Die Generation Z hat viel zu bieten. Digital aufgestellt, aber fokussiert auf eine gesunde Work-Life-Balance. Was die Arbeitswelt von ihnen erwarten kann.
Generation Z – alles anders als früher!
Sie plädieren für U25-Vorstände und wünschen sich einen Job, der so individuell ist wie ihr Social-Media-Stream. Die Generation Z fordert den Arbeitsmarkt heraus – und ist gleichzeitig seine beste Chance.
Der EMOTION Women's Day wurde auf den 19. Oktober 2020 verschoben. Die wichtigsten Fragen und Antworten findest du hier.
Voll entspannt!? Generation Z relaxt am Handy
„Ich glaube, die meisten denken über meine Generation, dass wir viel am Handy sind, dass wir faul sind und hohe Ansprüche haben, also viel verlangen und wenig da für tun wollen“, sagt Marlen Hobelmann. Sie ist 19 und damit eine von 8,7 Millionen Deutschen, die zur Generation Z gehören, 15 bis 25 Jahre alt. Sie will etwas bewegen, sich politisch engagieren, aber wie genau, das weiß sie noch nicht, zu viele Möglichkeiten. So studiert sie im ersten Semester etwas, das sie im Internet recherchiert hat und mit dem man vieles oder nichts wer den kann: International Relations and International Organizations. Nicht in Osnabrück, ihrer Heimat, sondern in Den Haag, ihre Eltern haben sie zu den Informationstagen begleitet. Mehr als die Angst, danach keinen Job zu finden, treibt sie die Sorge um, keinen Job zu finden, der ihr gefällt. Sie ist beides: sich ihrer selbst sicher, aber unsicher, wie sie in die alte Arbeitswelt passt.
Hör rein in die aktuelle Podcastfolge von "Wir arbeiten dran" zu Cross Generational Intelligence:
- Was unterscheidet die Generationen X, Y und Z?
- Wie gehen wir mit Altersdiskriminierung um?
- Was können die Generationen voneinander lernen?
Personaler, lasst euch was einfallen!
Eine Unsicherheit, die viele Personaler*innen teilen. Die haben momentan mit den ersten Bewerbern aus dieser Generation zu tun und somit mit den Anforderungen, die diese mit sich bringen. Denn die Generation Z, sprich die Jahrgänge von 1994 bis 2004, fordert den Arbeitsmarkt auf zweierlei Art: mit ihrem für ältere Generationen oft noch ungewohnten, selbstsicher vorgetragenen Verständnis von Work-Life-Balance und Flexibilität. Und ihrem zu gleich behüteten, sensiblen Wesen, das für einen Markt, der auf die Bewältigung von Herausforderungen ausgerichtet ist, nicht gemacht zu sein scheint.
Sie wollen Herausforderungen. Aber keine Krisen
„Was wird passieren, wenn diese jungen Menschen in die ‚echte Welt‘ eintreten, in der sie viel weniger beschützt werden, aber man viel mehr von ihnen fordert?“, fragte Jonathan Haidt, Sozialpsychologe und Professor für „Ethical Leadership“ an der Stern School of Business der New York University, daher auch kürzlich im Wirtschaftsmagazin „Forbes“. Er bezog sich dabei auf eine Studie, laut der jeder siebte Jugendliche oder junge Erwachsene in den USA mit psychischen Problemen zu kämpfen habe, Angststörungen, Depressionen, selbstverletzendem Verhalten. Die vermutete Ursache: Eltern, die ihre Kinder als einzigartig empfinden, aber auch sehr zerbrechlich. Die versuchen, sie über jede Schwierigkeit hinüberzuheben, jedes mögliche Problem schon vorab von ihnen abzuwenden, und ihnen so nie die Gelegenheit geben, zu scheitern. „Generation snowflake“ nennt die US-Literatur die Generation Z daher auch.
Sicher lässt sich diese US-Studie nicht eins zu eins auf unser Land übertragen, aber die Tendenz ist ähnlich: Die Generation Z ist auch bei uns Gegenwind nicht gewöhnt. „Wir haben das erste Mal eine Generation, die auch selbst keine Gegenbewegung macht, die keine Abnabelungstendenz von ihren Eltern zeigt“, sagt Generationenforscher Rüdiger Maas, der mit seinem Team die GenerationThinking Studie durchgeführt und untersucht hat, welche Werte die Z’ler teilen und was das für die Arbeitswelt bedeutet.
„Die Eltern unterstützen ihre Kinder, sind eher Freunde oder Berater. Das ist für den Nachwuchs natürlich sehr bequem. Aber da durch, dass die Eltern omnipräsent sind, übernehmen sie auch alle Coping-Strategien für ihre Kinder. So lernen diese nicht, sich selbst wieder aufzuraffen. Mit Krisen kommen sie teilweise gar nicht mehr klar."
Rüdiger MaasTweet
Schneller und effizienter als je zuvor – die Skills der Generation Z
Was heißt das für eine Arbeitswelt, die ganz anders tickt als die Generation Z – kompetitiver, herausfordernder, unerbittlicher? Die aber auf eben genau diese Generation angewiesen ist, da sie nicht nur in den USA demnächst 20 Prozent der arbeitenden Bevölkerung ausmachen wird. Die Z’ler haben zudem – allein aufgrund ihres Geburtsjahres – Fähigkeiten, die keine andere Generation vor ihnen hatte. Anders als die Millennials sind sie nicht mit Microsoft Paint und Windows 98 aufgewachsen, sondern mit TikTok, Instagram, Snapchat. Und ihre relativ kurze Aufmerksamkeitsspanne, die sich aus ewigem Scrollen und einer enormen Nachrichtenflut ergibt, kann dazu führen, dass Informationen viel schneller gefiltert werden und so effzienter gearbeitet werden kann.
„Wir, die Generation Z, sind mit Technologie aufgewachsen, wir beherrschen sie aus dem Effeff , wissen mit ihr umzugehen und sie richtig einzusetzen“, sagt auch Rubin Lind. Der 19-Jährige hat mit seiner Unternehmensidee, der Skills4School, einer E-Learning-Plattform, bei den Unternehmern in der TV-Show „Die Höhle der Löwen“ selbstbewusst 700 000 Euro Investitionen eingesammelt. Er wurde 2018 als Gründer des Jahres ausgezeichnet
und hat mit seiner Initiative Gen*ZEO den Top Talents Under 25-Award ins Leben gerufen. Rubin findet es schade, dass seine Generation von Älteren unterschätzt wird. Und er weiß, dass demografischer Wandel und Fachkräftemangel der Generation Z in die Karten spielen werden. Wenn in Politik und Wirtschaft also immer von digitaler Transformation gesprochen wird und darüber, dass man auch junge Menschen erreichen muss, sollte man sich fragen: Wie besser junge Menschen erreichen als mit jungen Menschen?
Titel? Nö! Work-Life-Balance und Flexibilität
Keine Frage, das wird ein Spagat. Zwischen den Vorstellungen von guter Arbeit und dem, was diese Generation selbst leisten kann – und will. Die amerikanische JobPlattform Ripplematch hat kürzlich das analysiert, was sich Zehntausende Collegestudent*innen von ihrem Arbeitgeber wünschen: Während das Prestige des Unternehmens und die Bezahlung hinten rangieren, geht es ihnen um Benefits wie die Möglichkeit zur persönlichen Entwicklung, Work-Life-Balance und Flexibilität. Ist diese Generation es doch gewöhnt, dass sie sich ihr Leben so zurechtbiegen kann, dass es zu ihren Bedürfnissen passt, vom Netflix-Angebot bis zum Social-Media-Feed – und, ja, eben auch ihrem Job.
Alles geht schnell. Bis Ende 30 werden sie 14 Jobs haben
Recherchen zeigen, dass ein Z’ler mit Ende 30 wohl auf locker zehn bis 14 Jobs zurückblicken wird – selbst gewählt. Angereichert mit einem durch von den sie ständig unterstützenden Eltern vermittelten Selbstbewusstsein, führt das dazu, dass sie in Bewerbungsgesprächen deutlich machen: Wir wollen arbeiten, aber nicht um jeden Preis. Heißt: ohne lange Überstunden, aber mit der Möglichkeit, dort zu arbeiten, wo es ihnen passt und wann es ihnen passt. So individuell, dass das bisherige Vorgehen des 'One size fits all' und der noch so geliebten Anwesenheitspflicht in vielen Unternehmen für die Generation Z überhaupt nicht mehr akzeptabel ist. Zudem schwebt ihnen eine Work-LifeSeparation vor, die ihren Namen verdient. Nicht zuletzt aus den Werten, die ihnen die Eltern mitgegeben haben, resultiert ein Neokonventionalismus, der traditionelle Vorstellungen wie die Gründung einer Familie zur obersten Priorität macht.
Was die Generation Z bei aller Flexibilität aber auch braucht: klare Strukturen und Ansagen. „Ich bin auf jeden Fall lernbereit und möchte herausfordernde Aufgaben übernehmen, aber ich finde es wichtig, dass es Ansprechpersonen gibt, die mich leiten“, sagt die 19-jährige Marlen. Die Zeit komplett autonom einteilen? Lieber nicht. Was wohl daran liegt, dass junge Menschen mit dieser frei gestaltbaren Zeitorganisation überfordert sind. Von den Eltern wurden sie von der Schule zum Klavierunterricht zum Fußballtraining zum Reiten und nach Hause gefahren. Von klein auf mit Handys und Tablets ausgestattet, mussten sich viele weitaus weniger selbst organisieren und beschäftigen als noch die Y’ler.
Was bedeutet das nun für die Unternehmen? Sind diese Arbeitnehmer*innen von morgen zwar flexibel, aber wirklich nicht belastbar? Müssen sie besonders geleitet werden?
Gerade die Entwicklung im Job ist für die Z’ler möglicherweise eine größere Herausforderung als noch für andere Generationen. Denn Lernen erfordert Resilienz, besonders während einer langen Ausbildung oder eines Studiums, also langer Lernprozesse ohne schnelle sichtbare Erfolge. Aber vielleicht ist auch ein langer Entwicklungsprozess etwas, das aus dem Arbeitsleben verschwinden wird. Zugunsten schneller agierender, aber weniger tief ausgebildeter Mitarbeiter*innen.
Auch Hauke Schwiezer glaubt, dass Unternehmen, die heute den Wandel der Arbeitswelt und vor allem die digitale Transformation verschlafen, Probleme bekommen werden. Der 42-Jährige ist Mitbegründer und Geschäftsführer von Startup Teens, einer OnlinePlattform, die Jugendlichen unternehmerisches Denken und Handeln beibringt. Er sagt ganz klar: „Wir steuern auf einen Arbeitnehmermarkt zu, und die Unternehmen, die sich gerade in Kultur und Recruiting neu aufstellen, werden die Nase vorn haben. Wir müssen uns also heute radikal ändern, damit wir morgen noch ein Business haben.“
Lies auch: Resilienz fördern mit diesen 7 Tipps
Auf manches lässt sich leicht reagieren. Rüdiger Maas nennt Strategien für Unternehmen: Im Employer Branding gilt es, schnell zu überzeugen, Rekrutierungsprozesse zu beschleunigen, sprich nicht auch noch zum dritten Bewerbungsgespräch einladen. Stellenanzeigen sollten mit weniger als drei Klicks erreichbar sein. Die Unternehmen sollten versiert sein in Social Media und digitale Kompetenz zeigen. Auch die Eltern müssen immer mitgedacht werden, denn die helfen eben oft beim Bewerbungsprozess. Vor allem aber ist wichtig, nicht versehentlich X oder Y anzusprechen, wenn man Z will. Und wenn Zweifel darüber bestehen? Z’ler fragen, was Z’ler wollen. Dafür gibt es heute sogar Agenturen für Personalberatung. Dabei darf und sollte man den jungen Kolleg* innen durchaus klarmachen, wofür das eigene Unternehmen steht – und dass je der seinen Teil dazu beitragen soll. „Leader sollten betonen, das wir alle im selben Boot sitzen“, so Haidt. „Und wir daher alle aufeinander Rücksicht nehmen sollten.“
Dieser Artikel stammt aus der aktuellen WORKING WOMAN – dem Magazin für Frauen, die sich entwickeln wollen. Hier könnt ihr das Heft für 6,90 Euro in unserem Abo-Shop bestellen! Unsere Themen:
- Diese 4 Strategien bringen dir mehr Gehalt
- Besser führen – in Teilzeit, aus der Ferne, als Duo
- Gründen wie ich es will! Erfolgreiche Frauen erzählen
Engagement für Umwelt – das lebt die Generation Z
Wir haben viel zu geben, man muss uns nur lassen“, sagt auch Rubin. „Ein offenes Ohr für meine Generation, das wäre schön. Bei Fridays for Future klappt das schon ganz gut, aber nicht nur für unsere Umwelt, auch für unsere Wirtschaft wäre es nicht schlecht. Wenn ich mir einige Unternehmen an schaue, vor allem den deutschen Mittel stand, dann sehe ich, dass denen Power fehlt. Wenn die sich Leute aus der Generation Z mit ins Boot holen würden, einen U25-Vorstand, könnten die viel effektiver Innovationen schaffen.“ Die erwähnten Klimastreiks beweisen, dass die Generation Z sich – wenn es sie wirklich berührt – sehr gut organisieren kann. Ein kollektives Bewusstsein entwickelt, dass im richtigen Umfeld in Produktivität umgesetzt werden kann. Wenn sie in Teams mit Gleichaltrigen zusammenarbeiten, kann etwas entstehen. Z wie Zukunft ? Eben.
Habt ihr Lust, euch mit uns und anderen Working Women auszutauschen? Diskutiert mit uns in der Facebookgruppe!