermutlich in noch stärker miteinander verknüpft sein. Auch heute schon stehen Unternehmen vor der Herausforderung: Wie integrieren wir High Tech und High Touch? Also die menschliche Berührung. Außerdem verschwimmen die Grenzen zwischen Arbeit und Leben zunehmend, besonders seit der Pandemie, weil wir auch remote arbeiten können. Das sehen wir etwa an dem Trend Workcation. Wenn wir nicht aufpassen, arbeiten wir den ganzen Tag. Aktuell besteht die größte Herausforderung darin, sich den Spaß und die Zufriedenheit im Job zu bewahren, gleichzeitig effektiv zu sein und mit dem vielen Input umzugehen. Um mental stabil zu bleiben, müssen wir ein Gleichgewicht finden.
Und wie finden wir dieses Gegengewicht? Was können wir selbst gegen den Mental Load tun, ohne in die Selbstoptimierungsfalle zu tappen?
Wir sollten versuchen, den optimalen Punkt zwischen Überforderung und Unterforderung zu finden. Wer sich überfordert fühlt, sollte einen Moment inne halten und etwas anderes machen, etwa einen Mittagsschlaf, Spaziergang oder sich mit Freunden treffen, anstatt noch härter zu arbeiten. Denn es ist total wichtig, immer auch Pausen zu machen und sich gedanklich von der Arbeit zu lösen. Aus der Psychologie wissen wir, dass Multitasking nicht wirklich funktioniert. Deswegen empfehle ich, sich lieber eine Aufgabe nach der anderen vorzunehmen. Dabei kann es hilfreich sein, einen Tages-, Wochen- oder Monatsplan zu erstellen, um Aufgaben besser zu priorisieren, was man natürlich auch im Team diskutieren kann. Wer sich hingegen unterfordert fühlt, sollte mit den Vorgesetzen sprechen und nach Aufgaben fragen, die Begeisterung wecken.
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Am Arbeitsplatz spielt die psychologische Sicherheit ja auch eine große Rolle für das Wohlbefinden. Woran erkennen wir, ob wir eine psychologisch sichere Arbeitskultur im Unternehmen haben?
So eine Kultur äußert sich darin, dass sich alle wohl und sicher genug fühlen, um ihre Wahrheit zu offen ansprechen zu können. Also Unsicherheiten, Kritik, Fehler zugeben zu können, ohne negative Konsequenzen zu befürchten. Das hängt eng mit den Erwartungen und Standards zusammen, die vom Management festgelegt werden. Psychologische Sicherheit gibt einem das Gefühl, sich entwickeln zu können und Unterstützung zu bekommen. Dies wiederum schafft zufriedene Mitarbeiter:innen!
Wie können wir dieses Klima unterstützen oder verbessern?
Wenn Führungskräfte nie offen über ihre Gefühle, Herausforderungen oder Fehler sprechen, werden die Mitarbeiter:innen es auch nicht tun. Egal, welche Lösungen ihnen angeboten werden. Das müssen Unternehmen verinnerlichen und wirklich danach handeln, insbesondere dann, wenn es um schwierige Entscheidungen geht.
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