Feedback bringt uns weiter, klar. Aber direkt darum bitten? Eher unangenehm. Mit dem Onlinetest "BeBrilliant" können deine Freunde und Familie dich anonym beurteilen.
Bevor ich auf den Auswertungsbutton drücke, rast mein Herz. "Deine Feedbacker zeigen dir anonym, wie sie dich sehen – ganz objektiv und ehrlich", steht da. Was, wenn diese Ehrlichkeit mich verletzt? Und ich noch nicht mal weiß, wer aus meinem Umfeld mir da die Meinung gegeigt hat? Bisher überwog bei mir die Neugier, jetzt wird mir klar: Rückmeldung einzufordern ist mutig. Die paar Leute, die ich fragte, ob sie den Test nicht auch machen wollten, lehnten ab: "Das will ich gar nicht wissen!" Und die wenigsten würden wohl Freunde oder Kollegen beim Kaffee darum bitten, doch mal zu sagen, wie sie einen denn so finden. Der Reiz des Onlinetests "BeBrilliant" liegt darin, dass sie nicht kenntlich macht, welcher der eingeladenen Feedbacker mich "beurteilt". Die Chance also für meinen Mann zu sagen: "Du bist eine solche ..." oder für eine Freundin "Es nervt, dass du ..." Ich muss schlucken. Was, wenn mein Selbstbild vom Fremdbild in Stücke gerissen wird?
Nur wer sich selbst kennt, weiß, was er anderen zumutet
Für mein Selbstbild hatte ich zuvor in der App meine Einstellung zu 106 Sätzen angegeben, etwa zu "Ich empfinde Autoritäten oft als unfähig." Die Antwortspanne reicht von "gar nicht" bis "absolut", ich schob den Regler etwas in Richtung "absolut" und traf damit eine kleine Aussage über mich selbst. Am Ende erhielt ich eine 19 Seiten starke Typologie meiner Persönlichkeit.
Rund 50 Typen gibt es insgesamt, ich bin der "Ratgeber". Der Titel passt ganz gut, schließlich bin ich Journalistin, berate und coache professionell. Ich bin beruflich also genau dort gelandet, wo der Test meine Stärken sieht. Gefreut aber hätte ich mich irgendwie mehr über den Typ "Künstlerin".
Ich fühlte mich gut erkannt, aber fragte mich: Wie sollte es auch anders sein, schließlich speist sich das Ganze daraus, wie ich selbst mein Wahrnehmen, Fühlen und Handeln sehe. Hätte Trump den Test gemacht, wäre er vielleicht auch "Der Macher" gewesen, als den er sich selbst sieht. Und nicht der cholerische Clown, als den so viele andere ihn wahrnehmen. Hing ich vielleicht auch einem Ideal-Selbst an?
Also schrieb ich eine E-Mail, Betreff: "Bitte um ehrliches Feedback zu mir". Ich schickte sie an meine Eltern, meine Schwester, meinen Mann, meine Tochter, fünf Freunde, meine Chefin, zwei Kolleginnen. Privates und Jobumfeld, männlich, weiblich, alles vertreten. Ich wollte ja nicht meine eigene Statistik fälschen.
Das Fremdbild: Welche blinden Flecken andere bei mir sehen
Also gut, ich will es jetzt wissen und drücke den Auswertungsbutton. Eine lange Liste mit Eigenschaften von authentisch bis zielstrebig erscheint. Darüber der Satz "Je mehr sich dein Selbst- mit dem Fremdbild deckt, umso authentischer bist du. Eine wichtige Voraussetzung für Zufriedenheit." Ich scanne die Balkendiagramme, die prozentual angeben, wo meine Feedbacker mehr oder weniger in mir sehen als ich selbst. Glück breitet sich in mir aus, als ich feststelle: Fast überall deckt sich ihr Eindruck mit meinem.
Als ich später dazu mit der Entwicklerin des Tests, Ragnhild Struss, telefoniere, bestätigt sie: "Da können Sie sich freuen. Es kommt auch vor, dass Kunden traurig sind, weil sie erstmal nicht glauben wollen, was der Test ergibt. Sie nehmen sich beispielsweise zu 80 Prozent als authentisch wahr, ihr Umfeld aber nur zu 20."
Den Test hat Struss im Frühjahr 2017 mit der Digital-Expertin Julia Stein gelauncht. "Wir wollten Feedback demokratisieren", sagt Ragnild Struss, die in Hamburg Karriereberatung und -Coaching anbietet. Ihr Konzept geht auf, mehr als tausend Neuanmeldungen verzeichnet "BeBrilliant" jeden Monat. Wer registriert ist, erhält regelmäßig Tipps und Übungen passend zum eigenen Typ. Ein virtueller Coach, der einen motivierend begleitet. Aber für ein paar kniffligere Fragen braucht man vielleicht doch einen echten Coach. So bin ich etwa überrascht davon, dass mich mein Umfeld deutlich wettbewerbsorientierter wahrnimmt, als ich mich sehe. Das kann doch nicht sein!
Wirke ich wirklich so anders als ich mich selbst sehe?
Schon in der Schule habe ich jegliche Form von Wettbewerb gehasst, heute fühle ich mich unwohl, wenn ich in Konkurrenzsituationen gerate oder Meinung gegen Meinung steht. Ich mag nicht kämpfen und doch komme ich kämpferisch rüber. Wie kann das sein, frage ich Ragnhild Struss? "Wettbewerb heißt ja nicht nur 'Ich will andere übertreffen', sondern auch 'Ich will mich selbst übertreffen'. Ihnen geht es nicht darum, Gewinne zu feiern, sondern um die beste Lösung.“ Stimmt, das ist mir wichtig.
"Wenn Sie von einer Sache überzeugt sind, neigen Sie zu einer normativen Sprache, die auf andere wirkt, als würden Sie sagen: 'Ich habe recht und weiß es besser als du.' Dabei geht es Ihnen nur darum, gemeinsam den bestmöglichen Weg zu gehen." Mir fällt meine Freundin ein, die neulich sagte, ich sei immer so perfekt, wisse für alles gleich eine Lösung, das sei manchmal schwer auszuhalten, wenn man selbst gerade nicht recht wisse, wohin. Und ja, ich benutze oft bewertende Vokabeln, wie genau, perfekt, absolut, richtig. Puh, ob ich die aus meinem Wortschatz streichen kann? Wenn ich dadurch in weniger Konfliktsituationen gerate, ist es die Anstrengung sicherlich wert.
Andere halten mich für geduldiger als ich mich selbst
Apropos Anstrengung – auch das ist ein Ergebnis: Ich strenge mich erfolgreich an, viel zu leisten und ein guter Mensch zu sein. "Ihr Charakter hat eine sehr beherrschte Komponente. Ihnen ist es wichtig, zwischenmenschliche Regeln zu beachten", so Struss. Deswegen halten mich meine Feedbacker für viel geduldiger, als ich es bin. Denn ich reiße mich gerade bei der Arbeit so gut es geht zusammen, um andere, die es langsamer angehen als ich, nicht unter Druck zu setzen.
"Die Ungeduld kommt nicht aus mangelnder Menschenliebe, sondern aus Ihrem hohen Anspruch an Ihre Arbeitsweise", beruhigt mich die "BeBrilliant"-Erfinderin. "Die Entwicklung liegt für Sie nicht darin, noch geduldiger gegenüber anderen zu werden. Sondern darin, einen liebevollen Umgang mit dem eigenen Unvermögen zu entwickeln." Das geht mir ans Herz. Denn Frau Struss spricht damit etwas aus, das mir, der "kommunikativen, warmherzigen, ehrlichen, engagierten Frau" (laut Selbst-und Fremdwahrnehmung) gleich mehrere Feedbacker ins virtuelle Poesiealbum geschrieben haben, als Antwort darauf, was mich glücklicher machen würde: "Mehr Gelassenheit gegenüber Unperfektem." "Sich nicht für alles verantwortlich fühlen." "Fünfe gerade sein lassen". "Mehr Ruhepausen einlegen." Diese Tipps kommen von Menschen, die es gut mit mir meinen. Es ist wie eine Erlaubnis, lässiger zu sein, sich mal treiben zu lassen.
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