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Kasia spricht Klartext: "Ich lerne, mir helfen zu lassen"

18.07.2023
Kasia Mol-Wolf

Unsere Verlegerin stand schon immer gern auf eigenen zwei Füßen. Als einer eine Weile in der Schwebe war, hat sie erlebt, wie gut es tut, Hilfe anzunehmen.

Meine Mutter ist sehr unabhängig. Sie hat mir zwei Dinge so konsequent vorgelebt, dass sie mir in Fleisch und Blut übergegangen sind: Ob ich mich nach einem Schicksalsschlag oder einer Niederlage geschlagen gebe oder wieder aufstehe, habe ich in der Hand. Ich bin selbst die Lösung für Herausforderungen, die mir mein Leben stellt und stellen wird. Ist nicht so, dass ich mir nicht manchmal gern leidtun würde, die Krisen unserer Zeit haben wir deutlich im Verlag gespürt. Aber immer, wenn sich Gedanken anschleichen, wie: "Warum auch das noch?" – schaltet etwas in mir um. In meinem Innern geht dann eine Warnleuchte an, die ein Signal an mein Gehirn sendet, das sofort in den gewohnten Lösungsmechanismus springt.

Das andere, was ich von meiner Mutter gelernt habe: nie von jemandem abhängig zu sein – ob finanziell, emotional oder wie auch immer, sondern "meine Frau" zu stehen. Sie musste das selbst früh lernen und hat es mir unbewusst wie bewusst übertragen. Wie krass ich das verinnerlicht habe, wurde mir vor ein paar Jahren bewusst, als ich in einem Gespräch mit meinem Mann merkte, wie selbstverständlich ich davon ausging, allein für unsere Familie zu sorgen. Heute bin ich glücklich, einen Mann an meiner Seite zu haben, der sich selbst verantwortlich für uns fühlt. Gemeinsam ist vieles leichter. Inzwischen kann ich mich auch mal einladen lassen und entspannt Danke sagen, statt gleich alles beim nächsten Mal aufwiegen zu wollen.

Trotzdem ist es für mich nicht leicht zu lernen, Hilfe anzunehmen. Gerade muss ich zur Physiotherapie. Meine Therapeutin sagt, eine Bewegung ist im Gehirn verewigt, wenn ich sie 10.000-mal gemacht habe. Sie hilft mir mein Knie nach meinem Skiunfall und der OP neu zu trainieren. Und ich merke, genau, wie ich 10-mal, 100-mal, 10.000-mal lernen muss, mein Knie flüssig zu bewegen, muss ich 10-mal, 100-mal, 10.000-mal lernen: Es ist okay, mir bei vielen Dingen helfen zu lassen.

Es bereitet mir Freude, Menschen miteinander zu vernetzen, ihre Pläne zu unterstützen. Doch zu spüren, es ist auch völlig okay, selbst um Hilfe zu bitten oder diese einzufordern, tut gut. Ich weiß, dass ich ein sehr starkes Netzwerk habe. Ich weiß, auf wen ich mich verlassen kann, was alles möglich wird, wenn ich mein Netzwerk für mich aktiviere – das macht mich sehr glücklich, vor allem auch sehr dankbar. Denn selbst wenn wir alles allein schaffen wollen, uns überzeugen, dass wir es können, ist es schön, wenn wir es nicht müssen. Wenn wir merken, dass wir Menschen an der Seite haben, die es uns auch mal leichter machen möchten. Ich weiß heute, dass es mich nicht schwächer macht, um Hilfe zu bitten, sondern dass das für beide Seiten eine Bereicherung sein kann. Dass, um Hilfe zu fragen immer auch die Chance birgt herauszufinden, wer mich wirklich meint und da ist, wenn ich ihn mal brauche. Allen, die mich und uns in den letzten Jahren unterstützt haben, möchte ich hier noch einmal Danke sagen!

Und an dieser Stelle übe ich gleich weiter, um Hilfe zu bitten: Denn mit EMOTION möchten wir Frauen auf ihrem Weg unterstützen. Das machen wir einmal im Jahr in einem ganz besonderen Rahmen, mit dem EMOTION.award. Ich würde mich sehr freuen, wenn ihr uns helft, die Nominierten in die Öffentlichkeit zu bringen, und wenn ihr für eure Gewinnerinnen 2023 abstimmt!

Dieser Artikel erschien zuerst in EMOTION 8/9/23.


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