Jedes Mal wenn zwei zueinander Ja sagen, bekommt unser Kolumnist nasse Augen. Da hat er keine Wahl, auch wenn er die Scheidungsraten kennt. Denn er ist überzeugt: Zukunft wird von denen gemacht, die glauben, dass sie großartig wird
Die Mädchen sind aufgedreht bis kurz vor der Hysterie. Eine ganze Gruppe von ihnen, und Mädchen sind sie nur für mich, der ich nicht mehr auf die 40 zugehe, sondern von ihr weg. Aus ihrer Sicht sind sie Frauen, auch wenn sie aussehen, als hätte man im Disneyland LSD genommen: Persiflagen von Prinzessinnen, und die Pinkfarbene in der Mitte, mit dem Bauchladen voller kleiner Schnapsflaschen, ist die zukünftige Braut. Ein Junggesellinnenabschied. Ich kaufe zwei der Schnäpse als Beitrag zu Was auch immer und alle Mädchen grölen und wollen mit mir anstoßen. Nur die Braut nicht. Sie sieht verzweifelt aus. Das Ganze hier war offensichtlich nicht ihre Idee.
Ich bin der Erste, der auf Hochzeiten weint, immer noch. Es ist immer noch die schönste Idee von allen, füreinander da zu sein und sich das zu versprechen. Aber wie bei so Vielem im Leben gibt es praktisch nichts, was dich vorbereiten kann auf das, was mit dir passiert, wenn du es tust. "Hast du dir einen Guten ausgesucht?", frage ich sie, damit sie lächelt. Und sie lächelt tatsächlich. "Den Besten", sagt sie, und ich hebe das Fläschchen und nicke ihr zu. "Das ist alles, was zählt."
Glauben heißt nicht wissen, sagen manche, und sie glauben tatsächlich, damit das Glauben zu entwerten. Dabei ist es die viel stärkere Kraft. Wir wissen alles über CO2 und fahren trotzdem Auto. Wir kennen die Scheidungsraten und glauben, sie beträfen nur die anderen. Wir haben schließlich den besten aller Menschen gefunden.
Zukunft wird von denen gemacht, die glauben, dass es eine gibt.
Die Mädchen ziehen weiter die Straße hinunter, eine gackernde Legion, und weil Junggesellinnenabschiede dort gefeiert werden, wo man am weitesten entfernt ist von allem, wofür eine Ehe in unseren Träumen steht, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass sie hier im Laufe des Abends auf betrunken lallende Adjutanten eines zukünftigen Bräutigams treffen werden, der ein rosa Tutu-Kleid trägt und peinliche Aufgaben zu lösen hat. Ein letztes Mal durchdrehen, bevor der Ernst des Lebens beginnt. Denn das ist das eigentlich Spannende: Die, die an die Zukunft glauben, glauben gleichzeitig, dass sie weniger lustig wird als die Gegenwart.
Vielleicht ist es der Schnaps, aber als ich weitergehe, stelle ich mir vor, dass die Zukunft der Spaß des Lebens wird. Den Ernst habe ich schließlich hinter mir, und ich habe so oft den Satz gehört, für irgendwas müsse es ja gut sein, dass ich mir vorstelle, dieses Irgendwas wäre der Rest meines Lebens. Es werden so viele Albträume wahr, dass man am Leben zweifeln könnte, aber vielleicht zweifle ich in Zukunft stattdessen einfach an Albträumen?
Es ist Samstagabend und die nächste Gruppe wartet an der Ecke. Sie tragen alle handbemalte T-Shirts mit Slogans, die etwas bedeutet haben müssen im Leben der Brauttobe. In ihrem alten Leben. Dem spaßigen. Ich kaufe ihr einen obszönen Lolli ab. "Dein Leben wird großartig", sage ich ihr. Sie fragt: "Glaubst du?", und ich sage: "Und wie!"