Am 24. September haben wir als Bürger die Wahl. Also: bitte unbedingt mitmachen! Zugleich sind die Parteiprogramme lang und sperrig zu lesen, voller Versprechen, bei denen man oft nicht weiß, ob man sie glauben darf. EMOTION hat deshalb verglichen, was die Parteien in den Themenbereichen tun wollen, die uns Frauen besonders betreffen: Familie, Arbeit, Gleichstellung und Gesundheit
1. Was erwartet Familien?
CDU/CSU:
- Der Kinderfreibetrag soll auf das Niveau das Erwachsenenfreibetrags steigen; das Kindergeld zunächst um 25 Euro pro Kind pro Monat. Die Einkommenssteuer soll um 15 Milliarden Euro gesenkt werden, der Soli schrittweise wegfallen. Kaufen Familien erstmals Wohneigentum, gäbe es eine Immobilienprämie pro Kind.
- Ehegattensplitting? Soll bleiben.
- Nach langer Gegenwehr: Kinderrechte sollen ins Grundgesetz.
- Noch ein Ziel: einen Betreuungsanspruch für Grundschulkinder etablieren.
SPD:
- Statt Ehegattensplitting käme der Familientarif: Jeder Elternteil, auch unverheiratet oder alleinerziehend, soll pro Kind 150 Euro Steuerentlastung als Kinderbonus bekommen, Eheleute würden weiter gemeinsam veranlagt. Der Partner mit dem höheren Einkommen kann dem anderen bis zu 20.000 Euro übertragen.
- Familienbaugeld als Eigenkapitalzuschuss. Der Unionsvorschlag fördere nur die, die eh Eigentum erwerben könnten.
- Neben mehr Betreuungsplätzen soll Kindergeld nach Einkommen und Kinderzahl gestaffelt werden. Extra-Förderung für Kinder aus schwierigen Verhältnissen. Kinderrechte? Ins Grundgesetz.
Bündnis 90/Die Grünen:
- Patchwork- und Regenbogenfamilien sollen rechtlich gestärkt werden; Rechte und Pflichten von leiblichen und miterziehenden Eltern geklärt werden.
- Das Ehegattensplitting wird von einer Individualbesteuerung abgelöst. Gilt nicht für Paare, die vor der Reform geheiratet haben. Familien mit Kindern sollen dafür bessergestellt werden.
Die Linke:
- Ziel: 12 Monate Elterngeld für jeden Elternteil, 24 für Alleinerziehende, unabhängig von Leistungen wie Hartz IV. Elternzeit kann bis zum siebten Geburtstag des Kindes genommen werden – mindestens zwei Monate am Stück.
- Kindergeld soll auf 328 Euro pro Kind steigen. Dazu geplant: 564-Euro-Kindergrundsicherung pro Monat. Für erwachsene Bedürftige statt Hartz IV ein bedingungsloses Grundeinkommen von 1050 Euro. Finanzierung? Durch eine Vermögens- und Körperschaftssteuer.
FDP:
- Pro Euro, den Eltern für die Bildung ihrer Kinder ansparen, verspricht die FDP einen Zuschuss. Im Trennungsfall der Eltern plädiert die FDP für ein "Wechselmodell", sprich: eine abwechselnde Betreuung, im Idealfall 50/50.
- Die Partei will neben der Ehe eine "Verantwortungsgemeinschaft" etablieren, in der sich zwei oder mehr Menschen gegenseitig absichern können.
AfD:
- Für die "einheimische Bevölkerung" soll es Anreize geben, Kinder zu bekommen. Allein zu erziehen sei eine "private Entscheidung" - daher keine Förderung.
- Ziel: Betreuungsgeld, vergleichbar der Zuschüsse für Kitas und Tagesmütter. Dasselbe Ziel der Union hat das Bundesverfassungsgericht 2015 gekippt. In Bayern und Sachsen wird trotzdem gezahlt.
- Meldepflicht für Abtreibungen.
Wir brauchen faire Steuern!
Alexandra WidmerTweet
Alexandra Widmer, 41, Neurologin und Therapeutin aus Hamburg, alleinerziehende Mutter zweier Töchter
"CDU/CSU, SPD, die Grünen und die Linke sagen, Familie sei dort, wo Menschen für einander Verantwortung übernehmen. Ich kann das erst ernst nehmen, wenn Alleinerziehende endlich nicht mehr wie ein kinderloses Ehepaar besteuert werden. Die Union will das Kindergeld um 25 Euro anheben. Das reicht dann gerade, um den Betrag für die Klassenkasse zu zahlen. Die Linke will, dass Alleinerziehende das Elterngeld über 24 Monate in Teilabschnitten nehmen können. Mir hätte das nicht viel geholfen, da ich in Hamburg meine Miete nicht zahlen könnte, ohne zu arbeiten. CDU/CSU und die SPD versprechen den Anspruch auf Nachmittagsbetreuung von Grundschulkindern. Absolut sinnvoll! Das Wechselmodell der FDP, bei dem Kinder zu gleichen Teilen von Mutter und Vater betreut werden sollen, wäre für uns nichts gewesen. Die AfD sagt, Alleinerziehende seien an ihrer Situation selbst schuld. Ohne Worte!"
2. Was erwartet die Arbeitswelt?
SPD:
- Ziel ist die Familienarbeitszeit, um die "Teilzeitfalle" zu vermeiden. Beide Elternteile erhalten 150 Euro "Familiengeld" im Monat, wenn beide 75 Prozent bis 90 Prozent ihrer Vollzeit arbeiten. (Die SPD geht dabei von der tarifvertraglichen Vollzeit aus: 26 bis 36 Wochenstunden.) Familiengeld soll bis zu 24 Monate gezahlt werden.
- Kita-Gebühren? Sollen schrittweise abgeschafft werden. Wie die Union will die SPD einen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung im Grundschulalter. Das Ziel: 300.000 neue Kita-Plätze und 500.000 Ganztagsschulplätze. Mit einer Fachkräfteoffensive will die SPD genug Erzieher ausbilden. Allerdings dauert die Ausbildung je nach Bundesland zwei bis fünf Jahre.
- Plan: eine Entlastung für Arbeitnehmer, die zwischen 451 Euro und 1300 Euro verdienen. Ihr Beitrag zu den Sozialversicherungen soll langsamer steigen, bei vollem Erwerb der Rentenansprüche – anders als bei der aktuellen Regelung für Einkommen zwischen 451 Euro und 850 Euro.
CDU/CSU:
- Ziel: ein Rechtsanspruch auf befristete Teilzeit für Frauen und Männer. Das Rückkehrrecht in Vollzeit ist allerdings bisher an der Union gescheitert.
- Auch bei der Union ein Ziel: mehr Kita-Plätze. Woher kurzfristig neue Erzieher kommen sollen, bleibt dabei offen.
Die Linke:
- Mit SPD und den Grünen teilt die Linke diese Ziele: das Rückkehrrecht in Vollzeit, den Rechtsanspruch auf verkürzte Arbeitszeiten für Pflege und Kinderbetreuung sowie den Kita-Ausbau. Zudem fordert die Linke, für Mini- und 850-Euro-Jobs Renten-, Pflege- und Krankenversicherungsbeiträge zu erheben – als Schutz vor Altersarmut. Teilzeitangestellte sollen einen Rechtsanspruch auf 18 Wochenstunden haben.
- Neben dem erweiterten Kündigungsschutz für Eltern sollen Betriebe so viel Personal beschäftigen, dass auch Kind-krank-Tage ausgeglichen werden können.
Bündnis 90/Die Grünen:
- Modell "flexible Vollzeit": Arbeitnehmer sollen für Pflege, Kinderbetreuung und Weiterbildung ihre Arbeitszeit reduzieren können und dabei finanziell abgesichert bleiben – und zwar um bis zu zehn Wochenstunden, die sie wieder aufstocken können. Das schließt ein Rückkehrrecht von Teilzeit in Vollzeit ein.
- Eine Idee: "KinderZeit Plus" statt Elterngeld. Dabei bekommt jeder Elternteil acht Monate lang Geld vom Staat, weitere acht Monate können sich die Eltern frei untereinander aufteilen. Die Eltern können dies in Anspruch nehmen, bis ein Kind 14 Jahre alt ist.
FDP:
- Rente ab 60? Ja. Arbeiten bis 70? Auch ja. Davon hängt dann die Rentenhöhe ab.
- Die FDP will mehr Frauen in Vollzeit und in Führungspositionen bringen, mit flexibler Arbeitszeit wie Gleitzeit oder Homeoffice-Varianten. Ein Schlüssel: die Digitalisierung stärker zu nutzen.
- Für Pflege- und Betreuungszeiten oder Sabbaticals setzt die FDP auf „Langzeitkonten“. In arbeitsintensiven Phasen sammeln Arbeitnehmer Überstunden, Boni, Resturlaub und Sonderzahlungen als Guthaben an. Auch Teile des Gehalts dürfen dorthin überwiesen werden. Das ist bereits jetzt möglich, wird aber noch wenig genutzt. Das Konto soll bei Jobwechseln fortbestehen und mit dem Elterngeld kombiniert werden können.
AfD:
- Das Thema Frauen und Arbeit findet im Wahlprogramm nicht statt.
Wertet den Beruf der Erzieher auf!
Sandra RungeTweet
Sandra Runge, 40, Juristin und Buchautorin ("Don’t worry, be Mami")
Wie stehen die Chancen auf einen Rechtsanspruch auf Rückkehr von Teilzeit in Vollzeit nach der Wahl?
Nachdem nun auch die CDU einen Rechtsanspruch auf befristete Teilzeit in ihr Wahlprogramm aufgenommen hat, kann es vielleicht einen Konsens geben. Allerdings fürchte ich, dass nur Eltern davon profitieren, die in großen Unternehmen arbeiten.
Die SPD verspricht 300 000 neue Kita-Plätze und 500 000 Ganztagsschulplätze bis 2021. Realistisch?
Das Problem ist: Es gibt zu wenig Fachkräfte. Der Beruf des Erziehers muss aufgewertet und besser bezahlt werden. Die Träger müssen finanziell stärker gefördert werden, um faire Löhne zahlen und Personalausfälle ausgleichen zu können.
Die SPD und andere Parteien planen Arbeitszeitgesetze, die es ermöglichen, in bestimmten Lebensphasen weniger zu arbeiten und dabei finanziell unterstützt zu werden.
Wer soll das alles verwalten? Was passiert bei einem Arbeitgeberwechsel? Und reicht die finanzielle Unterstützung aus, um die Existenz zu sichern? Man hilft Familien mehr, wenn man sie durch drastische Steuersenkungen mithilfe eines Kindersplittings entlastet.
Die Linke fordert einen Kündigungsschutz für Eltern bis zum siebten Geburtstag des Kindes. Gute Idee?
Viele, die nach der Elternzeit in den Beruf zurückkehren, erhalten nach Beendigung des Sonderkündigungsschutzes eine Kündigung oder einen Aufhebungsvertrag, insofern wäre ein verlängerter Schutz zu begrüßen. Das könnte aber auch dazu führen, dass Arbeitnehmer im gebärfähigen Alter nicht oder nur noch befristet eingestellt werden.
smart-mama.de
3. Frauen in Führung
CDU/CSU:
- Im öffentlichen Dienst sollen bis spätestens 2025 genauso viele Frauen wie Männer in der Führung sein. Auch in Teilzeit. Ein "Vollzeit-Arbeitskorridor" (30-40 Stunden) soll helfen, Arbeitszeiten flexibler zu gestalten, ohne als Teilzeitkraft zu gelten, Homeoffice soll grundsätzlich möglich sein.
SPD:
- Die Frauenquote, bisher für 30 Prozent der Aufsichtsratssitze von 200 großen Unternehmen Gesetz, soll auf 50 Prozent erhöht und auf alle Gesellschaftsbereiche und Führungsgremien erweitert werden. Ein Gleichstellungsgesetz soll die Aufstiegschancen von Frauen stärken.
Bündnis 90/Die Grünen:
- Ziel: Die Mutterpartei der Frauenquote (seit 1979 im Programm) will die 50-Prozent-Führungsfrauenquote in allen 3.500 börsennotierten Unternehmen. Ein Lohncheck soll aufdecken, ob Frauen ungleich bezahlt werden, Tarifverbände und Arbeitgeber sollen Löhne und Gehälter auf Diskriminierung überprüfen.
Die Linke:
- An Hochschulen und Universitäten sollen Frauen 50 Prozent der Stellen auf jeder Karrierestufe besetzen – ebenso in den Aufsichtsräten und Vorständen aller Unternehmen. Auch in ihren eigenen Reihen verfährt sie so: Alle Positionen müssen zu 50 Prozent mit Frauen besetzt sein.
FDP:
- Die Liberalen wollen keine Quote, die Leistung müsse ausreichen. Unternehmen sollen aber angereizt werden, den Frauenanteil freiwillig zu erhöhen. Dass dieser Weg nicht zu deutlich mehr Frauenanteil geführt hat, thematisiert die FDP nicht.
AfD:
- Das Thema Frauenförderung findet nicht statt.
Freiwillige Ziele ändern nichts
Monika Schulz-StrelowTweet
Monika Schulz-Strelow, Frauen in die Aufsichtsräte e.V. (FiDAR)
"Die Union plant eine 50/50-Verteilung von Männern und Frauen im öffentlichen Dienst bis 2025. Das ist realistisch. Aber davon erwarte ich keine starke Signalwirkung für die Privatwirtschaft. Die FDP lehnt eine gesetzliche Quote nach wie vor ab, mit der Begründung, Frauen würden dann nicht nach ihrer Leistung bewertet. Die Unternehmen haben sich 2001 selbst verpflichtet, mehr Frauen in Führungspositionen zu bringen – was allerdings nichts geändert hat. Auch die freiwilligen Zielgrößen für einen höheren Frauenanteil in Aufsichtsrat, Vorstand und den beiden obersten Managementebenen, die seit 2015 von den börsennotierten oder mitbestimmten Unternehmen festzulegen sind, haben nicht die gewünschte Veränderung gebracht. Es ist nicht wichtig, welche Partei die weitreichendsten Forderungen stellt, sondern wie das Gesamtkonzept aussieht, das dann umgesetzt wird. Und hier liegen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und die Linke nahe beieinander."
4. Was tut ihr für die Gleichstellung?
SPD:
- Ein weiterentwickeltes Gleichstellungsgesetz soll die Aufstiegschancen von Frauen verbessern.
- Die SPD will gegen Sexismus in der Werbung vorgehen. Als Teil der Bundesregierung hat sie ein Monitoring-Projekt auf den Weg gebracht, das Pinkstinks durchführt. Leitfragen: Wo tauchen Rollenklischees auf? Stereotype wie "Mann färbt weiße Wäsche rosa, weil er zu doof zum Waschen ist" und "Frau kriegt keinen Nagel in die Wand" sollen unterbunden werden.
CDU/CSU:
- Die Frauenquote soll ausgebaut werden. Ob Männer und Frauen für gleiche Arbeit gleich entlohnt werden, soll überprüft werden. Kein Thema für die CDU: dass Care-Arbeit wie Haushalt und die Pflege von bedürftigen Angehörigen nach wie vor meist Frauensache ist. Geschlechterklischees werden im Programm nicht hinterfragt.
Die Linke:
- Das Ziel: Alle Menschen sollen sich frei entfalten können, ohne unter Existenzangst zu leider oder diskriminiert zu werden. Alle Lebensentwürfe, sexuelle Orientierungen, geschlechtliche und ethnische Identitäten sollen gleichwertig sein.
- Deshalb will die Linke das Antidiskriminierungsgesetz um die sechs Aspekte Herkunft, Geschlecht, sexuelle Identität, Behinderung, ethnische und religiöse Zugehörigkeit erweitern. Ein Verbandsklagerecht soll sicherstellen, dass Menschen sich mithilfe von Profis gegen Diskriminierung, vor allem am Arbeitsplatz, wehren können.
Bündnis 90/Die Grünen:
- Auch die Grünen wollen, dass körperliche Vielfalt in Deutschland stärker respektiert wird. Wie die SPD will die Partei an die Werbung ran. Eine Kommission soll definieren, was sexistisch ist, um die Deutungshoheit nicht der Werbewirtschaft zu überlassen. Die Kommission soll dann Empfehlungen für die Werbewirtschaft aussprechen, um Rollenklischees zu überwinden.
AfD:
- Die AfD sieht Gleichstellungspolitik kritisch. Gender-Forschung, Gleichstellungsbeauftragte und Frauenquoten sollen abgeschafft werden, weil sie die natürlichen Unterschiede zwischen den Geschlechtern ignorierten, heißt es im Wahlprogramm.
- Aufklärung über Homo- und Transsexualiät in der Schule soll verboten werden, weil dies unzulässigerweise in die "natürliche Entwicklung" der Kinder eingreife, sie umerziehen wolle und sie in ihrer sexuellen Identität verunsichere.
- Dass die Spitzenkandidatin zur Bundestagswahl, Alice Weidel, selbst homosexuell ist und mit ihrer Partnerin zwei Kinder großzieht, spiegelt sich im Programm der Partei nicht wider.
Schluss mit der Verhaltensstarre
Stevie Meriel SchmiedelTweet
Stevie Meriel Schmiedel, 45, Geschäftsführerin von Pinkstinks e.V.
"Junge Leute wollen oft mit großem Idealismus gleichberechtigt leben, und sobald das erste Kind da ist, fällt man in die Muster, die am wenigsten Reibung erzeugen. Wir sollten uns weniger für unsere verbale Aufgeschlossenheit feiern und mehr dazu übergehen, unsere maximale Verhaltensstarre zu beseitigen. Die Linke fordert z.B. ein Ende des Klischees 'Hauptverdiener/Zuverdienerin‘. Ein wichtiger Beitrag muss aus den Schulen kommen: Lehrer sollten in Fragen der Gleichstellung sensibilisiert werden und ein Antidiskriminierungstraining absolvieren. Den Jungen mit dem rosa Fahrrad und das Mädchen mit den raspelkurzen Haaren nicht zu hänseln ist etwas, wovon alle profitieren. Das sollten Kinder lernen wie Lesen, Schreiben und Rechnen. Wenn ich mit der lesbischen Zweifachmutter und AfD-Spitzenkandidatin Alice Weidel sprechen könnte, würde ich ihr zur Ehe für alle gratulieren. Sie hat sie verdient – obwohl sie rein gar nichts dazu beigetragen hat. Was Gender-Forschung und Gleichstellungsbeauftragte angeht, weiß die AfD wie in vielen anderen Dingen einfach nicht, worüber sie spricht." pinkstinks.de
5. Pläne für unsere Gesundheit?
CDU/CSU:
- Starker Fokus auf Gesundheitspolitik (ein überdurchschnittlicher Teil der Wähler ist älter als 60 Jahre). Erklärtes Ziel: Pflegedienste, Arztpraxen und Krankenhäuser zu erhalten, besonders auf dem Land.
- Es soll genug ärztliche Versorgungszentren geben, genug Hebammen und notfallmedizinische Versorgung in dünn besiedelten Gegenden.
- Schulgeld, das in vielen Heilberufen gezahlt werden muss? Abschaffen!
SPD:
- Skypen mit dem Arzt: Gegen den Ärztemangel im ländlichen Raum setzt die SPD auf neue Technologien.
- Arzneimittelpreise sollen sinken.
- Die elektronische Patientenakte soll Patienten und Angehörige umfassend informieren und beteiligen.
- Ein Entschädigungsfonds soll Patienten bei nachgewiesenen Behandlungsfehlern unterstützen.
Bündnis 90/Die Grünen:
- Die Grünen wollen verbindliche Qualitätsstandards für Geburten schaffen – in und außerhalb von Krankenhäusern.
Mehr natürliche Geburten. Die hiesige Kaiserschnittrate lag 2015 bei 31,1 Prozent – ein Eingriff, der laut WHO nur bei zehn Prozent der Geburten nötig ist. Der Deutsche Hebammenverband führt das auf fehlendes Wissen über die Geburt zurück, Ängste, auch bei Ärzten, und zu wenig Personal im Kreißsaal.
Die Linke:
- Die Partei will einen öffentlichen Haftungsfonds einrichten, um Hebammen und Entbindungspfleger unabhängig von den oft unerschwinglichen Versicherungen zu machen.
- Hebammenstützpunkte, Kooperationen oder individuelle Absprachen sollen sicherstellen, dass Schwangere und Mütter jederzeit eine Hebamme zur Verfügung haben.
FDP:
- Die Partei greift die Sorge der Schwangeren, nicht betreut zu werden, im Wahlprogramm nicht auf. Die Liberalen sagen lediglich: Schwangere müssten selbst entscheiden können, ob sie in einem Geburtshaus, im Krankenhaus oder zu Hause entbinden.
AfD:
- Die AfD plant, freiberufliche Hebammen finanziell zu entlasten, indem sie ein "Quersubventionierung bei Haftpflichtversicherungen" bekommen, ohne das Modell genauer zu erklären.
Wir können uns unseren Job nicht leisten
Jasmin KraftzigTweet
Jasmin Kraftzig, 40, Hebamme aus Hamburg
"Viele Hebammen können sich wegen der Versicherungssumme von gut 7500 Euro im Jahr ihren Beruf nicht mehr leisten und geben auf. Bei den gesetzlichen Krankenversicherungen heißt es: Ein Hebammenmangel ist uns nicht bekannt – freie Geburtshelferinnen müssten nur einfach besser zu finden sein. Aber wir sind so ausgelastet, dass wir uns bewusst nicht mehr auf öffentliche Listen setzen lassen. Mein Telefon liegt immer neben mir, jeden Monat muss ich Dutzende Schwangere abweisen. Eine Studie hat ergeben, dass Hebammen im Schnitt auf einen Stundenlohn von 7,50 Euro kommen – nicht einmal Mindestlohn! Die Grünen haben dieses Problem genau verstanden. Die Linke guckt in Richtung Niederlande, wo Hebammen die ersten Ansprechpartner für Schwangere sind – das ist ein gutes Modell. Trotzdem geht es da nicht um das Grundverständnis des Hinzuziehungsgesetzes, dass die Hebamme eine normale Schwangerschaft und Geburt allein betreuen kann. CDU/CSU plädieren für örtliche Versorgungszentren. FDP und AfD haben unser Anliegen nicht richtig begriffen." hebammenverband.de hebamme-kraftzig.de
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