Unser Kolumnist kennt viele gute Frauen. Dass sie überzeugt sind, dass es keine guten Männer (mehr) gibt, findet er, na ja, nicht so gut. Denn wenn er von einem überzeugt ist, dann davon, dass Frauen und Männer gut für einander sind
Es muss doch noch irgendwo gute Männer geben. Muss es! Wir saßen in einer Ecke der Bar an einem Tisch, vier Frauen und ich, und das Thema war relativ schnell eins, zu dem ich wenig beitragen kann. Zwei Minuten später hatte sich das Blatt auch schon gewendet. "Es gibt einfach keine guten Männer mehr, und die wenigen, die es doch gibt, sind vergeben", hieß es dann.
Ich wollte widersprechen, aber meine Meinung dazu war nicht einmal mehr gefragt.
Ich bin selbst erstaunt, wie viele großartige Frauen in meinem Alter nach der ersten oder zweiten großen Trennung so lange niemanden finden, den sie wirklich lieben wollen, obwohl sie es sich wünschen. Und ich wundere mich manchmal den ganzen Tag und länger, wie sehr Frauen missverstehen, was Männer wollen und warum sie tun, was sie tun.
Es gibt die stillschweigende Übereinkunft, die stärkste Motivation von Männern wäre Sex, und es gibt Theorien dazu, warum das so ist: Die Evolution zwingt uns angeblich, unser Erbgut möglichst flächendeckend zu streuen, und ein Alpha-Männchen erkennt man daran, dass es das bei vielen Frauen schafft. Die sinnvolle Antwort auf die Theorie ist, was viele Frauen versuchen: auf die ihnen am nächsten liegende Art sexy sein – sei es körperlich oder subtiler – und warten, dass einer alpha genug ist, sie anzusprechen. Wie meine vier Begleiterinnen in der Bar. Und die Wahrscheinlichkeit, dass es funktioniert, ist nahe an null.
Die stärkste Motivation von Männern ist meiner Erfahrung nach ihre Angst, gedemütigt zu werden. Nicht mehr zur Gruppe zu gehören. Isoliert zu sein. Jedes Statussymbol, jede Machtposition und jedes Angeben ist nur eine weitere kleine Schutzschicht gegen die Gefahr, lächerlich zu sein. Man sieht es an je dem Kerl, der eine Frau schlecht behandelt, weil sie eine Frau ist: seine Angst vor der Tatsache, dass sie es in der Hand hat, ihn kleinzumachen. Ich glaube, der größte Teil der Probleme der Welt lässt sich herunterbrechen auf die simple Tatsache, dass zu viele Männer Angst vor Frauen haben, von Donald Trump, der nichts ist als des schwachen Mannes Vorstellung von einem starken Mann, bis zu jenen mental halb wüchsigen Jungs, die sich ihrer Demütigung entziehen, in dem sie sich und andere in den Tod bomben, mit der Aussicht auf ein ewiges Leben mit der Herrschaft über 72 Jungfrauen – was nur ein Code ist für Frauen, die ihnen nicht gefährlich werden können.
"Die Guten erkennst du daran, dass sie keine Angst vor dir haben, sondern Respekt", sage ich, "das gibt es häufig, es trägt nur nicht so auf." Sie gucken mich mehr oder weniger ungläubig an. "Und wie erkennt man das dann", fragt eine. Ich habe keine gute Antwort. "Wahrscheinlich, indem man hingeht und fragt", sage ich. Sie sehen mich entgeistert an. "Ich will knutschen", sagt eine, steht auf und verschwindet in Richtung der kleinen Tanzfläche. Und ich bin mir sehr sicher, sie wird es mit dem Falschen tun. Denn so machen wir das alle.