Mit Diana zur Löwen Schritt zu halten: fast unmöglich. Mit 28 ist sie Unternehmerin, Investorin und bespielt nebenbei 1,6 Millionen Follower:innen. Uns hat sie durch ihr Leben geführt. Und, ja, wir sind aus der Puste!
Zeit hat diese Frau nicht zu verschenken. Diana zur Löwen redet schnell, ihre Antworten sind auf den Punkt, es gibt keine Tabus, die es zu umschiffen gilt. Die Influencerin, Investorin und Gründerin spricht offen, wie sie es gewohnt ist, denn sie teilt alles mit ihren Follower:innen – egal, ob es um Geldanlagen, Therapie oder Masturbation geht. Gerade plant die 28-Jährige eine Konferenz zum Thema Personal Branding. Daran will sie heute noch bis spätabends arbeiten. Das liebe sie: hart und viel arbeiten. Bleibt da eigentlich Zeit für ihren Freund? Ein Gespräch über überzogenen Ehrgeiz, Neid und den Struggle mit der Work-Life-Balance.
Diana, du bist sehr früh als Aktionärin gestartet, hast zwei eigene Firmen, aber in der Liebe bist du eine Spätzünderin. Mit 27 hast du deinen ersten Freund kennengelernt. War vorher keine Zeit für die Liebe?
Ich habe sehr früh schon sehr viel erleben dürfen. Deshalb war es schwer, jemanden zu finden, der auf derselben Wellenlänge war und mit dem ich mir ein gemeinsames Leben vorstellen konnte. Ich habe meinem Job und mir selbst eine sehr hohe Priorität gegeben.
Woher weiß man in der Liebe, dass die Zeit reif ist?
Bei Beziehungen gibt es nie den perfekten Zeitpunkt, bloß den perfekten Menschen. Aber hätten mein Freund und ich uns früher kennengelernt, hätten wir vielleicht gar nicht zusammengepasst. Ich habe meine Zeit als Single genutzt, mich weitergebildet, die freie Zeit in meine Karriere gesteckt und in Dinge, die mich interessieren. Es ist einfach auch schön, unabhängig zu sein.
In unserer Gesellschaft wird Frauen gern eingeredet, dass mit ihnen etwas nicht stimmt, wenn sie in einem gewissen Alter noch Single sind. Wie hast du das erlebt?
Meine Eltern haben mich sehr unterstützt. Sie finden es toll, dass ich so unabhängig bin. Als die ersten Freunde geheiratet haben und ich der einzige Single auf der Feier war, dachte ich schon manchmal: "Mann, wieso habe ich so ein Pech? Wieso gerate ich immer an den Falschen?" Ich war echt erleichtert, als ich von Köln nach Berlin gezogen bin. In Köln waren alle meine Freund:innen in Sachen Hausbau und Familienplanung schon einen Schritt weiter. In Berlin konnte ich meine Unabhängigkeit feiern und neue Leute kennenlernen, die ähnlich ticken wie ich.
Hast du Nachholbedarf in Bezug auf Beziehungen?
Neu ist, dass plötzlich jemand alles über mich weiß und immer bedingungslos für mich da ist. Einige Dinge musste ich erst lernen, etwa, ihm offen meine Schwächen zu zeigen. Es ist länger her, dass ich jemandem richtig vertraut habe. Wir erleben gerade so viele erste Male zusammen: das erste Mal "Ich liebe dich"-sagen, zusammenziehen, gemeinsame Events, Freunde und Familie kennenlernen. Ich habe meinen Eltern noch nie einen Mann vorgestellt – bis auf ihn.
Wohnt ihr schon zusammen?
Wir testen das gerade. (lacht) Die meiste Zeit ist er bei mir. Ich habe erst letztes Jahr meine Wohnung fertig eingerichtet – für mich. Nun ist noch jemand mit drin. Das ist total schön, aber natürlich war es nicht so geplant. Wir machen viel Homeoffice zusammen, und ich bin optimistisch. Nach dem Sommer wollen wir entscheiden, wie es weitergeht.
Bisher hast du im Internet alles geteilt, sogar den Gang zur Therapie. Musst du Privatsphäre neu denken, jetzt wo es nicht nur um deine Sphäre geht?
Meine Beziehung hat natürlich nichts damit zu tun, wozu ich die Menschen ermutigen möchte, wie zum Beispiel den Gang zur Therapie. Doch da unsere Beziehung nicht versteckt wird, ist sie eben auch ein Teil meines Contents, weil ich schon immer gerne geteilt habe, was mich in meinem Leben begleitet. Die schönen und die schwierigen Zeiten.
Du sprichst auch über intime Dinge wie Masturbation und Sexspielzeug ganz offen, woher nimmst du den Mut?
Ich hoffe, dass dadurch auch andere junge Frauen vielleicht ihre Scham verlieren, so was mal auszuprobieren. Ich finde es wichtig, lieber erst mal sich und den eigenen Körper kennenzulernen, statt schlechte Erfahrungen zu sammeln. Deshalb habe ich auch in "femtasy" investiert, ein Erotikangebot für Frauen. Durch die männerdominierte Pornoindustrie entstehen falsche Bilder, die Mädchen eher davon abhalten, ihre Sexualität zu leben.
Wie relatable kann man bleiben, wenn man selbst so durchgestartet ist wie du?
Es hat mich eine Zeit lang geschmerzt, dass mein Leben für viele nicht realistisch ist, aber eben auch eine Inspiration sein kann. Natürlich können sich die meisten in meinem Alter keine Eigentumswohnung leisten. Ich will aber nicht so pessimistisch sein und sagen: "Das schafft ihr eh nie." Ich will, dass die Leute etwas haben, wovon sie träumen können. Natürlich sollte jetzt nicht jede:r sofort in Start-ups investieren. Deshalb halte ich es bewusst etwas allgemeiner und rede auch viel über finanzielle Themen wie die Altersvorsorge.
Welchen Fehler machen Frauen im Umgang mit Geld?
Hätte ich nie Kolleg:innen gefragt, was deren Tagesgage ist, wäre ich selbst auch nicht vorangekommen. Viele Frauen haben Angst vor dem Anfang, wenn es um ETFs oder Altersvorsorge geht. Und oft werde ich gefragt: "Wann ist denn der richtige Zeitpunkt?"
Was sagst du dann?
Na ja, besser gestern als heute! Es ist keine Raketenwissenschaft, du brauchst keinen teuren Finanzkurs. Du musst bloß wissen, wie du dir einen langfristigen Sparplan aufbaust.
Wie blickst du auf die Ängste und Sorgen deiner Generation?
In Berlin war ja gerade die Abstimmung zum Thema Klimaneutralität, und ich war so geschockt, wie viele dagegen gestimmt haben. Viele Ältere sind so trotzig, man hat das Gefühl, es wäre ihnen egal und sie wollen gar nichts ändern. Viele haben Angst, dass alles teurer wird – dabei wird genau das erst recht passieren, wenn die Klimakrise eskaliert! Dazu kommt die schlechte Wirtschaftslage mit der Inflation. Junge Leute in Köln zahlen heute mehr für ein WG-Zimmer, als ich 2015 für eine kleine Wohnung gezahlt habe. Diese mangelnde Chancengleichheit besorgt mich. Diejenigen, die schon immer Macht hatten, können sie immer weiter ausbauen. Und durch Künstliche Intelligenz müssen wir uns auch noch fragen: Welche Jobs kann ich in Zukunft überhaupt noch machen, welche werden bald ersetzt? Die Politik holt junge Menschen nicht ab. Deshalb mag ich die Start-up-Welt so. Dort wird immer an neuen Lösungen gearbeitet. Gerade habe ich in "Nelly" investiert, die den kompletten Papierkram in Arztpraxen digitalisieren.
Du bist Jahrgang 1995, gerade 28 geworden und liegst damit genau an der Schnittstelle zwischen Millennials und der Generation Z, die den Ruf hat, Arbeit skeptisch gegenüberzutreten. Wem fühlst du dich zugehörig?
Ich bin eher ein Millennial. Ich arbeite viel und hart, scheue mich nicht, mit anzupacken. Ich bin bei vielen Start-ups beteiligt und muss Aufbauarbeit leisten, da bin ich mir als Investorin nicht zu schade. Ich will eine Chefin sein, die unterstützt, nicht nur delegiert. Sobald Ruhe aufkommt, wird mir langweilig.
Wie sorgst du selbst für eine gute Work-Life-Balance?
Ich habe zwei Angestellte, die mir dabei helfen. Ich stehe schon immer früh auf und kann so viel erledigen, seit meiner Beziehung verbringe ich privat natürlich auch viel Zeit mit meinem Partner. Wir nehmen uns auch mal gegenseitig mit auf ein berufliches Event. Ich suche ständig nach neuen Herausforderungen. Dafür bin ich bereit, viel zu geben. Heute Abend werde ich noch einiges abarbeiten müssen.
Stresst dich das nicht?
Manchmal stresse ich mich schon zu sehr, dann bremse ich mich und gehe lieber nur auf ein Event, auf dem ich voll präsent bin, statt auf zwei oder mehrere am Tag, manchmal darf es aber dann auch lieber ein Abend für mich oder mit meinem Freund auf der Couch sein.
Du bist gefühlt always on. Kannst du dein Smartphone auch mal aus lassen?
Schon. Ab 21 Uhr gehe ich in den Ruhemodus. Einen Tag die Woche mache ich eine Story-Pause. Wenn ich gestresst bin, möchte ich das nicht in die Beiträge übertragen. Manchmal kriege ich eine FOMO (Anm. d. Red.: Fear of Missing out, die Angst, etwas zu verpassen), wenn ich sehe, was andere alles so Tolles posten und machen, während bei mir gerade Chaos ist. Ich musste erst lernen, mich abzugrenzen.
Zwei Wochen Urlaub am Stück – Horror oder Traum?
14 Tage wären mir wirklich zu lang. Fünf Tage sind für mich persönlich optimal. Über meinen Geburtstag bin ich mit meinem Freund in Kopenhagen gewesen. Gut essen gehen, die Atmosphäre aufsaugen, mal einen Roman lesen, statt Sachbücher.
Hast du je Sorge, dich zu verzetteln?
Das gehört zum Erwachsenwerden und zur Selbstfindung. Heute weiß ich immer mehr, was ich will, was mir guttut, was mich voranbringt.
Wie erhältst du dir deine mentale Gesundheit?
Ich bin zwei Jahre zur Therapie gegangen, musste ein paar Dinge aufarbeiten. Das kann ich heute auch gut mit meinem Freund oder Freund:innen, da ich viele Dinge aus meiner Vergangenheit reflektieren konnte. Ich achte darauf, Wochenenden wirklich zu nehmen. Es tut mir gut, dass ich ein Umfeld gefunden habe, das mich unterstützt, statt mir Dinge auszureden. Ich bin ein Fan davon, erst mal selbst vorzufühlen. Fehler machst du einmal am Anfang, lernst daraus. Heute weiß ich auch: Wenn ich mich verletzlich zeige, sind die Leute gerne für mich da. Das habe ich lange nicht verstehen und zulassen wollen. Ich dachte immer, ich muss ordentlich Leistung bringen, um gemocht zu werden.
Was bringt dich auf die Palme?
Meine innere Unruhe. Ich würde Dinge oft gern schneller erledigen, kann schlecht durchatmen, will Sachen sofort ausprobieren. Was ich noch lernen muss: mir selbst genug sein, zu schätzen wissen, was ich habe. Auch mal zufrieden mit dem zu sein, was ist und nicht immer auf das zu schielen, was im Leben anderer passiert oder generell noch in der Zukunft liegt. In der Start-up-Welt war ich früher manchmal neidisch auf die Leute aus reichem Elternhaus, die auf einen Schlag alles haben konnten. Ich musste mich selbst erst mal wieder auf den Teppich holen.
Ärgert dich das oft negative Influencer:innen-Image?
Total, ja. Viele denken, man chillt nur. Dabei sind Inhalte in den letzten Jahren immer wichtiger und überhaupt erst durch Social Media groß oder gar publik geworden.
Was war der beste Rat, den du je bekommen hast?
Trau dich, um Hilfe zu fragen. Nutze dein Vitamin B. Du kennst gute Leute? Dann sprich sie an, erzähle ihnen, dass du deinen Job wechseln willst, geh in den Austausch, lass dich nie entmutigen. Einmal war ich nach einer Verhandlung sehr frustriert, da sagte meine Freundin: "It's just a job. Nimm es nicht so schwer, du kannst immer noch kündigen und musst nie wieder für diesen Kunden arbeiten." Das relativiert die Dinge.
Dieser Artikel erschien zuerst in EMOTION 7/23.
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