Mit zwölf haben sie auf ihrem Youtube-Kanal "Die Lochis" Chart- Hits parodiert. Mit 17 gab's Gold für ihr eigenes Album-Debüt. Mit 18 waren sie Teilnehmer bei "Let’s Dance" und zu Gast beim Bundespräsidenten. Jetzt sind Roman und Heiko Lochmann 19 – und für alle über 20 wird es Zeit, herauszufinden: Wer sind die Lochis?
Ein Sommertag in Mainz. Die Zwillinge Roman und Heiko blicken sich suchend im Bootshaus um. Sie wirken müde. Als wir zusammensitzen, bestellen sie Cappuccino mit einem extra Shot Espresso. Wir reden darüber, was es bedeutet, heute jung zu sein.
Bärbel Schäfer: Wann ist man in euren Augen alt?
Roman: Für mich ist alt, wenn mein Gegenüber über viel Erfahrung verfügt. Gerade dann fühle ich mich immer besonders jung. Alt zu sein ist für mich nicht negativ besetzt.
Heiko: Als Kind habe ich meinem 18. Geburtstag entgegengefiebert. In diesem Jahr, mit 19, gab es keine Vorfreude mehr. Vielleicht ist das Altern.
Alles hat seine Zeit, wofür steht eure Generation?
Heiko: Wir sind selbstbewusst, wollen uns selbst verwirklichen. Träume leben, was auf die Beine stellen! Das konnten die Nachkriegsgeneration und ihre Kinder ja nicht so frei wie wir heute. Wir sind individuell und verlassen abgelatschte Pfade, auch dank des Internets. Wir sind die transparente Posting-Generation.
Roman: Wir können uns gut auf Neues einstellen und mit Schnelllebigkeit umgehen. Wir sind eine Start-up- und Gründergeneration. Wir machen einfach, wir legen los ohne langes Zögern.
Was ist euer Rüstzeug für diese Zeiten?
Roman: Ein Mix aus digitalem Knowhow, Sprachkenntnissen und dem Glauben an dein Talent, deine Stärke. Unsere Eltern waren ja keine Musiker, wir haben nichts als unserem Talent vertraut.
Ich verstehe, wenn Fans sagen: Ich bin aus dem 'Lochis'-Alter rausgewachsen. So geht es uns ja selbst gerade.
Heiko Lochmann von "Die Lochis"Tweet
Woher kommt euer Selbstbewusstsein?
Roman: Das Selbstvertrauen entsteht durch unsere unendlichen Möglichkeiten. Die Chance, uns dauernd ausprobieren zu können. Es gibt so viele Wege, klappt einer nicht, wählen wir eben einen anderen. Daran wachsen wir.
Heiko: Unsere Eltern sind keine Helikopter-Eltern. Sie haben unseren Mut und unsere Eigeninitiative nie ausgebremst. Ihre einzige strenge Auflage war: der Schulabschluss. Bei uns im Dorf gab es Kids, die durften mit zehn Jahren noch nicht mal die Hauptstraße allein überqueren. Wir sind die wilden, kletternden Baumhauskinder gewesen. Wir haben uns in den letzten acht Jahren von immer neuen Seiten präsentiert, mit Comedy, Musik, Konzerten, Medienauftritten, ohne dass uns jemand Steine in den Weg gelegt hat.
Roman: Unsere Eltern wussten am Anfang gar nicht, was wir da eigentlich genau machen. Klar wollte ich meine Eltern nicht enttäuschen, aber vor allem ging es mir darum, hunderttausend Alben zu verkaufen.
Ist eure Zweisamkeit eure Extrastärke?
Heiko: Zwilling sein heißt nicht allein sein. Es gibt für mich kein tieferes Vertrauen als das zu meinem Bruder. Ich kenne es nicht anders, als dass Roman für mich da ist, mein Leben teilt. Klingt kitschig, aber wir sind Yin und Yang.
Roman: Wir reden Klartext miteinander, sagen, wie es wirklich läuft. Wir sind ein Team, ziehen an einem Strang und wenn einer von uns schwächelt, kann der andere den Input geben.
Familie kann dich verletzen, enttäuschen, kennt deine Schwachstellen wie kaum ein anderer. Liegt darin nicht eine Gefahr?
Roman: Wir haben uns noch nie gegenseitig verletzt in unserer Schwäche. Heiko: Das einzige Risiko wäre in meinen Augen mangelnde Loyalität, und die ist bei uns nie in Gefahr.
Ringt ihr um Aufmerksamkeit?
Heiko und Roman synchron: Das machen wir schon unser ganzes Leben lang! (Lachen)
Rast die Zeit auch für euch schon?
Roman: Klar, es gibt schon wieder eine Generation nach uns. Wir hatten mit acht Jahren noch keine Handys, haben nur draußen gespielt, bei Nachbar-Kids geklingelt und uns zum Spielen verabredet. Uns per Bluetooth Songs mit den ersten Mobilgeräten zu schicken – das war das Größte. Ich sehe in der U-Bahn, dass heute mehr Kids ihrer Freizeit der digitalen Welt und ihrem Handy widmen.
Verurteilst du das etwa, obwohl ihr Teil des Entertainments im Netz seid?
Roman: Nein, das mache ich nicht. Wir waren nur nicht so, denn in der Grundschule waren Handys bei uns noch tabu. Ich bin schon zu alt für die Kids, die den Fidget-Spinner-Hype gelebt haben. Den Hype habe ich nie verstanden.
Ihr reitet seit sechs Jahren auf der Erfolgswelle, was habt ihr gelernt?
Roman: Fehler zu machen. Wir sind immer noch jung und haben schon so viel gelernt.
Gehören Fehler zum Jungsein dazu?
Heiko: Ja, aber Karrierefehler, das kennen die wenigsten in unserem Alter.
An welche Fehler denkt ihr?
Roman: An unternehmerische. Oder bestimmte Management-Entscheidungen, Detailkram eben.
Bereut ihr als "Lochis" kreative Fehler?
Roman: Nein. Fehler machst du nicht ohne Grund. Das sehen wir optimistisch. Alles, was wir gemacht haben, auch unsere Fehler, hat uns dahin geführt, wo wir jetzt sind. Der eigentliche Fehler wäre nur, aus Fehlern nicht zu lernen. Heiko: Wir reden uns unsere Irrwege nicht schön, aber ich verschwende keine Minute daran, den Fehlern gegenüber nachtragend zu sein. Ich versuche keine Kraft an alte Fehler zu verschwenden, sondern dieselbe Kraft lieber für neue Ideen zu verwenden.
Teamerfahrung, Popularität, Karriere, wie unterscheidet ihr euch von Gleichaltrigen?
Roman: Wir haben früh unsere Comfort Zone verlassen. Wir haben Grenzen überschritten, Neuland betreten und waren neugierig auf Neues. Wir wollten raus aus der Dorfblase, obwohl wir da noch immer wohnen und uns da wohlfühlen.
Seid ihr angstfreier?
Heiko: Manchmal musst du mutig sein. Ohne zu wissen, wie etwas ausgeht, einfach ins kalte Wasser springen.
Glaubt ihr, dieser Wagemut bleibt euch in den nächsten Jahren erhalten?
Heiko: Der Ansporn, sich stetig zu steigern, der bleibt. Ich sehne mich danach, mehr zu erreichen.
Klingt nicht gerade nach Chillen auf den bisher verdienten Lorbeeren.
Roman: Jungsein heißt doch nicht, nur durch den Alltag zu bummeln.
Heiko: Unsere Jugend war schon krass anders als die der anderen Kinder.
Müsst ihr also alle Kanäle weiterhin mit Input befeuern?
Roman: Jetzt bauen wir unser Fundament für unsere Zukunft. Jeder würde die Chancen nutzen, die uns gerade geboten werden, jeder, der das machen will, was wir tun.
Heiko: In uns brennt Tatendrang. Aber vielleicht haben wir auch einfach nur mehr Energie als andere. Wir sind Rampensäue. Wir sind Macher, das spüren wir jeden Tag. Aber ich verstehe auch Menschen, die ihre Routine und ihr gewohntes Umfeld brauchen. Keiner muss so leben wie wir.
Seid ihr nie müde?
Roman: Doch, jetzt gerade. (Lacht)
Was steckt hinter eurem Erfolg, was viele nicht sehen?
Roman: Die jahrelange harte Arbeit. Kein Erfolg kommt über Nacht. Bei uns ist der krasse Kreisch-Hype vorbei. Wir versuchen mit unserem Team jeden Tag da zu bleiben, wo wir sind. Das ist der wahre Erfolg, dich lange oben zu halten.
Wer könnte euer Vorbild dafür sein?
Roman: Udo Lindenberg! Es gibt keine Online-Personalities als Vorbilder, die so alte Hasen sind wie wir. Ich spüre keine Zukunftsangst, aber in unserem schnellen Medium, dem Netz, spüre ich einen großen Druck am Ball zu bleiben. Sonst vergessen uns die Leute vielleicht.
Was müssen "Die Lochis" tun, um weiterhin im Gespräch zu bleiben?
Heiko: Talent und Authentizität zeigen.
Stecken "Die Lochis" in einer Image-Schublade?
Roman: Teenie-Star, Youtuber! Oh Mann, das nervt vielleicht. Wir arbeiten oft gegen diese Schubladen an. Das macht mich rasend, wenn Radiostationen unsere Songs nicht spielen. Wir sind Künstler, es ist doch egal, ob du in der Fußgängerzone, Castingshow oder im Internet beginnst, Musik zu machen.
Ist das eine Generationenfrage, dieses Missverständnis?
Heiko: Eindeutig!
Welches eurer Talente wird denn nicht wahrgenommen?
Heiko: Unsere Liebe zur Musik. Wir waren Musiker, bevor wir Youtuber wurden. Das ist unsere Leidenschaft. Nur Musik ist mein authentisches Ventil, da bin ich wirklich ich. Roman: Ich suche in der Musik nach Perfektion. Der Sound lässt mich runterkommen, Frust ablassen, entspannen. Wenn ich traurig bin, spiele ich eine Stunde Gitarre und tanke dabei Energie. Ich liebe es, mit den Fans unsere Songs zu singen.
"Nice, dass du dabei bist" ist eure neue Single, klingt melancholisch, warum?
Roman: Das ist die Sehnsucht nach den besonderen Menschen in unserem Leben, für die wir aber manchmal wenig Zeit haben. Die leider nicht immer unseren Alltag teilen können. Unsere Freunde, unsere Heimat fehlen uns schon sehr durch den Erfolg.
Heiko: Wir haben gelernt: Business ist nicht alles. Freunde sind wichtig, das Zusammensein schätze ich heute mehr als früher. Allerdings liebe ich es, auf Tour zu sein. Es gibt nichts Geileres als eine Horde von 20 Leuten, die in 30 Tagen 25 Konzerte spielen und Fans glücklich machen. Voll das Team-Ding.
Habt ihr ein Backstage-Ritual?
Roman: Die gesamte Crew steht im Kreis und singt von De Randfichten: "Lebt denn der alte Holzmichl noch ...?", dann klatschen wir uns ab. Ich weiß, das klingt bescheuert! Egal ob jung, alt, Mann oder Frau, danach zählt nur noch die Show und unser Wir-Gefühl.
Heiko: Der letzte, den ich abklatsche, das ist immer und ausschließlich mein Bruder. Das ist unser Aberglaube, dieser Check. Das bringt Glück, wenn unsere Hände beim High Five einen bestimmten Ton erzeugen. Wir klatschen uns so lange ein, bis dieser Ton perfekt ist. Manchmal dauert das zwei Minuten. Erst dann betreten wir gemeinsam die Bühne.
Ihr seid vor unseren Augen junge Männer geworden. Was kommt jetzt von den Lochis?
Roman: Mit 30 stehen wir bestimmt nicht mehr als "Lochis" auf der Bühne. Das ist ein Kapitel von vielen in unserem Leben. Es öffnen sich doch immer wieder neue Türen mit jedem Alter. Wir wissen, was wir wollen. Wir kennen unsere Ziele für den neuen Lebensabschnitt.
Heiko: Es ist ein sensibles Zeitfenster gerade. Das alte Erfolgsmodell "Lochis" hat uns so lange begleitet, dass es schwerfällt, loszulassen. Ich verstehe auch, wenn Fans sagen: Ich bin aus dem "Lochis"-Alter rausgewachsen, so geht es uns ja selbst gerade. Normal. Wir entwickeln uns doch alle.
Wo wollt ihr denn genau hin?
Heiko: Wir wollen am liebsten unser Leben lang Musik machen. Wir sehen uns langfristig im Rampenlicht.
Roman: Wir wollen keine kostbare Lebenszeit auf Dinge verschwenden, die uns nicht erfüllen und die uns einfach keinen Spaß machen. Spaß hattet ihr bisher wirklich in einer Überdosis!
Roman: Na ja, wenn andere am Badesee abhingen, waren wir in Hotels oder im Tourbus oder auf Promotion-Tour.
Jammerst du jetzt darüber?
Roman: Nein, wir hatten dabei echt viel Spaß. Dafür bin ich extrem dankbar, aber eine normale Zeit war das nicht. Heiko: Wir haben unser Fachabitur in Frankfurt gemacht. In der Zeit sind wir nach der Schule regelmäßig nach Köln gefahren, hatten Dreharbeiten bis in die Nacht, sind um sechs Uhr morgens mit dem ersten ICE zurück nach Frankfurt und haben dann um acht wieder im Klassenzimmer gesessen.
Wie geht ihr beide mit Konflikten um?
Heiko: Klar, ehrlich, kompromissbereit. Wir bleiben immer im Dialog.
Ihr habt früh Verantwortung getragen, Entscheidungen gefällt, was habt ihr daraus gelernt?
Roman: Entscheidungen brauchen Zeit. Jede Entscheidung hat Konsequenzen.
Heiko: Wir erreichen mit unseren Inhalten unglaublich viele junge Menschen, dafür tragen wir eine Verantwortung. Wir versuchen seit Jahren Vorbilder für gute und positive Werte zu sein.