Wir haben mit Oliver Pocher über das Thema Verantwortung für sich selbst und für seine Kinder gesprochen. Am 6. September wurde bekannt, dass sich der Comedian entschieden hat, mit allen Mitteln um das alleinige Aufenthaltsbestimmungsrecht zu kämpfen. Deshalb veröffentlichen wir, das Interview, das eigentlich erst im Oktober in EMOTION erscheinen sollte, sofort.
Aktualisierung: Bereits einen Tag später trafen sich Alessandra Meyer-Wölden und Oliver Pocher in Köln vor Gericht. Nach fast acht Stunden kam es zu einer Einigung. Nayla, 7, und die Zwillinge Emmanuel und Elian (beide 5), werden weiter bei ihrer Mutter in Miami leben. Oliver Pocher kann sie weiterhin in den USA besuchen und Zeit mit ihnen in Deutschland verbringen.
Oliver Pocher: Wenn ich mir überlege, dass ich zu Beginn noch Otto Waalkes gecovert habe, oder bei dir zum Thema "Und du denkst du bist witzig" aufgetreten bin … ich wollte schon als Teenager mit Harald Schmidt auf der Bühne stehen. Zehn Jahre später hat sich das erfüllt. Wie sagt man in der Showbranche so schön? Alles besser, als richtig zu arbeiten.
Stimmt, du hast ja als Versicherungskaufmann gearbeitet.
Stromberg war meine Realität. Ich weiß wirklich, was es heißt von neun bis fünf die Stunden runterzureißen. Das war nicht wirklich mein Ding. Ich bin froh, dass ich einen anderen Weg einschlagen konnte.
Dass mein unwichtiges Privatleben für Titelseiten reicht, erstaunt mich immer wieder.
Oliver PocherTweet
Wo stehst du heute beruflich?
Die Marke "Pocher" ist Segen und Fluch zugleich. Mein Image als unangepasste, fiese Type mit der scharfen Zunge öffnet nicht unbedingt jede Tür. Ich bin 39 Jahre alt. Ich hatte nie einen Rock’n’ Roll-Lifestyle, sehe jünger aus, als ich bin. Ich glaube in vielerlei Hinsicht habe ich noch gar nicht alles beruflich geschafft. Dass mein unwichtiges Privatleben für Titelseiten reicht, erstaunt mich immer wieder.
Hat Fernsehen an Bedeutung verloren?
Massiv. Ich nutze es selber auch nicht mehr so intensiv wie früher. Aber auch heute ist das Fernsehen noch wichtig. Für die vielen Highlights im TV und den vielen Spaß, den ich bisher mitgenommen habe, bin ich diesem Beruf dankbar.
Bis zur Rente ist es noch eine Strecke …
Bestimmt noch zwanzig Jahre. Die halte ich durch.
Darf man in der Branche zimperlich sein?
Alles, nur das nicht. Auch ich habe in der Vergangenheit bei anderen vor laufender Kamera oft den schwächsten Punkt gesucht und dann voll draufgezogen. Wer bei "Bauer sucht Frau" mitmacht, über den ziehe ich heute nicht mehr unbedingt her. Ich bin heute diplomatischer.
Warum?
Weil das Leben dann einfacher ist. Heute denke ich nur: "Was laberst du da, du Vollidiot" und halte den Mund. Menschen sind nachtragend und noch Jahre später sauer, weil ich ihnen vor 13 Jahren einen Spruch reingedrückt habe. Aber selbst die kommen irgendwann wieder angerobbt. Heute habe ich diese Ruhe und bin entspannt.
Wer ist für dich ein guter Sparringspartner on air?
Die meisten sind leider nicht mehr on air. Harald Schmidt, Stefan Raab zum Beispiel. Günther Jauch und Thomas Gottschalk sind wahrscheinlich die letzten großen Entertainer, die noch aktiv sind.
Konntest du immer die Verantwortung für deine TV-Wege tragen?
In meinem Beruf werden, anders als bei Leistungssportlern, Dinge meist nicht nach einer messbaren Leistung beurteilt. Im Fernsehen geht es darum, ob du der Beste, der Sympathischste bist. Auch hinter den Kulissen kommt man schneller weiter, wenn man schon lieb zu allen Entscheidern ist.
Für wen fühlst du Verantwortung in deinem Leben?
Gegenüber meinen Kindern und Familienangehörigen. Und gegenüber meinen langjährigen Mitarbeitern, die kommen am Ende des Tages aber auch immer irgendwo anders unter, sodass sich meine Sorgen in Grenzen halten. Ich bin mit mir im Reinen.
Auch bei deinen Kindern?
Denen versuche ich das Beste mit auf den Weg zu geben. Was letztendlich aus ihnen wird, liegt natürlich nicht nur in der Hand der Eltern. Dazu gibt es ja gerade in der Welt der Prominenten aussagefähige Beispiele. Ich würde mir nie den Namen meines Kindes auf den Arm tätowieren lassen. Da sind mir andere Dinge wichtiger, um ihnen meine Liebe und Zuneigung zu zeigen.
Warum fällt es mir schwer, mich dir als verantwortungsvollen Menschen vorzustellen?
Würde ich mich auf Instragram als salatfressender Fitnessmann und Superdad inszenieren, sähen mich viele anders. Aber ich zerre meine Kinder nicht in die Öffentlichkeit, und mir widerstrebt es mich in Kinderkrankenhäusern zu inszenieren, um zu beweisen, dass ich ein netter Mensch bin.
Ich ertrage auch viel. Und wenn ich mich schließlich wehre, buhen mich alle aus.
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Du ziehst oft mit Härte, Häme über deine Exfrauen her, trittst nach, warum?
Tatsächlich schweige ich oft und lange. Ich ertrage auch viel. Und wenn ich mich schließlich wehre, buhen mich alle aus. Aber die Leute können von mir denken, was sie wollen. Ehrlich gesagt, haue ich wenig Privates raus. Wenn ich wollte hätte ich vieles mehr zu erzählen.
Dein Bühnenprogramms hat den passenden Untertitel: Aus dem Leben einer Social-Media-Bitch.
Alles was ich im Netz bei Twitter, Youtube etc. über jemanden poste, würde ich ihm oder ihr auch ins Gesicht sagen. Aber ich spüre bei mir inzwischen eine Social-Media-Müdigkeit.
Ist dir deine Außenwirkung wichtig?
Ich kann sie nicht wirklich beeinflussen. Spende ich eine Millionen Euro, sagen die Leute, warum nicht zwei?
Warum leistet sich das Fernsehen den Luxus, dich on air zu haben?
Ich bin kein farbloser, hochgezüchteter, cleaner Moderator. Es gibt nicht mehr viele Gesichter wie mich, ich vermittele Leuten ein Heimatgefühl.
Und du bist ein Pulverfass. Jeder wartet auf die nächste Explosion. Deshalb liebe ich Live-Sendungen.
War Geld je ein Kriterium, ob du ein Format zusagst oder ablehnst?
Geld war nie meine Hauptmotivation. Ich habe keinen ausschweifenden Lebensstil und bin nicht mehr wirklich auf das Geld angewiesen.
Kannst du mit Geld umgehen?
Ja. Ich habe weder in Vorzugsaktien, Schiffsfonds oder Ostimmobilien investiert. Ich bin sehr konservativ.
War deine Teilnahme beim TV-Format Global Gladiators ein Fehler? Nein. Das war der bestbezahlte Urlaub aller Zeiten. Ein Roadtrip mit Realityanteil. Ohne Nackt-Duschen-Bilder und ohne Ekel-Essen-Prüfung.
War der Preis der Teilnahme, Privates zu erzählen, nicht sehr hoch? Irgendwann war es unwichtig, ob eine Kamera lief oder nicht.
Aber über Exfrauen lästern geht gar nicht.
Doch, wenns Gründe dafür gibt schon.
Ich stehe zu dem, was ich gemacht habe. Das können sich meine Kinder gern alles in fünf Jahren im Netz anschauen.
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Und was ist mit deiner Verantwortung gegenüber euren Kindern, wenn ihr Paarprobleme öffentlich diskutiert?
Da habe ich keinerlei Hemmungen. Ich stehe zu dem, was ich gemacht habe. Das können sich meine Kinder gern alles in fünf Jahren im Netz anschauen.
Du hast beruflich so oft die Sender und privat die Partnerinnen gewechselt – bist du gut im Schlussmachen?
Man merkt mir schnell an, wenn ich keinen Bock mehr habe. Mal läuft eben etwas aus, mal mache ich, oder ein Sender Schluss. So ist es auch in Beziehungen. Da bin ich extrem gelassen, halte nie an etwas fest, was totgeritten ist. Ich trauere nichts und niemandem hinterher. Ich gucke nicht zurück. Es geht immer weiter im Leben.
Oliver, danke für das Gespräch.