Gender Pay Gap 2022: Der Gender Pay Gap liegt in Deutschland bei 18 Prozent, Männer verdienen im Schnitt 1192 Euro mehr pro Monat. Wie erheblich die Differenzen sind und warum das so ist, erklären wir hier.
Gender Pay Gap: Frauen verdienen weniger
Frauen gehen wählen, sie können straffrei abtreiben, ein eigenes Bankkonto eröffnen und einen selbstgewählten Beruf ergreifen: Viele Errungenschaften aus dem Kampf der letzten 100 Jahre für die Gleichberechtigung sind heute selbstverständlich. Doch das Ziel der vollkommenen Gleichberechtigung liegt nach wie vor in weiter Ferne. Ein Grund dafür: Frauen verdienen in Deutschland immer noch deutlich weniger als Männer. Der Gender Pay Gap beschreibt den Lohnunterschied zwischen Männern und Frauen. In den letzten Jahren ist die Lücke sogar noch weiter gestiegen, wie jüngste Zahlen des Statistischen Bundesamtes zeigen. Demnach verdienten Männer zuletzt im Schnitt 1192 Euro mehr Bruttogehalt im Monat als Frauen. Die Differenz ist damit innerhalb von vier Jahren um vier Euro gewachsen.
Die aktuellen Zahlen zum Gender Pay Gap 2022:
- Verdienstunterschiede Mann > Frau: 18%
- Männer verdienen in Deutschland durchschnittlich 1.192 Euro brutto mehr im Monat als Frauen
- Der Verdienstunterschied zwischen Männern und Frauen ist in Westdeutschland mehr als dreimal so hoch wie in Ostdeutschland
Gender Pay Gap: Unterschiede bei Spitzenverdienern besonders hoch
Die Gehaltsunterschiede zwischen Männern und Frauen werden vor allem bei den Topverdienern sichtbar: In Deutschland verdienen etwa 3,9 Millionen Menschen monatlich 5100 Euro brutto oder mehr. Davon sind 3,12 Millionen Männer – und nur 802.000 Frauen. Das heißt: Der Männeranteil liegt hier bei 79,5 Prozent.
Bei den Spitzenverdienern, die monatlich also 12.100 Euro brutto oder mehr beziehen, ist der Männeranteil sogar noch höher und liegt bei 87,3 Prozent.
In den niedrigeren Einkommensgruppen (weniger als 2766 Euro monatlich) sind Frauen dahingegen überrepräsentiert: 60,1 Prozent aller Niedrigverdiener in Deutschland sind weiblich.
Pay Gap: Deutschland ganz hinten im EU-Vergleich
Schlusslicht Deutschland: Mit seinem Gender Pay Gap-Wert liegt Deutschland laut statistischem Bundesamt trotz minimalem Fortschritts in der EU sehr weit hinten. Nur in Estland und Tschechien verdienen Frauen im Vergleich zu Männern noch schlechter. Am besten schneiden Rumänien und Italien mit einem Gender Pay Gap von 5 % ab, dicht gefolgt von Luxemburg und Belgien mit 6 %.
Je höher die Gleichstellung, desto höher der Wohlstand
Dass Deutschland in Sachen Equal Pay so weit abgeschlagen ist, verwundert. Denn grundsätzlich gilt: Je höher die Gleichstellung eines Landes, desto höher ist auch der Wohlstand. Obwohl Deutschland eines der höheren Pro-Kopf-Einkommen in der EU hat, haben wir in Sachen Lohngleichheit eindeutig das Nachsehen.
Bereinigter Gender Pay Gap: Berechnung mit anderen Vergleichsgrößen
Nimmt man Faktoren wie Berufswahl, Qualifikation, Bildungsstand, Branche, Arbeitserfahrung und Arbeitsumfang aus der Berechnung heraus, dann ergibt sich immer noch ein Wert von 6 % (bereinigter Gender Pay Gap). Diese 6 % geben u. a. das an, was tatsächlich auf die Lohndiskriminierung, also die schlechtere Bezahlung von Frauen durch den Arbeitgeber, zurückzuführen ist.
Gender Pay Gap: Was sind die Gründe?
Antworten auf die Frage, weshalb Frauen in Deutschland im Durchschnitt immer noch deutlich weniger verdienen, findet man in den gesellschaftlichen Vorstellungen des Landes und wie diese sich konkret auswirken:
- Frauen arbeiten häufiger in Branchen mit geringerem Lohnniveau. Sie sind öfter in Bereichen wie der Kinder- und Krankenpflege, Geburtshilfe, Kindererziehung, dem Friseurhandwerk oder dem Einzelhandel beschäftigt. Und Frauendomänen sind im Schnitt schlechter bezahlt als Männerdomänen. Das zeigt sich auch daran, dass Frauen, die in eher von Männern dominierten Branchen arbeiten, keinem so hohen Gender Pay Gap unterliegen (dort liegt der Unterschied nur bei 13 %).
- Frauen leisten mehr unbezahlte Care-Arbeit: Sie kümmern sich öfter um die Erziehung der Kinder und Pflege von Eltern oder anderen Verwandten, erledigen mehr Sachen im Haushalt. Diese Tätigkeiten bedeuten für Frauen kein Einkommen und keine Sicherheit.
- Frauen arbeiten öfter in Teilzeit als Männer. Wenn die Kinder in Kita oder Schule sind, beginnen Frauen etwas "dazuzuverdienen" (das so genannte "Zuverdienermodell"). Das Haupteinkommen bleibt beim Mann und ist in der Summe mehr. Außerdem werden Frauen vom deutschen Steuerrecht geradezu bestärkt, Geringverdiener zu sein. Denn es gibt durch das Ehegattensplitting steuerliche Vorteile, wenn Frauen in Mini-Jobs arbeiten.
- Frauen arbeiten sehr viel seltener in Führungspositionen als Männer. Laut Allbright-Stiftung sind 9,3 Prozent der Vorstände von börsennotierten Unternehmen in Deutschland weiblich. Auch in der Wissenschaft sind Frauen immer noch unterrepäsentiert: Drei Viertel aller Universitäten werden von Männern geleitet (hier mehr zum sogenannten "Matilda-Effekt").
Maßnahmen zur Angleichung des Gender Pay Gap
Verschiedene Aktionen und Maßnahmen versuchen, die Aufmerksamkeit auf die Benachteiligung der Frauen bei Durchschnittslöhnen zu lenken.
Für gleiche Bezahlung: Der Equal Pay Day
Der Equal Pay Day ist in diesem Jahr am 7. März 2022. Der Tag soll auf die ungleiche Bezahlung von Frauen und Männern aufmerksam machen. Bis zu diesem Tag arbeiten Frauen nämlich umsonst - wenn man es mit dem Jahreseinkommen von Männern vergleicht. Bis zu diesem Tag sind nämlich 18% des Jahres um.
Das erste Mal fand der Equal Pay Day in Deutschland im Jahr 2008 statt - damals noch am 15. April. Eine kleine Verbesserung gab es also in den letzten Jahren. Das Statistische Bundesamt meldet 2021: Der Gender Pay Gap hat sich ein Stück weit geschlossen – nämlich auf 18% – und deshalb wurde der Equal Pay Day auf den 7. März 2022 vorverlegt!
Gender Pay Gap 2021 – Aktion trotz Corona!
In diesem Jahr finden natürlich coronabedingt keine bundesweiten Veranstaltungen statt, wie in den letzten Jahren. Aber: Wir können dennoch etwas tun und unsere Botschaft über die sozialen Netzwerke in die Welt senden.
Die Aktion GAME CHANGER macht uns gemeinsam stark: Unterschiedliche Vorlagen, Hintergründe und selbst gestaltbare Designs können wir mit der Begründung "Ich bin Game Changer, weil …" posten – je mehr wir lossenden, desto besser!
Gender Pay Gap Experiment
Das Gender Pay Gap Experiment wurde 2018 in Zusammenarbeit von Terre des Femmes und Jung von Matt/SAGA durchgeführt. Terre des Femmes schickte drei Transgender jeweils zweimal zu Bewerbungsgesprächen, einmal als Mann, einmal als Frau. Gefilmt wurde mit versteckter Kamera. Was man vermutet, tritt tatsächlich ein: Immer erhielten die Männer ein höheres Gehaltsangebot.
Close the gap: Was Frauen selbst tun können
- Beim Arbeitgeber selbstbewusst mehr Gehalt bzw. eine Angleichung fordern.
- Niemand zwingt Frauen, die eine Familie haben, ihre Arbeitszeit zu reduzieren. Frauen sollten sich öfter trauen, über vollzeitnahe Arbeit oder ein Modell, in dem beide Partner die gleiche Arbeitszeit haben (z. B. beide 30 Stunden/Woche), nachzudenken, dies mit dem Partner zu besprechen und einzufordern.
- Junge Frauen sollten gefördert werden, offen an die Berufswahl heranzugehen (z. B. durch den Girls' Day) und sich nicht von vornherein selbst zu beschränken.
Wie wird Equal Pay zur Realität? Hört dazu auch den Talk im Working Women Podcast:
Julia Möhn und Kristina Appel haben mit Henrike von Platen und Christine Gräbe vom Fair Pay Innovation Lab über die Gründe für die Lohnlücke gesprochen und welche konkreten Maßnahmen helfen können. Jetzt anhören:
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