Karriere und Arbeit: Diese 15 Bücher haben uns 2022 begeistert

Wie du zu deiner Reise aufbrichst

Nach Sinn suchen gerade alle - Unternehmen, die keine Bewerber:innen mehr bekommen, Arbeitnehmer:innen, die ihre Jobs zu gerne verlassen würden, um etwas Sinnvolles zu tun.  Aber wie geht das eigentlich, dieses Arbeiten mit Sinn? Die Wirtschaftspsychologin und Business-Coachin Juliane Rosier unterstützt vor allem Millenials bei der Karriereplanung. Mit "Du bist der Unterschied - Wie du mit deiner Arbeit die Welt verbesserst" (V&R Self, 322 Seiten, 23,00 €) hat sie eine gut aufgeschriebene Roadmap für Sinnsuchende veröffentlicht, die sowohl klärt, wie es zu der Sinnkrise kommt (unter anderem Bullshit-Jobs in patriarchischen Strukturen) als auch, wie jede/r sie für sich lösen kann. Leser:innen können mit den Zusammenfassungen an den Kapitelenden arbeiten (etwa: Eigne dir die Skills der Zukunft an) oder sich über die großen Fragen der Antwort nähern. Die größte unter ihnen vielleicht: Was haben andere davon, dass es mich gibt?

Bild: Vandenhoeck & Ruprecht

Wie du wieder in deine Kraft findest

Erschöpft uns die fehlende Work-Life-Balance? Oder sind wir im dauerroten Bereich der Anstrengung gelandet? Andreas Salcher, österreichischer Unternehmensberater und Bestsellerautor, antwortet zweimal mit "Nein" und  macht sich zur Aufgabe, schnelle Schlüsse und Überzeugungen zu hinterfragen. In "Die große Erschöpfung - Und die Quellen der Kraft" (edition a, 240 S., 25 €) führt er zunächst aus, warum Gefühle der Erschöpfung und Überforderung immer auch individuell bedingt und ausgeprägt sind. Um dann mit dem Wissen von Experten wie Glücksforscher Mihaly Csikszentmihalyi,  Benediktinermönch David Steindl-Rast und Viktor Frankl Wege aus der Erschöpfungszuständen zu zeigen. Was mich für das Buch einnimmt, ist das Zarte der Gedanken, die Empathie des Autors und die vielen konkreten Ideen, die jede/r nutzen kann, um erschöpfende Tage, Umstände, Jobs zu verbessern, etwa, wie Montage zu den schönsten Wochentagen werden können. Wer mir fehlt: Expertinnen.

Bild: Edition a

Eine kritische Bilanz

Wer über Geld spricht, hat wahrscheinlich keins. Das ist nur eine der vielen genauen Beobachtungen der Journalistin Mareice Kaiser. Sie porträtiert Menschen - darunter den Lieferando-Fahrer António, Armutsbetroffene wie ihre eigene Herkunftsfamilie,  Aufsteiger und Reiche. Und analysiert die allumfassende Durchdringung des Lebens mit Geld. "Wie viel. Was wir mit Geld machen und was Geld mit uns macht" (Rowohlt, 208 S., 17 €) ist ein Wirtschaftsbuch, das klar die Herrschafts- und Machtstrukturen unsere Landes aufzeigt. Und außerdem Karl Marx endlich so erklärt, dass ich es auch verstehe.

Bild: Rowohlt

Mehr als eine Karriereleiter

Wir haben immer noch sehr stereotype Vorstellungen von Unternehmerinnen und Frauen in Führung - größtenteils, wie die "EditionF"-CEO Lana Wittig im Vorspann schreibt, weil wir sie eben nicht aus der Nähe kennen. "Big in Berlin. Die Geschichten von 20 erfolgreichen Frauen aus der Wirtschaft" (Book on Mars, 114 S., 22,50 € ) ändert das. Aus den Porträts der Journalistin Tanja Buntrock entsteht ein Bild, das die Schattenseiten nicht außen vor lässt, aber auch feiert, auf welch unterschiedlichen Wegen die Berliner Frauen in ihre beeindruckenden Positionen gekommen sind.

Bild: Book on Mars

Ihr seid mir wichtig

Ja, gehörige Portion Skepsis vor der Lektüre: Können Väter es nicht einfach tun, das Vater sein? Müssen sie ein Buch schreiben? Über meine inneren Widerstände hat dann Roman Gaida hinweggeschrieben. Gut strukturiert, empathisch und authentisch gibt der Zwillingsvater und Manager Einblicke in die anspruchsvolle Aufgabe, eigene Lösungen für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu finden. In "Working Dad. Vereinbarkeit von aktiver Vaterrolle und Karriere leben" (Campus, 230 S., 24 €) führt er durchs eigene Leben und das weite Feld, das Familien zusammen für sich erschließen müssen, inkl. Mental Load und Lebensphasen-angepasster Karriereplanung. Lieblingstipp: "Sprich auch mal über Vereinbarkeit. Irgendjemand muss damit anfangen. Schneide das Thema im Job, im Sportverein oder in der Bar an. Über Kryptowährungen und Fußball kannst du ja trotzdem noch reden."

Bild: Campus_Verlag

Das wird wichtig

Gäbe es eine Konferenz mit allen Beitragenden dieses Sammelbands, ich würde ohne Zögern buchen: Die Autorin und Innovationsexpertin Deepa Gautam-Nigge hat hier versammelt, was man früher "kluge Köpfe" genannt hätte. Heute würde wohl eher passen: Menschen, ohne deren Ideen, Arbeit und Projekte Deutschland als Wirtschaftsstandort keine Chance haben wird. Denn, das macht Gautam-Nigge, selbst SAP-Managerin und Aufsichtsrätin, klar: Es ist nicht gut bestellt um das Innovationslevel in Deutschland. 

Es geht um Bildung, um Risikofreude, um Technologienähe und Kooperationsbereitschaft.  Letztlich, wie Professor Dr. Martin R. Stuchtey und Dr. Sonja Stuchtey in einem der vielen lesenswerten Beiträge schreiben, ist die Aufgabe: "Wir müssen Wege finden, Innovationen zu beschleunigen, ohne dass unserer gesellschaftlicher Zusammenhalt zerreißt." Das Buch "#Ecosystem Innovation. Mit Innovationen unsere Zukunft sichern" (Haufe, 300 S., 29,95 €) zeigt viele dieser Wege auf. 

Bild: Haufe

Sichtbar werden

Vielleicht hast du auch noch auf deiner To-Do-Liste stehen, dich jetzt endlich um deine Job-Profile zu kümmern. Klar ist: Über XING (knapp 20 Millionen Mitglieder) und LinkedIn (17 Millionen im DACH-Raum) werden inzwischen viele Jobs vergeben, die Sichtbarkeit dort ist wichtig, ein gut geführtes Profil wichtiger als eine Bewerbungsmappe. Karriere-Coachin Silke Grotegut führt in "30 Minuten Karriere machen mit XING, LinkedIn & Co." (Gabal, 96 S., 9,90 €)  super sortiert durch den Prozess von Profil-Optimierung, Keyword-Suche und Content-Produktion. Und aktualisiert auf der Landingpage des Buches die Informationen, wenn sich der Algorithmus der Plattformen stark verändert. Toller Service!

Bild: GABAL Verlag

Sichtbar machen

Allein letzte Woche hatte ich zwei Gespräche, die fast wortgleich die Frage enthielten "Was wollen Frauen denn noch?" Man wird nicht immer "Feministiken. Die Wahrheit über Gleichberechtigung" (dtv, 208 Seiten, 18 €)  für solche Gespräche mit sich herumtragen können, auch wenn ich es für die nächsten Wochen fest vorhabe. Denn Inga Blundell, Mathematikerin und Softwareentwicklerin, und Yvonne Hissel, Journalistin, haben Zahlenmaterial zur Gleichberechtigung zusammengetragen und präsentieren in elf Kapiteln die gut aufbereitete Wahrheit. Etwa, dass es keinen Wirtschaftszweig gibt, in dem Frauen mehr verdienen als Männer. Dass der Anteil männlicher Auszubildender im Pflegebereich bei 22 % liegt, der der Führungspositionen in Pflegeheimen aber bei 61 %. Dass 50 % der Frauen  im MINT-Bereich geschlechtsbezogene Nachteile erfahren. Lesen, ärgern, an der Veränderung arbeiten.

Bild: dtv

Irgendwas geht immer

Fahrräder waschen, virtuelle Assistenz, Hunde ausführen, online unterrichten: Nebeneinkünfte sortieren sich von ganz schnell bis anspruchsvoll. Was sie eint, findet das Autorenduo Christian Schmid und Rubén Alvarez Barrera: Sie geben Freiheit, stabilisieren unsichere Einkommensverhältnisse. In "Feierabendboss" (224 S., redline Verlag, 17 €) erklären die beiden Hosts des "Nein2Five"-Podcasts 33 "Side Hustles" und dazu noch die Grundlagen des Online-Marketings. Lohnt!

Bild: Redline Verlag

Die Reise zum Ich

Was für ein Geschenk, dieses Buch! Bisrat Negassi ist Mode-Designerin und Kunst-Kuratorin. In ihrer Biografie "Ich bin" (268 S., Goldmann, 17 €) blickt sie zurück, auf ihre Kindheit vor dem Krieg in Eritrea, auf ihre Jugend in Hannover und Hamburg nach der Flucht der Familie, auf ihre Ausbildung und ihr (Arbeits-)Leben in Paris und Hamburg. Wie sie dabei Stück für Stück ihre Identität als Künstlerin, Designerin und Mensch erfährt und sich erkämpft, das berührt. Und inspiriert zu der Frage: "Bin ich?"

Bild: Goldmann

Role-Models findet man überall

Dieses Buch wird man natürlich nicht unter Selbsthilfe-Jobliteratur finden, aber ich war so beeindruckt von der Geschichte der deutschen Musikmanagerin Eva Ries. Sie hat den als unmanagbar geltenden Wu-Tang Clan auf Tourneen begleitet, die Gruppe auf dem Weg zu Weltstars geleitet, beraten, beschützt und ab und zu auch beschimpft. "Wu-Tang is forever" (250 S., Benevento, 28 €) ist nicht nur eine Bandbiografie, sondern auch eine ehrliche Bilanz, was es braucht und kostet, als Frau in der Musikindustrie in eine Top-Position zu kommen. 

Bild: Benevento Verlag

Diese Ideenhitparade funktioniert

Bücher mit großen Versprechen lese ich, wie ich Marktschreier anschaue: Sind eure Erdbeeren wirklich so viel besser als die anderen Erdbeeren? Für das lautstarke "Rock your Work. Wie du Leben und Arbeit gestaltest und Freiraum schaffst für Neues" (288 S., 22,99 €) von Speaker und Unternehmer Martin Gaedt gilt vielleicht, dass es mit seiner gut zu konsumierenden Ideensammlung mit Blick für die Bühne geschrieben wurde. Aber das schmälert nicht den positiven Effekt des Buches: Von den 461 Impulsen sind einige schnell umsetzbar, andere gute Denkanstöße, andere ermutigende Erzählungen für eine freundlichere Arbeitswelt.  

Bild: Martin Gaedt

Vom Jetzt für Morgen lernen

"Lydecca" - das sind Lydia Leipert und Rebecca Zöller, oder genauer: So sind die beiden in ihrem Job. Die beiden Journalistinnen arbeiten seit 2017 im Jobsharing als Teamlead im Digitalbereich des Bayerischen Rundfunks. Damals Pionierleistung, heute Vorzeigemodell des "Life-Life-Balance" - die beiden blicken in ihrem Buch "Geteilte Arbeit, doppelt durchstarten. So funktioniert Jobsharing" (Komplett Media, 204 Seiten, 22 € ) auf die absolvierte Strecke, besprechen mit Expert:innen und anderen Jobteiler:innen, warum Jobsharing ein Zukunftsmodell für viele ist. 

Bild: Komplett Media

Vom Gestern fürs Jetzt lernen

"Wenn das, womit sich Frauen beschäftigen, von vornherein nicht als Technologie gilt..." Katrine Marçals Buch "Die Mutter der Erfindung" (Rowohlt, 300 Seiten, 22 €) steckt voller Sätze, die in ihrer Ungeheuerlichkeit nachwirken. Die Schwedin widmet sich der Frage, warum unsere Welt, oder, präziser, unsere Weltsicht sich aufteilt in "männlich, wertvoll" und "weiblich, wenig wert" und zu welchen verheerenden Konsequenzen dies führt - keinesfalls nur, aber eben vor allem für Frauen. Leistungen von Frauen wurden unsichtbar und herabgewürdigt, die Arbeit von Männern überbewertet - diesem Prozess geht die Journalistin konsequent nach, vom Bronzezeitalter bis zur Computerindustrie. Augenöffnend, wütend machend - grandios! 

Bild: Rowohlt

Wie gendert man "man"?

Christine Olderdissen ist die Projektleiterin von Genderleicht, meiner Hauptquelle für Fragen zum Gendern.

Ihr Buch (Duden Verlag, 224 Seiten, 16 €) ist eine umfangreiche, schlaue und freundliche Analyse des weiten Feldes Gendern, auf dem die Emotionen oft stärker diskutiert werden als die Fakten. Und hilfreiches Werkbuch noch dazu.

Oder wüsstest du sofort die Antwort auf die Frage in der Überschrift?

Bild: Duden Verlag