"Mit 53 sieht sie besser aus als je zuvor!": Dass Sängerin Lopez aktuell Werbung für ein großes BH-Label macht, wird im Netz gefeiert. Dabei hat genau das wenig mit einem positiven Verhältnis zum Älterwerden zu tun, findet unsere Autorin.
Vor ein paar Monaten war es Heidi Klum, jetzt ist Jennifer Lopez in Lingerie von Intimissimi zu sehen: Eine Unterwäsche-Werbekampagne dient in der Welt der internationalen A-List-Prominenz offenbar immer noch der ultimativen Beweisführung zur eigenen Sexyness – hey, schaut mal, wie hot ich bin! Vor allem dann, wenn die in BHs abgelichtete Lady die 50 schon überschritten hat.
Genau deshalb sorgen J.Los Lingerie-Fotos im Internet nämlich aktuell für Furore. Also, weil Lopez inzwischen 53 Jahre alt ist und sich "trotzdem" noch leicht bekleidet zeigt – das sorgt für wahre Begeisterungsstürme. "Mit 53 sieht sie besser aus als je zuvor", titelte etwa die deutsche "Vogue", und erklärte in einem etwas langatmigen Artikel, warum "niemand Dessous müheloser tragen" könne als die Sängerin und Schauspielerin.
Photoshop macht's möglich
Ähm, ja. Vielleicht kann sie das ja auch deshalb, weil es Teil ihres Jobs ist, sich unentwegt um ihren Körper zu kümmern, sich zu pflegen und zu hegen. Wer J.Los Netflix-Doku "Halftime" gesehen hat, weiß, wie viel hartes Training hinter ihren Auftritten steckt. Mit einer Mischung aus viel Sport, Beauty-Behandlungen mit Hollywood-Star-Budget, vielleicht ja sogar wirklich "guten Genen", in jedem Fall aber einem ziemlich offensiv eingesetzten Photoshop-Weichzeichner, sieht eine Frau mit 53 auf Unterwäsche-Fotos dann so aus, wie J.Lo aussieht: glatt, faltenfrei, perfekt ausgeleuchtet.
Das kann man gut finden, weil die Kampagne irgendwie trotz aller Retusche dafür steht, Frauen jenseits der 25 in Szene zu setzen.
Was aber wirklich nichts mit einem positiven Verhältnis zum Älterwerden zu tun hat, ist die allgemeine Verwunderung darüber, dass 50-jährige Frauen noch nicht mit halbem Fuß im Altersheim stehen. Wenn es so abgefeiert wird, wie wahnsinnig toll eine Jennifer Lopez "für ihr Alter" noch aussieht, ja, sogar besser als mit 20, dann zeigt das doch nur, wie schwer wir uns noch immer tun mit Frauen über 35. So richtig weiß man nicht, wie man mit ihnen umgehen soll – entweder sie werden bemitleidet, oder sie werden übertrieben dafür gelobt, noch gut in Schuss zu sein.
Mit Sicherheit ist J.Los Unterwäsche-Werbung irgendwie gut gemeint; mit Sicherheit hat sich irgendein Marketing-Team selbst auf die Schulter geklopft für die Entscheidung, eine Frau "mit Lebenserfahrung" zum neuen Testimonial zu machen, das "jedes Topmodel in den Schatten stellt", wie die österreichische Website "Madonna" schreibt. Yeah, total fortschrittlich, oder?
Positive aging? Von wegen!
Doch statt wohlgemeintem Marketing-Empowerment kommt zumindest bei mir nur eine Botschaft an: Das Älterwerden gelingt nur dann, wenn man alles dafür tut, mit 50 genauso auszusehen wie mit 30. Dann ist man als Frau on top of her game, dann ist man schön, sexy, erfolgreich, bewundernswert, eine Frau eben, die im Internet "gefeiert" werden kann.
Ist das das sogenannte "positive aging", von der alle reden, und die dazu beitragen soll, dass man den Stress aus dem Normalsten der Welt rausnimmt, nämlich älter zu werden und das Leben zu leben?
Ich hoffe nicht. Denn ganz ehrlich, der einzige Gedanke, der bei mir beim Blick auf J.Lo kommt, ist folgender: Ich bin 32 Jahre alt – shit, ich muss mich echt ranhalten mit dem Fitness-und Beautyprogramm, wenn ich in 20 Jahren besser aussehen will als jetzt!
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