Viele Menschen sehnen sich nach einer langen, erfüllten Beziehung, wenn nicht sogar nach der ewigen Liebe. Doch gibt’s die überhaupt noch? Nein, sagt ein Paar-Experte.
Ewige Liebe oder Beziehung auf Zeit?!
Wie oft haben wir im Märchen das Happy End "... und sie lebten glücklich bis ans Ende ihrer Tage" vorgelesen bekommen! Naja, mal ehrlich: Wer wünscht sich das nicht? Ewige Liebe bis zum Lebensende. Klingt schon sehr romantisch, wenn nicht fast kitschig. Doch ist dieses Konzept überhaupt realistisch oder ein bloßer Wunschtraum, den wir durch Filme und Bücher verinnerlichen? Der Paartherapeut Christian Hemschemeier ist sich sicher: Ewige Liebe gibt’s schon längst nicht mehr.
Scheidungsrate in Deutschland ist gestiegen
"Die Scheidungsraten sind enorm gestiegen", schreibt er im Redaktionsnetzwerk Deutschland. Das beweist auch die Statistik: Im Jahr 1960 lag die Scheidungsquote in Deutschland laut statista.com bei lediglich 10,60 Prozent, während sie im Jahr 2005 einen Höchstwert von 51,92 Prozent erreichte. Seitdem ist jedoch ein langsamer Rückgang der Scheidungen zu beobachten: Im Jahr 2019 lag die Quote bei 35,79 Prozent. Doch auch wenn die Zahl der Scheidungen in Deutschland hoch ist: Der Wunsch nach der ewigen Liebe bleibt bestehen. Laut einer Studie von ElitePartner wünschen sich 88 Prozent aller Frauen, dauerhaft mit dem Partner oder der Partnerin zusammenzubleiben, möglichst ein Leben lang (Stand 2018).
Moderner Lebensstil sorgt für kürzere Beziehungen
Doch woran liegt's, dass die ewige Liebe im modernen Zeitalter offenbar zu schwinden vermögen scheint, ja fast schon altmodisch erscheint? "Das Leben ist schneller, bunter, vielseitiger und in jeglicher Hinsicht auch freier als noch vor 50 oder 70 Jahren. Diese Schnelllebigkeit spiegelt sich auch in Beziehungen wider", erklärt Liebes-Experte Hemschemeier. Früher sei das anders gewesen, da hätten die Leute mehr um eine Beziehung gekämpft und ihre Unzufriedenheit länger ausgesessen. Heute allerdings eiferten die Menschen häufiger Perfektionismus hinterher, auch im Beziehungsleben.
Natürlich kommen auch ganz andere zeitliche Verhältnisse mit in Spiel: Früher waren Scheidungen gesellschaftlich noch nicht so akzeptiert wie heute und lange Zeit durften Frauen nur arbeiten oder Bankkonten eröffnen, wenn sie verheiratet waren – sicherlich auch Gründe, die zur niedrigen Scheidungsrate beispielsweise in den 1960er Jahren beitrugen.
Ist kürzere Liebe weniger wert?
Gleichzeitig stünde laut Hemschmeier die Verwirklichung der eigenen Person heute viel mehr im Fokus: Wir haben eigene Karrieren, bereisen die Welt, haben diverse Interessen und wachsen charakterlich weiter – häufig in eine andere Richtung, als der Partner oder die Partnerin es tut. Doch das muss gar nicht schlimm sein, findet Hemschemeier. "Die schöne gemeinsame Zeit, der wertvolle Mensch, den wir in unserem Partner sehen, die erfüllende Liebe werden nicht geschmälert, nur weil sie endlich sind. Ganz im Gegenteil. Vielleicht schätzen wir sie noch mehr im Wissen dieser Endlichkeit."
Ist Qualität statt Quantität also die moderne Devise? Wer romantisch veranlagt ist und sich für ein monogames Beziehungsmodell entscheidet, der mag die Erklärung von Hemschemeier ernüchternd finden. Heißt das also, dass nun jede Beziehung auf kurz oder lang zum Scheitern verurteilt ist? Denn schließlich kennen wir sie doch alle: Diese Paare, die bis auf Ewigkeit wie für einander gemacht scheinen. Natürlich ist die Frage nach der ewigen Liebe noch etwas komplexer.
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Gibt es eine Formel für die ewige Liebe?
Immer wieder wird in Zusammenhang mit diesem Thema auch der US-amerikanische Psychologe John Gottman zitiert, der sich intensiv mit der Paarforschung beschäftigt. Kennt er die Formel für die ewige Liebe? Zumindest hat er einen wissenschaftlichen Zugang zur Liebe und versucht sie mit Zahlen zu erklären. Er soll in der Lage sein, innerhalb von wenigen Minuten beurteilen zu können, ob sich ein Paar trennen wird oder nicht.
Drei Zustände sollten in einer Partnerschaft herrschen, damit die Liebe aufrecht erhalten bleibt, so besagt es eins der Gott'schen Modelle.
- Einer davon sei die körperliche Entspanntheit: Nur wer ruhig und gelassen ist, kann sich wirklich auf den Partner oder die Partnerin einlassen.
- Der zweite Faktor sei Vertrauen. Dieses sei ganz eng an ein Gefühl von Nähe und Intimität geknüpft.
- Die dritte Zutat für eine magische Liebe bezeichnet Gottman als Commitment, das durch die Stärke der Bindung zueinander gemessen wird.
Auch Gottmans "5:1-Formel" soll das Liebesglück erfassen: Jede schlechte Erfahrung in einer Beziehung kann nur durch fünf positive Momente ausgeglichen werden. Ganz schön kompliziert, diese ewige Liebe.
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