In der indischen Provinz Jharkhand sieht die Zukunft für Mädchen nicht gut aus: 60 Prozent werden als Kinder verheiratet, sexuelle Gewalt ist weitverbreitet. Das Schulprogramm "Yuwa", gerade mit dem Laureus-Award ausgezeichnet, lehrt Mädchen Fußball spielen – und für sich selbst zu kämpfen
Das Yuwa-Projekt
Der Tag in Jharkhand beginnt früh, und er beginnt auf dem Platz, jedenfalls wenn man eins der Mädchen ist, die Glück haben und einen Platz im "Yuwa"-Projekt erhalten haben: Schon frühmorgens sind sie hellwach beim Training und kicken, als ginge es um ihr Leben. Und das tut es auch.
Dass junge Mädchen im Morgengrauen unbeschwert Fußball spielen, ist keine Selbstverständlichkeit in dem nordindischen Bundesstaat mit fast 33 Millionen Menschen, drei Viertel davon in Dörfern. Gerade in den ländlichen Gegenden haben Mädchen es sehr schwer. Viele Familien sind arm, Töchter gelten meist als finanzielle Bürde, die es möglichst schnell zu verheiraten gilt. Mädchen und Frauen bleibt kaum eine andere Perspektive als die Ehe: 60 Prozent werden schon im Kindesalter verheiratet. Fast logisch, dass 45 Prozent der weiblichen Bevölkerung Analphabetinnen sind, nur jedes zweite Mädchen eine Schule besucht und viele sexueller Gewalt ausgesetzt sind. Die Lebensumstände für Mädchen zu verbessern, indem man ihnen durch ein Sport- und Bildungsprogramm endlich ein starkes Selbstwertgefühl vermittelt: Mit diesem Ziel ist Yuwa (das Hindi-Wort für "Jugend") vor genau zehn Jahren angetreten – und hat es geschafft, auch eine gesellschaftliche Veränderung anzustoßen, von der langfristig alle profitieren werden.
Für diesen Erfolg ist Yuwa gerade mit dem "Sport for Good"- Preis im Rahmen der Laureus World Sports Awards ausgezeichnet worden. Ich bin zur Preisverleihung nach Monaco gefahren, weil ich hier nicht nur die US-Amerikanerin Rose Thomson Gastler treffen kann, die die zum Projekt gehörige Schule leitet – sondern auch Radha und Konika, zwei von 95 Mädchen, die dank Yuwa eine englischsprachige Schulausbildung bekommen, die sich ihre Familien sonst nicht hätte leisten können.
Selbstverständlich stehen die beiden Mädchen auch jeden Morgen auf dem Fußballplatz. Das tägliche Training schweißt die Yuwa-Girls zusammen und bestärkt sie, nicht nur im Sport Initiative und Mannschaftsgeist zu zeigen. "Das Leben der Mädchen in Jharkhand unterscheidet sich so sehr von dem der Jungs", erzählt mir Rose Thomson Gastler, deren Ehemann Franz Gastler – ein NGO-Berater und Sportlehrer – Yuwa 2009 gegründet hat, um etwas gegen die ungleiche Chancenverteilung zwischen Jungs und Mädchen zu tun.
"Mich überzeugt besonders, dass die Mädchen die treibende Kraft bei Yuwa sind. Das Programm wird ihnen nicht von außen aufgedrückt, sie sind aktiv bei allen Entscheidungen eingebunden und gestalten mit."
So bekommen die Mädchen ein Gefühl dafür, welche Fähigkeiten sie besitzen und dass sie in der Lage sind, ihr Leben aktiv in die Hand nehmen zu können. Am Beispiel von Konika und Radha kann man gut erkennen, welchen Unterschied diese Selbstbefähigung machen kann. Durch die regelmäßig stattfindenden Fußballturniere haben sie die Gelegenheit, aus ihrem Dorf herauszukommen und andere Orte kennenzulernen, mittlerweile waren sie schon in den USA und jetzt eben auch in Europa. Noch wichtiger ist, dass Yuwa ihnen die Gelegenheit gibt, als Fußballtrainerinnen zu arbeiten – und so eigenes Geld zu verdienen.
Konkreter Erfolg: Seit Konika für ihren Lebensunterhalt aufkommen kann, reden ihre Eltern nicht mehr davon, sie unbedingt schnell verheiraten zu müssen. Radhas großer Traum ist es, Stewardess zu werden: "Ich möchte die Welt bereisen, andere Menschen und Kulturen kennenlernen." Konika will später selbst ein soziales Projekt in ihrer Heimat starten, das den Menschen weiterhilft. Einen Rat für andere Mädchen hat sie jetzt schon: "Wenn ihr etwas wollt, dann steht auf und kämpft für eure Rechte. Ein Mädchen allein kann vielleicht nichts ändern. Aber eine Gruppe von Mädchen kann gemeinsam alles ändern."
So kannst du Yuwa unterstützen
Das Yuwa-Programm bietet aktuell 450 Kindern die Möglichkeit eines regelmäßigen Fußballtrainings, 90 Prozent davon sind Mädchen. Etwa 100 besuchen die Yuwa-Schule. Um mehr Mädchen eine Schulausbildung zu ermöglichen, soll nun ein größerer Campus gebaut werden.
Spenden kannst du direkt auf der Website: yuwa-india.org