Immer noch fällt die Rente von Frauen im Schnitt weit geringer aus als die von Männern. Die Lücke entsteht im Laufe des Erwerbslebens, bleibt aber häufig unerkannt. Wie du sie aufspürst – und stopfst!
Dass Frauen im Vergleich zu Männern im Schnitt immer noch viel weniger Geld im Alter zur Verfügung haben und die Gefahr, in die Altersarmut abzurutschen, bei ihnen viel größer ist als bei Männern, ist bekannt. Dennoch passiert es, dass sich im Laufe des Berufslebens eine Vorsorgelücke auftut und immer größer wird – im Ausmaß unbemerkt von den Betroffenen. Viel zu selten wird dabei mitgedacht, dass nicht nur Einkommenslücken entstehen, sondern auch Einbußen bei der Altersvorsorge.
49 Prozent
So groß fällt die Rentenlücke aus, also der Abstand zwischen den Alterseinkünften von Frauen und Männern. Für die Berechnung dieser sogenannten Alterssicherungseinkommen werden die gesetzliche Rente, Betriebsrenten und private Absicherungen wie Geldanlagen und private Altersvorsorge zusammengezählt. Schaut man sich den Verlauf der Grafik an, ist der Gender Pension Gap in Deutschland zwar zuletzt geschrumpft auf eben diese 49 Prozent im Jahr 2019. 2007 fiel die Lücke mit 59 Prozent noch größer aus. Dennoch liegt Deutschland im OECD-Vergleich damit heute noch auf dem letzten Platz: Nirgends fällt die Kluft zwischen den Geschlechtern so groß aus wie hierzulande.
Wie kommt es zu dieser Ungerechtigkeit?
Zum einen arbeiten Frauen häufiger in Berufen, die mit dem Mindestlohn bezahlt werden, als Männer. Aus einer Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts der Hans Böckler Stiftung geht hervor, dass einer der größten Risikofaktoren, um geringfügig entlohnt zu werden, das weibliche Geschlecht ist. Denn viele Berufe, die traditionell häufiger von Frauen ausgeübt werden, sind dem Mindestlohnsektor zuzuordnen: zum Beispiel Friseur:innen, Bäckereifachverkäufer:innen oder Florist:innen. Und: Wer wenig verdient, zahlt wenig in die Rentenkasse und bekommt im Ruhestand wenig ausgezahlt.
Aber auch die Teilzeitquote zeigt deutlich, wie viel mehr Frauen zurückstecken: 66 Prozent der erwerbstätigen Frauen mit minderjährigen Kindern haben im Jahr 2019 in Teilzeit gearbeitet, bei Männern waren es nur sieben Prozent. Diese Zahlen findest du hier beim Statistischen Bundesamt.
Mit der Anzahl der Kinder wird die Rentenlücke größer. Das geht zum Beispiel aus diesem Bericht hervor. Wenn ein Elternteil für den Nachwuchs zu Hause bleibt, hat er oder sie damit Nachteile im Alter. Da hilft es auch nichts, wenn sich beide auf ein gemeinsames Finanzsystem einigen. Wenn sie verabreden, das zum Beispiel das Elternteil, das zuhause bleibt, einen gleich hohen Teil des Gehalts des Vollzeitarbeitenden erhält. Nein, hier geht es neben Einkommenseinbußen auch um Altersvorsorge, die nicht betrieben wird.
Was für die Rente tun
Denn während der Elternzeit zahlt man nicht in die Rentenversicherung ein. Die Entgeltpunkte, die man für diese Erziehungszeiten erhält, sind nur ein ganz schwacher Trost und in jedem Fall kein Ausgleich. Diese Punkte werden auf Basis des bundesweiten Durchschnittsgehalts ermittelt. Doch in vielen Fällen würde der eigentliche Job eine höhere Rente abwerfen. Hier entsteht eine Lücke, die häufig aus dem Blick gerät.
Wie stopfe ich denn jetzt die Vorsorgelücke?
"Darüber reden – gerne früh, bevor die konkrete Familienplanung losgeht!", sagt Andrea Fernandez, die Gründerin der Frauen-Finanzapp Vitamin. In der Kommunikation und der anschließenden (gemeinsamen!) Planung liegt der Schlüssel. "Auf welche Rentenanteile verzichte ich, während ich mich um unsere Familie kümmere? Wie schlägt sich das in meiner Rente nieder? Ist mein Partner bereit, diese Lücke aus der Familienkasse auszugleichen? Das alles sind Fragen, auf die es rechtzeitig Antworten zu finden gilt", sagt die Finanzexpertin.
Bei der deutschen Rentenversicherung kannst du in einem Rentenrechner die zu erwartenden Beträge ermitteln. Bist du dir deines persönlichen Gender Pension Gaps bewusst, kannst du passende Ausgleichsinstrumente wählen und die Lücke bestmöglich stopfen. "Wenn ein Elternteil während der Elternzeit nicht arbeitet, ist zum Beispiel ein Depot auf den Namen des oder der Partner:in gut", rät die Finanzexpertin Regina Vossen vom Verein FinanzFachFrauen. Während der Elternzeit kann darauf dann vom Hauptverdiener eingezahlt werden. Doch auch Alleinerziehende müssen vorsorgen, damit später nicht die Altersarmut droht.
Investieren, nicht nur sparen
Die Expertin betont, dass es wichtig ist, nicht einfach zu sparen, sondern unbedingt zu investieren! Denn wenn du heute monatlich 100 Euro auf ein Konto legst, wächst die Summe zwar über die Jahre an – aber dieses Geld hat in 20 oder 30 Jahren, wenn du es für deine Rente brauchst, erheblich an Wert eingebüßt. Das liegt an der Inflation, die im Moment gerade sehr kräftig ausfällt, aber auch in eher ruhigen Zeiten an unseren Ersparnissen nagt. Ob ETFs, Aktien oder andere Anlagen: Wichtig ist eine langfristige Finanzstrategie, damit im Alter ein Polster da ist, das dir Unabhängigkeit garantiert!
Wie viel braucht es, um die Vorsorgelücke zu schließen?
Doch in welcher Höhe sollte monatlich Geld investiert werden, damit die Rentenlücke während der Elternzeit gar nicht erst aufreißt? Finanzexpertin Andrea Fernandez rät zu pragmatischem Vorgehen: Am besten schaust du einmal auf die letzte Gehaltsabrechnung und auf die Höhe des Rentenversicherungsbeitrags, den du monatlich vom Gehalt in die gesetzliche Rente eingezahlt hast. "Das ist die Summe, auf die du monatlich während deiner Elternzeit verzichten wirst. Also multipliziest du diesen Betrag mit der Anzahl deiner Elternzeitmonate und erhältst die Summe, die du nun zum Ausgleich investieren solltest."
Ganz ähnlich funktioniert die Berechnung für alle, die nach der Babypause in Teilzeit weiterarbeiten. Über den Vergleich mit der letzten Vollzeit-Gehaltsabrechnung lässt sich die Differenz der Beträge ermitteln, die in die Rentenversicherung fließen. Eben diese Differenz sollte vom Familienkonto nach Möglichkeit weiter in den eigenen Sparplan investiert werden.
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