17.05.2017
EMOTION-Redaktion
Aus Sicht von EMOTION müssen wir die folgenden Themen in Gesellschaft und Politik angehen, damit wir Frauen gleichberechtigt unseren individuellen Weg gehen können. Dabei konzentrieren wir uns auf drei Hauptbereiche
Bereich 1: Unsere Forderung an die Gesellschaft und uns
Unsere Forderungen:
- Ausbau von Kitas und Ganztagsschulen: Wir fordern mehr Kitaplätze und den Ausbau der Ganztagsbetreuung. 2016 fehlten laut einer Studie der Bertelsmann-Stiftung bundesweit mehr als 100.000 Erzieher. Das ist nicht nur wichtig, damit Frauen arbeiten können, sondern damit Mädchen sehen: Mama und Papa arbeiten beide, und das ist normal.
- Fairness und Vertrauen in den Mann: Wir fordern von uns Frauen, den Männern im Haushalt und bei der Kindererziehung mehr zuzutrauen. Nur so kann Gleichberechtigung im Alltag wachsen.
- Mehr Frauen in Führungsrollen: Wir fordern mehr Frauen in Top-Positionen, sowohl in der Politik als auch in der Wirtschaft und Verbänden. Die AllBrigth-Stiftung beobachtet die Entwicklung in Deutschland seit 2016, in allen 160 Dax, S-, M- und TecDax-Firmen. Dabei stellt sie eine 'systematische Abwehrhaltung' in den Unternehmen fest. Zum 1. September 2016 waren in den Vorständen dieser Konzerne: 631 Männer und 44 Frauen. Es muss selbstverständlich werden, dass Frauen ebenfalls Leitungsposten innehaben.
- Stereotypen entgegenwirken: Wir fordern eine bewusste Auseinandersetzung mit geschlechtsspezifischen Stereotypen. Zum Beispiel sollten auf Fotos in Spielzeugkatalogen auch Mädchen mit Autos und Baggern spielen und Jungen mit Pferdefiguren. Laut einer Studie orientieren sich Modefirmen beim Bedrucken von Kinder-T-Shirts stark an Gender-Klischees: Bei Jungen stehen Wörter wie 'wild, crazy, cool, strong' am häufigsten auf den Shirts. Bei Mädchen sind es 'love, cute, happy, sweet'. Unternehmen sollten ihre Produkte für Kinder anders präsentieren, um Stereotypen entgegenzuwirken.
- Bildung von Mädchen fördern: Wir fordern, dass Mädchen mehr über ihre Rechte lernen. Je mehr sie darüber wissen, desto mehr können sie selbst dafür eintreten. Und: In Deutschland können sich 39 Prozent der befragten Eltern vorstellen, dass ihr Sohn einen naturwissenschaftlich-technischen Beruf ergreift. Nur 14 Prozent sagen das Gleiche über ihre Töchter. So tragen sie laut OECD bewusst oder unbewusst zum Desinteresse der Mädchen bei.
Bereich 2: Forderungen an die Politik und Unternehmen
1. Thema: Arbeit
Unsere Forderungen:
- Lohngerechtigkeit: Wir fordern gleiche Löhne für gleiche Arbeit, egal ob sie von Mann oder Frau geleistet wird. 21 Prozent Differenz bei den Gehältern sind inakzeptabel.
- Den eigenen Wert erkennen: Wir fordern, dass wir Frauen in Verhandlungen stärker auftreten und selbstbewusst unsere Ziele ansteuern. Für eine Studie haben Arbeitsforscher die Gehaltssituation von 4.600 Angestellten bei mehr als 800 Australischen Arbeitgebern untersucht. Demnach fragen Frauen genauso oft nach mehr Gehalt wie Männer. Aber nur 16 Prozent der Frauen konnten sich mit ihrem Wunsch durchsetzen – bei Männern lag die Erfolgsquote dagegen um ein Viertel höher. In sachlichen Diskussionen sollten wir Frauen uns durch unterschiedliche Meinungen nicht persönlich angegriffen fühlen. Wir fordern eine konsequente Umsetzung des neuen Transparenzgesetzes, denn wir Frauen sollten sicher sein, dass wir für gleiche Arbeit und Qualifikation das gleiche Geld bekommen.
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- Faire Aufstiegsmöglichkeiten: Wir fordern, dass Frauen an ihren Fähigkeiten und Qualifikationen gemessen werden und entsprechend in Unternehmen aufsteigen können. In vielen Firmen entscheiden noch immer vor allem Männer, und das obwohl Frauen bei Abitur- und Hochschulabschlüssen längst gleichauf liegen. 1991 hatten 22,2 Prozent der 20-29-jährigen Frauen in Deutschland Abitur (Männer: 24,0). 2015 waren es 53,8 Prozent (Männer: 46,5). Dies wird aber in den Unternehmen und den Entscheidungsprozessen bislang nicht abgebildet.
- Änderungen in der Unternehmensstruktur: Wir fordern, dass Unternehmen sich mehr auf Familien einstellen. Meetings sollten nicht nach 17 Uhr stattfinden. Für den Fall, dass Kinder krank werden und zu Hause gepflegt werden müssen, sollten Unternehmen kreativ werden und den Mitarbeitern flexible Lösungen anbieten, zum Beispiel, indem sie die Kosten für private Betreuungsdienste übernehmen.
- Verbesserung der Rückkehrmöglichkeit von Frauen und Männern aus der Elternzeit bzw. von der Teilzeit auf Vollzeit aufzustocken ('Lebensarbeitszeit'): Wir fordern, dass Eltern nach der Elternzeit auf Wunsch leichter von Teilzeit wieder auf Vollzeit aufstocken können. Denn die Familiensituation ist immer individuell, und darauf sollten moderne Unternehmen heute eingehen, um zufriedene und loyale Mitarbeiter zu haben.
- Bewusstsein für die Bedeutung der Arbeit für die persönliche Absicherung: Wir fordern von uns Frauen vermehrt die Erkenntnis, dass Arbeit uns Sicherheit und Eigenständigkeit bietet. Zu viele Frauen bleiben zu Hause oder arbeiten in Teilzeit. Rund 8,8 Millionen der 11,1 Millionen Teilzeitbeschäftigten in Deutschland sind weiblich. Die Erwerbstätigenquote der Frauen in Deutschland ist in den vergangenen 15 Jahren von 58,1 auf 69,5 Prozent gestiegen – was immer noch bedeutet, dass fast ein Drittel der deutschen Frauen im erwerbstätigen Alter zu Hause bleibt. Damit machen sie sich von ihrem Partner abhängig und laufen Gefahr, bei einer Trennung später im Alter zu verarmen.
- Typische „Frauenberufe“ bei Männern beliebter machen: Wir fordern, dass typische Frauenberufe geschlechterübergreifend gefördert werden. So wie Frauen für technische Jobs begeistert werden sollen, sollten Männer die Vorzüge von Assistenz- oder Erzieherjobs erkennen. Dazu fordern wir gleichzeitig eine angemessene Vergütung für diese Berufe.
- Trend zu anonymisierten Bewerbungen vorantreiben: Wir fordern die Arbeitgeber auf, zu anonymisierten Bewerbungen überzugehen. Fotos, Geschlechts- und Altersangaben fallen damit raus. Es zählen allein die Erfahrung und die Qualifikation. Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes startet dazu 2011 ein Pilotprojekt: 8.500 Bewerbungen wurden anonymisiert ausgewertet und 246 Arbeits-, Ausbildungs- und Studienplätze besetzt. Das Ergebnis war, dass insbesondere die Chancen von Frauen und Migranten sich durch das Verfahren erheblich verbessert hatten.
2. Thema: Finanzielles
Unsere Forderungen:
- Alleinerziehende stärken: Wir fordern, dass die Rechte von Vätern nach einer Trennung (z.B. Sorge- und Besuchsrecht) mit Pflichten (z.B. Unterhalt und Fürsorge) verknüpft werden. Arbeitgeber sollten flexiblere Arbeitszeitmodelle anbieten, damit Alleinerziehende einen Job annehmen können. Alleinerziehende sollten vom Staat finanziell bessergestellt werden, etwa über einen Kinderbonus, der nicht auf andere Leistungen wie Hartz IV angerechnet wird. Von 1996 bis 2015 hat sich die Zahl der Alleinerziehenden deutlich vergrößert: von 2,2 Millionen auf 2,7 Millionen. Der Absolut überwiegende Teil davon sind Frauen. 60 Prozent von ihnen betreuen minderjährige Kinder.
- Die Gefahr der Altersarmut mindern: Wir fordern einen Ausbau der sogenannten „Mütterrente“. Derzeit erkennt die Rentenkasse nur drei Jahre Kindererziehungszeit an für Kinder, die ab dem 1.1.1992 geboren wurden. Für Kinder, die davor auf die Welt kamen, werden seit der Reform der Mütterrente zwei (statt nur einem) Jahr angerechnet. Gerade viele Frauen, die in den Siebziger- und Achtzigerjahren Kinder bekommen haben, sind aber deutlich länger zu Hause geblieben und haben danach Mini- oder Teilzeitjobs angenommen.
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- Abschaffung des Ehegattensplitting: Wir fordern die Abschaffung dieses Steuermodells, das Frauen dazu verleitet, zu Hause zu bleiben oder Teilzeit zu arbeiten. Stattdessen sollten die Einkommen individuell versteuert werden. Der Staat würde ebenfalls davon profitieren: Laut einer Simulation des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) könnte eine Individualbesteuerung mit übertragbarem Grundfreibetrag anstelle des Splittings bis zu gut 15 Milliarden Euro Steuermehreinnahmen erzielen.
- Kita-Betreuung, Ganztagesschulen sowie individuelle & flexible Betreuungsmöglichkeiten: Wir fordern flächendeckend kostenlose Kita-Plätze und ein breites Netz an Ganztagsschulen. Eine Umfrage der ZEIT hat ergeben, dass die durchschnittlichen Krippenkosten 330 Euro im Monat betragen – viel zu viel. Gleichzeitig sollte es mehr flexible Betreuungsmöglichkeiten geben, etwa falls Kinder krank werden. Dafür sollten private Initiativen gefördert werden.
- Förderung von Mehrgenerationenhäusern: Wir fordern den Bau von Mehrgenerationenhäusern und mehr Werbung für dieses Konzept. Noch viel zu wenig Menschen wissen um die Vorzüge dieser Wohnform. Andere hegen Vorbehalte. Doch in solchen Häusern bekommen Kinder im besten Fall Ersatz-Omas und –Opas, im Alltag unterstützt man sich gegenseitig. Nachbarschaft wird wieder lebendig.
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