Phoebe Waller-Bridge ist der hellste Stern am Serienhimmel – und zeigt nun 007, dass auch seine Zukunft weiblich ist.
Phoebe Waller-Bridge – Schauspielerin, Drehbuchautorin, saukomisch
Kann ein Dinosaurier "woke" sein? Kann man ihn dazu bringen, sich sensibel durch unsere übersensibilisierte Gegenwart zu bewegen? Ohne alles durch seine Plumpheit mit dem Hinterteil einzureißen, während er vorne trippelnd versucht, niemandem auf die Zehen zu treten? Nun, Phoebe Waller-Bridge findet: Das muss der Dinosaurier gar nicht, sonst wäre er seiner Natur nicht mehr treu. Und die Engländerin hat ein Motto für alles, was sie tut, schreibt oder spielt: "Es muss sich echt anfühlen." Für alle, die die letzten fünf Jahre unterhaltungstechnisch in einer prähistorischen Höhle verbracht haben: Die 36-Jjährige Drehbuchautorin und Schauspielerin Phoebe Waller-Bridge steht zur Zeit für alles, was im fiktionalen Erzählen originell, wahrhaftig, spannend und saukomisch ist.
Wenn die Leute lachen, schenken sie dir ein Stück ihres Herzens. So kann man es viel besser brechen
Phoebe Waller-BridgeTweet
Sie hat die mit Preisen überschüttete Sensation "Fleabag" erfunden, eine Serie über das Leben und Lieben einer chaotischen, wütenden, unendlich lustigen und dabei dann doch romantischen Frau in London (verkörpert von ihr selbst). Vordergründig eine Komödie, die dem Publikum aber immer wieder genüsslich die Tragik des Daseins um die Ohren haut. Eine Technik, die Waller-Bridge liebt: "Wenn die Leute lachen, schenken sie dir ein Stück ihres Herzens. So kann man es viel besser brechen", sagt sie.
Frische Impulse für "Keine Zeit zu sterben"
Einer, der sein Herz mit Begeisterung an sie verloren hat, ist Daniel Craig, der amtierende Bond-Darsteller. Hier kommen wir nun also zurück zum Dinosaurier: Als bekennender "Fleabag"-Fan holte Craig Phoebe Waller-Bridge als Autorin für seinen endgültig letzten Einsatz als 007 an Bord. Er fand, das Drehbuch für "Keine Zeit zu sterben" brauche dringend frische Impulse, damit der Spion auch im Jahr 2021 bestehen kann – trotz seines ganzen urzeitlichen Knarren-Girls-und-Verbrennungsmotoren-Gehabes. Sofortige Schnappatmung bei (männlichen) Hardcore-Fans der Reihe: Die macht uns doch unseren James kaputt, diesen letzten Vertreter der Macho-Kultur! Sofortige Schnappatmung auch bei (weiblichen) Hardcore-Fans von Waller-Bridge, die diese als Ikone eines neuen entspannten Feminismus sehen: Wie kann sie sich für diese Neandertaler-Figur hergeben! Zum Glück speist sich das Talent der Londonerin nicht aus so einem Schwarz-Weiß-Denken, sondern aus den Grautönen des Lebens.
Ich schreibe ohne Agenda
Phoebe Waller-BridgeTweet
Sie schätzt es auch gar nicht sonderlich, wenn man sie eine "feministische Autorin" nennt. "Selbstverständlich bin ich Feministin – schließlich bin ich eine Frau – und natürlich habe ich nichts dagegen, dass meine Arbeit so wahrgenommen wird. Aber ich schreibe ohne Agenda. Ich interessiere mich einfach dafür, echte Geschichten von echten Frauen zu erzählen", erklärt sie. Deshalb hat sie auch kein Problem damit, dem Chauvi im Dienste seiner Majestät unter die muskulösen Arme zu greifen und ihm komplexe, ebenbürtige Frauenfiguren an die Seite zu stellen.
Die Bond Women sind jetzt selber tough genug
"Das Wichtigste für mich ist, dass der Film seine weiblichen Figuren anständig behandelt – auch wenn der Spion selbst es nicht tut." Ihre erste Maßnahme: Sie spricht konsequent von "Bond Women" und nicht von "Bond Girls" (und auch die PR zum Spektakel vermeidet den Ausdruck auffällig). James Bond darf also weiterhin den harten Kerl geben, aber diesmal trifft er auf Frauen, die nicht gerade auf einen wie ihn gewartet haben: Sie sind selber tough genug. Und dass Waller-Bridge auch das Thriller-Genre beherrscht, hat sie schon in ihrer Erfolgsserie "Killing Eve" bewiesen, in der eine MI6-Agentin eine Serienkillerin jagt, die Leute mit großer Wonne und Kreativität abmurkst. Wenn der 26. Bond am 30.9. endlich ins Kino kommt, ist Phoebe Waller-Bridge schon weitergezogen, um den nächsten Kinosaurier zeitgemäß aussehen zu lassen: Sie spielt eine Hauptrolle im 5. "Indiana Jones" Teil. Noch spannender ist aber der Mega-Deal über diverse Projekte, den sie mit den Amazon Studios abgeschlossen hat. Aktuell schreibt sie dafür an der Serien-Adaption eines weiteren Klassikers: "Mr. und Mrs. Smith". Das weitere Schicksal von Frührentner Bond mag noch in den Sternen stehen. Aber die Zukunft des Streamens heißt definitiv Bridge. Waller-Bridge.
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