Nach den großen Erfolgen von "Inventing Anna" und "Der Tinder-Schwindler" startet im April eine neue Mini-Serie mit einer Hochstaplerin in der Hauptrolle: "The Dropout". Worum es da geht und wieso uns die Geschichten von Schwindler:innen so faszinieren...
"The Dropout": Die Geschichte von Amerikas jüngster Self-Made-Milliardärin
Die neue Mini-Serie "The Dropout" basiert auf der wahren Geschichte von Elisabeth Holmes, die ein milliardenschweres Medizinunternehmen aufzog. 2003 brach Holmes im Alter von 19 Jahren ihr Studium ab, um "Theranos" zu gründen. Die Firma entwickelte Bluttests, die anhand weniger Tropfen Blut, die die Patient:innen selbst zuhause entnehmen konnten, 240 Krankheiten erkennen sollten. Eine Revolution im Gesundheitswesen, die den Unternehmenswert innerhalb von zehn Jahren auf zehn Milliarden Dollar steigerte. Das Privatvermögen von Holmes wurde auf 4,5 Milliarden Dollar geschätzt. Das Problem an der Sache: Die Tests funktionierten nicht, wie Expert:innen 2015 nachwiesen. Kund:innen bekamen falsche Diagnosen, Investor:innen verloren ihr Geld – und Holmes wusste von Anfang an davon.
Bevor der Schwindel aufflog zählte das Time-Magazin Holmes 2015 noch zu den hundert einflussreichsten Personen der Welt, in den USA wurde sie als jüngste Self-Made-Milliardärin gefeiert und aufgrund ihres mitreißenden Charismas mit Steve Jobs verglichen. Erst Anfang diesen Jahres wurde Holmes schuldig gesprochen, woraufhin ihre Geschichte sofort aufgegriffen und verfilmt wurde. "The Dropout" geht in den USA bereits durch die Decke, in Deutschland ist die Mini-Serie ab dem 20. April auf Disney+ zu sehen, mit Amanda Seyfried in der Hauptrolle.
Schwindler:innen sind im Trend
"The Dropout" reiht sich in den aktuellen Trend von Schwindler:innen-Serien und Filmen ein. Aktuell (noch) an der Spitze: "Inventing Anna". Die Serie rund um die angebliche deutsche Erbin Anna Sorokin ist schon vier Wochen nach ihrem Start im Februar eine der zehn meist gestreamten Serien aller Zeiten auf Netflix. Sie zeigt die zum Großteil wahrheitsgetreu verfilmte Geschichte der russisch-deutschen Mittzwanzigerin, die unter dem Namen "Anna Delvey" mit gefälschten Schecks und einem erfundenen Treuhandfonds New Yorks Superreiche ausnahm, im absoluten Luxus lebte und selbst gestandene Finanzleute zwei Jahre lang an der Nase herumführte.
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Etwa zeitgleich zu "Inventing Anna" startete auch die Doku "Der Tinder-Schwindler" auf Netflix – ebenfalls basierend auf einer wahren Geschichte. Der Israeli Shimon Hayut gab sich jahrelang als Sohn eines Diamantenmoguls mit dem Namen Simon Leviev aus. Auf Tinder lernte er Frauen kennen, traf sie zu luxuriösen Dates und lud sie ein, ihn auf Reisen in seinem Privatjet zu begleiten. Jedem seiner Opfer schwor der Tinder-Schwindler seine Liebe – und jedes Mal steckte er plötzlich in "großen Schwierigkeiten" und brauchte dringend Geld. Seine Dates verschuldeten sich für ihren "Traummann" und sahen ihr Geld nie wieder.
Zwischen Bewunderung und Hass
Während einige Anna Sorokin als moderne "Robin Hood" feiern, wird Shimon Hayut häufig zum Hassobjekt. Sorokin nimmt die High Society aus und zeigt uns, welche absurde Macht wir Geld in unserer Gesellschaft zusprechen. Sicher, sie begeht Straftaten – trifft damit aber keine armen Leute. Ein bisschen Schadenfreude können sich die meisten da kaum verkneifen. Den Schwindeleien von Shimon Hayut fallen dagegen junge Frauen ohne große finanzielle Rücklagen zum Opfer, die ihre Schulden noch lange abbezahlen werden.
Wieso faszinieren uns Hochstapler:innen so?
Doch egal, was man von den Machenschaften der Hochstapler:innen hält – ihre Geschichten ziehen Millionen von Menschen in ihren Bann. Woran liegt das?
Auf der einen Seite steht die Faszination für einen Lebensstil, von dem die meisten Menschen nur träumen können: Jetset, Designerkleidung und teure Restaurants gehören zum Alltag, Geld spielt keine Rolle. Die Hochstapler:innen verschaffen sich Zugang zu einer Welt, in die die Wenigsten jemals auch nur einen kleinen Zeh setzen und bewegen sich in ihr mit einer Selbstverständlichkeit, die einfach verblüffend ist. Auf der andere Seite ziehen uns (reale) Verbrechen an – das wird nicht zuletzt am ungebrochenen True-Crime-Trend der letzten Jahre deutlich. Natürlich versprechen Serienmorde einen anderen Nervenkitzel als ein Kreditkartenbetrug, doch Verbrechen und einen Ausbruch aus den gültigen Normen und Werten gibt es in beiden Fällen zu beobachten.
Und dann ist da noch die Faszination für die Charaktere der Hochstapler:innen und die clevere und furchtlose Art und Weise ihrer Betrügereien: Ganz "normale", häufig junge Menschen drehen diese Riesendinger und führen alle an der Nase herum. Wie kann das sein? Bei jeder wahren verfilmten Hochstapler:innen-Geschichte ist zwar klar: Am Ende fliegt der Schwindel auf, sonst würde es den Film oder die Serie nicht geben. Doch bis es soweit ist, spielen die Protagonist:innen ihrem gesamten Umfeld eine Rolle vor – und zwar jahrelang, 24 Stunden täglich. Ein perfektes, bis ins kleinste Detail inszeniertes Schauspiel voller Mut, Dreistigkeit, Intelligenz und krimineller Energie. Wir alle verlieren mal die Beherrschung, "fallen aus unseren Rollen" – für Hochstapler:innen würde das das Ende ihrer Geschichten und hohe Strafen bedeuten. Als Zuschauer:innen wissen wir um diesen Drahtseilakt, halten den Atem an, wann immer jemand dem Schwindel beinahe auf die Schliche kommt und beobachten fasziniert, wie die Protagonist:innen das Ruder immer wieder herumreißen und die Fassade aufrecht erhalten.
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