Wenn Eltern zu Hilfslehrern werden: Journalistin und Autorin Anke Willers erzählt im Podcast-Interview von utopischen Erwartungen an Eltern und wie das Schulsystem die klassische Rollenverteilung zementiert
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"Ich bekomme auch bald einen Lagerkoller hier zu Hause", sagt Anke Willers über die aktuelle Lage. Während der Podcast-Aufzeichnung sitzt die Journalistin und leitende Redakteurin der Familienredaktion bei Gruner + Jahr mit ihren Töchtern und ihrem Mann in München. Aber über eines ist Anke ist froh: dass sie keine Schulkinder mehr hat.
"Geht es dir gut oder hast du Kinder in der Schule?" heißt Anke Willers' Buch, das im vergangenen Jahr bei Heyne erschienen ist. Darin verarbeitet sie ihre Erfahrungen als Mutter zweier Schulkinder. Sie sagt, mit ihren Kindern sei sie selbst zum zweiten Mal eingeschult worden. War das wirklich so schlimm? Ja, denn sie musste damals auch Hilfslehrerin sein, Tutorin und Coach. So würde es von den Eltern oft erwartet, es gebe ein "Wettrüsten in der Elternschaft" und utopische Erwartungshaltungen der Schulen.
Ich hatte das Gefühl, eine gute Mutter fühle sich verantwortlich für den Bildungserfolg ihrer Kinder und die Noten meiner Kinder würden auch meine Erziehung bewerten.
Anke Willers im Podcast #kasiatrifftTweet
Das Lernen könne zwischen Eltern und Kindern sehr viel kaputt machen, weil sie zu emotional involviert seien. Man komme psychisch und in der Kommunikationsfähigkeit an eine Grenze, aber irgendwann eben auch fachlich. "Natürlich sind Eltern auch dafür da, ihren Kindern etwas beizubringen, aber nicht die Vektorrechnung."
Der Konflikt Familie und Berufstätigkeit sei in dieser Zeit enorm gewachsen. Es hieß: "Man darf so lange nebenbei arbeiten, wie die Kinder gut in der Schule sind. Dann heißt es, die Mutter arbeitet zu viel, sie kocht zu wenig, sie guckt zu wenig nach der Handynutzung..." Mit Kasia spricht Anke Willers deshalb auch über Vereinbarung, Gleichberechtigung, utopische Erwartungshaltungen und wie Frauen oft ihre Qualifikationen abgesprochen werden, wenn sie Mutter werden.
Die deutsche Schulkultur zementiert die Rollenverteilung und hemmt die Emanzipation.
Anke Willers im Podcast #kasiatrifftTweet
Sie überlegt, wie die Ansprüche mit den Generationen zu wachsen scheinen und dass noch immer Vorbilder fehlen: "Für viele gibt es heute nichts anderes als Gymnasium." Es gebe nun eben viele verschiedene Wege und die verliefen nicht immer geradlinig. Deshalb wünscht sie sich Veränderungen im deutschen Schulsystem, auch, was Föderalismus und Digitalisierung betrifft.
Das Thema war selten so präsent wie heute, denn für Familien hat sich in den vergangenen Wochen einiges verändert. In dieser Folge geht es deshalb auch um Homeschooling während der Schulschließungen und die Vor- und Nachteile des Homeoffice.
Von Lehrern wird heute erwartet, auch zu erziehen, von Eltern wird erwartet, Schulstoff durchzunehmen. Jeder hat das Gefühl, der andere pfuscht ihm rein. Da entstehen Fronten, die natürlich überhaupt nicht förderlich sind für die Entwicklung des Kindes.
Anke Willers im Podcast #kasiatrifftTweet
Außerdem hört ihr von Anke Willers
- wie sich Schulsystem und Ansprüche verändert haben, seit sie selbst zur Schule gegangen ist
- was ihre Töchter heute sagen und wie es ihr Verhältnis zu ihnen beeinflusst hat
- was sie sich vom deutschen Schulsystem wünscht und was sie vom Föderalismus hält
- was Schulbetreuung mit Gleichberechtigung zu tun hat
- was ihre Learnings sind aus dem Lernen mit Kindern
- was wir jetzt tun sollten, damit weder Eltern noch Kinder beim Homeschooling verrückt werden