Ärztin Kristina Hänel war wegen illegaler Werbung zu Schwangerschaftsabbrüchen verurteilt worden. Nun wurde das Urteil gegen sie vom Oberlandesgericht Frankfurt aufgehoben.
Kristina Hänel: Das Urteil ist aufgehoben
Wie am 03.07.2019 berichtet wurde, ist das Urteil gegen die Ärztin aus Gießen aufgehoben. Im November 2017 war Kristina Hänel zu einer Geldstrafe von 6000 Euro verurteilt worden. Hänel hatte auf ihrer Webseite über Schwangerschaftsabbrüche informiert. In der Zwischenzeit wurde der Paragraph 219a, wegen dem Hänel verurteilt wurde, reformiert. Nun entschied das Oberlandesgericht Frankfurt, dass das Verfahren wegen der veränderten Rechtslage neu verhandelt werden müsse.
Kristina Hänel: Frau der Stunde 2019
Im Juni war Kristina Hänel mit dem EMOTION.award 2019 als 'Frau der Stunde' ausgezeichnet worden. Ebenfalls im Juni sprach EMOTION-Chefredakteurin Katarzyna Mol-Wolf in ihrem Podcast "Kasia trifft..." mit der Ärztin über ihren unerschütterlichen Einsatz, dass Frauen über die Möglichkeiten einer Abtreibung adäquat informiert werden.
Emotion.award 2019 – die Ehrung von Kristina Hänel
Es war ein Augenblick, der sicherlich niemanden im Saal kalt ließ. Als die drahtige Frau mit den kurzen Locken auf die Bühne trat und ihren EMOTION.award 2019 von Laudatorin Teresa Bücker entgegennahm, standen nach und nach alle 500 Menschen im Publikum auf und applaudierten. Minutenlang. "Das war ein ganz toller Moment", erzählt sie am Tag nach der Gala in Hamburg im Gespräch mit EMOTION-Gründerin Katarzyna Mol-Wolf. Der Preis bedeute ihr sehr viel. "Jede Ehrung, die ich bekomme, ehrt auch ein Stück weit die betroffenen Frauen."
Die betroffenen Frauen – das sind die vielen Patientinnen, die die Ärztin in den letzten Jahrzehnten aufsuchten und ihre Unterstützung suchten, für eine Prozedur, die sich keine von ihnen je gewünscht hat: eine Abtreibung.
Kristina Hänel ist studierte Allgemeinmedizinerin, doch das Thema Abtreibung wurde zu einem Lebensthema für sie, als sie nach dem Studium bei der Beratungsstelle Pro Familia arbeitete. Dort sei sie mit schlimmen Schicksalen konfrontiert worden, sagt sie im Podcast-Interview.
"Ich habe gemerkt, dass diese Frauen von der Gesellschaft und Medizin verlassen werden. Das habe ich nicht begriffen."
Kristina Hänel, Ärztin und EMOTION-award-Preisträgerin, über den Umgang mit AbtreibungenTweet
Fortan wollte sie sich dafür einsetzen, dass auch die Frauen, die ungewollt schwanger geworden waren, eine adäquate Behandlung bekommen.
Die Debatte um den Paragrafen 219a
Um Frauen in Not die benötigten Informationen zur Verfügung zu stellen, hatte Kristina Hänel auf ihrer Website über ihre Leistungen aufgeklärt. Doch laut Paragraf 219a im Strafgesetzbuch war das verboten, weswegen Kristina Hänel 2017 verklagt wurde und 6.000 Euro Strafe zahlen musste. Erreicht hat sie trotzdem viel: Die Diskussion, die der Fall auslöste, führte dazu, dass die Bundesregierung 2018 den Paragrafen 219a reformierte. Seitdem ist es in Praxen und Kliniken nicht mehr verboten, über Abtreibungen im Leistungskatalog zu informieren.
Hat sie also ihr Ziel erreicht? Im Podcast erklärt die fünffache Großmutter aus Gießen, warum ihr die Änderung des Paragrafen 219a noch nicht reicht und was ihre nächsten Ziele sind. Außerdem spricht sie über den massiven Druck durch Abtreibungsgegner, die ihr Handeln auch schon mit dem Holocaust gleichsetzten.
Ihr wollt Kristina Hänel und ihre Mitstreiterinnen unterstützen?
Auf der Seite Solidarität für Kristina Hänel findet ihr Spendenmöglichkeiten.