Constanze und Hanna vom Label Bridge & Tunnel fertigen mit Hilfe von gesellschaftlich benachteiligten Menschen tolle Mode aus Jeans. Dafür bekamen sie den German Design Award 2018.
EMOTION.de: Was genau ist "Bridge & Tunnel"?
Constanze Klotz: (lacht) Das ist gar nicht so einfach zu erklären. Man kann sagen, wir, also meine Mitgründerin Hanna Charlotte Erhorn und ich machen 'Design Plus'. Bei uns kauft man nicht nur das Produkt, sondern trägt dazu bei, dass Leute Arbeit bekommen. Das sind teilweise Leute mit Fluchtgeschichte und viele Frauen, die lange arbeitslos waren, alle mit einem multikulturellen Hintergrund. Und was uns auch unter den Nägeln brennt, ist das Thema ökologische Nachhaltigkeit, das bedienen wir, in dem wir aus vermeintlichen Resten fertigen.
Was war zuerst da: der Wunsch ein Modelabel zu gründen oder Langzeitarbeitslose zu unterstützen?
Beides. Wir lieben es, mit unserem Team zusammen zu arbeiten, wollen aber auch Produkte herstellen, die am Markt bestehen. Unser Claim ist "we design society" – wir wollen mit unseren Designs die Welt verändern. Wir hatten keinen Bock einfach nur ein Design zu machen, das dann in China gefertigt wird.
Und was ist für eure Kunden wichtiger, das Design oder der Hintergrund der Herstellung?
Du kaufst dir einen Pullover, weil du dich in ihn verknallst. Deswegen haben wir den Anspruch ein professionelles hochwertiges Design zu machen, dem man seine Geschichte nicht ansieht. Also, dass er aus einer alten Jeans besteht und dass er von Menschen genäht wurde, die es etwas schwerer im Leben haben. Die Leute sollen sich in unsere Sachen verknallen und wenn sie dann merken, der Rucksack hat ja mehr zu bieten als ein herkömmlicher, dann kaufen sie ihn noch lieber.
Für euer Design habt ihr ja just den "German Design Award" gewonnen ...
Das hat wirklich Schnappatmung bei uns ausgelöst. Wir haben zwar schon einige Preise gewonnen, aber noch keinen im Design-Segment. Das zeigt uns aber, dass wir mit dem Label auf dem richtigen Weg sind.
Was inspiriert euch für eure Kollektionen?
Wir lieben Denim. Eigentlich wollten wir jedes Jahr ein anderes Produkt upcyclen, aber wir hängen total an Denim. Es gibt so viele unterschiedliche Blautöne, die wir für unsere Patchworkmuster verwenden können. Außerdem gibt es viel zu viele Jeans auf dem Planeten. Der Normalverbraucher hat acht bis zehn Stück, trägt aber nur drei.
Wir kaufen alte Jeans, die für die Weitergabe an Bedürftige zu schlecht sind, der Kleiderkammer in Wilhelmsburg ab, die ist gleich bei uns um die Ecke. Der Gedanke, dass die Jeans nicht das Ende ihres Lebens erreicht hat, inspiriert uns. Kunden können auch ihre eigene Jeans vorbeibringen und wir machen was Neues draus. Die finden es cool, wenn sie ihre Jeans aus dem Ibiza-Urlaub von 1993 dann als Clutch tragen können.
Wieso habt ihr euch für den Standort Hamburg Wilhelmsburg entschieden?
Wir haben hier seit fünf Jahren den Co-Working Space "Das Stoffeck" für Designer. Den haben Lotte und ich hier aufgebaut, weil wir das Viertel noch so schön unfertig fanden. Unser Co-Working-Space war für Profis gedacht, wir haben aber auch Platz für Leute aus dem Viertel geschaffen. Etwa einem deutsch-türkischen Nähclub, der mit seinen Nähmaschinen in die Moschee gegangen ist. Bei uns läuft das wie beim Carsharing, nur eben mit Nähmaschinen, Zuschneidemaschinen oder Siebdruck.
Gerade in Wilhelmsburg gibt es viele Kulturen, die das Handwerk sehr gut beherrschen. Nähen spielt in Indien oder der Türkei einfach eine andere Rolle. Als wir gesehen haben, wie gut die Frauen nähen können, aber noch nie einen Job hatten, war das für uns der Erweckungsmoment. Wir dachten uns, lass uns das doch miteinander verbinden.
Warum sollte jeder mal nach Wilhelmsburg?
Es gibt hier ein paar richtige Schätze, das Kaffeeklappe ist ein sehr charmantes Café. Und abseits der Straßen ist man von Wasser umschlossen. Auf dem Dockville-Gelände kann man schön spazieren, das hat eine Hafenindustrie-Romantik und dann gibt es noch das großes Naturschutzgebiet Heuckenlock, bis dorthin kann man abgefahrene Fahrradtouren machen kann.
Mehr über Bridge & Tunnel und die aktuellen Kollektionen erfahrt Ihr hier: bridgeandtunnel.de.
Hier sehr Ihr die Gewinner des German Design Award 2018.