Wie wichtig Burn-out-Prävention ist, wissen wir Trotzdem: Viele Unternehmen betreiben bei Burn-out eher Nach- als Vorsorge. Warum eigentlich? Es gibt Maßnahmen, einen Erschöpfungszustand seiner Mitarbeiter von vorneherein zu verhindern.
Burn-out-Prävention: Vorher handeln!
Was ist es, das ein Unternehmen ausmacht? Richtig: die Mitarbeiter, oder wirtschaftlicher ausgedrückt, das Human-Kapital. Menschen sind die wichtigste Ressource, die eine Firma hat. Viele Unternehmen haben das inzwischen verstanden, fangen an, mehr an ihre Mitarbeiter zu denken. Trotzdem gibt es insgesamt in unserer Gesellschaft immer mehr Fälle von (vermeintlichem) Burn-out.
Das führt dazu, dass Unternehmen im Nachhinein viel Geld, Zeit und Arbeitskraft investieren (müssen). Beispielsweise in Gesundheitsmanagement, Coaching oder die Suche und Einarbeitung neuer Mitarbeiter als Ersatz für diejenigen, die wegen Überforderung oder Erschöpfung gegangen oder ausgefallen sind.
Als einer der ersten hat Psychologe und Berater Markus Väth dieses Problem erkannt und ist den Unternehmen schon 2011 mit seinem Buch "Feierabend hab ich, wenn ich tot bin" auf die Füße getreten. Er macht die moderne Leistungsgesellschaft für die steigende Anzahl von vermeintlichen Burnout-Fällen verantwortlich. Sein Ziel ist es, das Phänomen Burnout mehr auf struktureller Unternehmensebene anzugehen und weniger als individuelles Problem zu behandeln. Seine Botschaft lautet: Prävention statt Nachsorge zu betreiben, da letztere lediglich die boomende Burnout-Industrie unterstützt, die vor allem von Gesundheits- und Therapieangeboten lebt.
Doch womit genau kann Burn-out präventiv bekämpft werden? Fünf praktische Tipps, von denen sowohl Unternehmen als auch Mitarbeiter profitieren werden – und das langfristig:
1. Multitasking abschaffen
Obwohl es wissenschaftlich erwiesen ist, dass das menschliche Gehirn nicht dafür gemacht ist wie ein Computer mehrere Dinge gleichzeitig zu erledigen, und Multitasking die Produktivität und Kreativität eines Menschen hemmt, wird es als Mitarbeiterkompetenz meist wie selbstverständlich vorausgesetzt. Aber Menschen lassen sich nicht maschinisieren. Zu viele Dinge gleichzeitig erledigen zu müssen, endet schnell in Überforderung und führt über kurz oder lang zu Fehlern. Ein Unternehmen hat also langfristig betrachtet viel mehr davon, Multitasking zugunsten des Singletaskings aufzugeben. Es sollte außerdem akzeptieren, dass der Mitarbeiter nun einmal keine Maschine ist und daher nur eine Aufgabe nach der anderen erledigen kann.
2. Zeitmanagement überdenken
Auch der Zeitfaktor spielt bei der Überforderung des Arbeitnehmers eine zentrale Rolle. Wie häufig hört man als Mitarbeiter die Frage: "Wie lange brauchst du dafür?" oder gleich die Ansage "Ich benötige das in einer halben Stunde." Kurz: Sätze von Vorgesetzten oder Kollegen, die sofort Druck erzeugen. Dabei lassen sich viele Aufgaben schlicht und ergreifend nicht in ein festes Schema aus Minuten, Stunden oder Tagen pressen – zumindest nicht, wenn ein gutes Ergebnis erwartet wird. Natürlich gibt es Deadlines, an die man sich halten muss. Aber die sollten möglichst realistisch sein. Daher ist ein gut durchdachtes Zeit-, Aufgaben- und Prioritätenmanagement für Unternehmen unabdingbar, um den Mitarbeitern Raum zu lassen, ihre Aufgaben angemessen und möglichst stressfrei zu erledigen. Dazu gehört in unserer schnelllebigen Welt, die nach dem Motto "höher, schneller, weiter" agiert, neben ausreichenden Ruhepausen auch insgesamt eine Entschleunigung von Arbeitsprozessen.
3. Informationsflut bremsen
Die moderne Technik ermöglicht uns, schnell und unkompliziert miteinander in Kontakt zu treten, woraus schnell ein Informations-Overload entsteht. Noch dazu sorgt der "Arbeitstrichter" der modernen Arbeitswelt dafür, dass immer mehr Arbeit da ist als realistisch zu bewältigen ist. Diesen Prozessen durch gutes Informationsmanagement entgegenzuwirken, ist Aufgabe des Unternehmens. Das kann in der Praxis durch gezielte Schulungen der Mitarbeiter in Sachen Informationstechnologie, Medienmanagement und Kommunikation sowie wiederum Entzerrung der Aufgaben funktionieren. Ansonsten drohen sie schnell in einer Flut aus E-Mails und Arbeitsaufträgen zu ertrinken. "Im ersten Stock ist noch Kuchen da" ist vielleicht eine gute und auch willkommene Information, aber nicht, wenn sie an einen Verteiler von 4000 Leuten geht, von denen 2000 gerade gar nicht oder in einer anderen Stadt arbeiten.
4. Implizite Werte hinterfragen
"Vor 20 Uhr geht niemand nach Hause, egal wie früh er angefangen hat oder wie viel er zu tun hat" – solche oder ähnliche Regeln und Werte kursieren unausgesprochen in fast jedem Unternehmen. Sie betreffen Dinge wie Verfügbarkeit, Rollenverständnis und Arbeitsleistung, setzen den Mitarbeiter unnötig unter Druck und verstärken damit das Risiko eines Burn-outs. Hier ist Offenheit von Unternehmensseite aus gefragt. Es gilt solche impliziten Regeln zu erkennen, offen zu legen, auf Notwendigkeit zu prüfen und gegebenenfalls neu festzulegen.
5. Grenzen zwischen Privatleben und Beruf akzeptieren
So vereinfacht die Kommunikation durch die schönen und praktischen Technologien heute auch ist: Ständige Erreichbarkeit kann und darf von keinem Arbeitnehmer erwartet werden – auch nicht implizit. Dass das Unternehmen die Privatsphäre seiner Mitarbeiter akzeptiert, kann auch durch klare Regeln zum Ausdruck gebracht werden, wie zum Beispiel "Im Urlaub wird nicht gearbeitet." Irgendwann ist einfach mal Feierabend.