Nachhaltigkeit spielt in unserem Alltag eine immer größere Rolle – auch beim Thema Geld. Rendite mit gutem Gewissen lautet das Motto. Die finanz-heldinnen verraten, wie man verantwortungsbewusst investiert, welche Ökosiegel vertrauenswürdig sind und warum man nicht auf das perfekte grüne Investment warten sollte.
Ökostrom, Bio-Lebensmittel oder Co2-neutrale Reise – legst auch du Wert auf eine ressourcenschonende Lebensweise? Laut des "Konsummonitors Nachhaltigkeit" des Handelsverbandes Deutschland (HDE) tun das zumindest mittlerweile rund die Hälfte der Deutschen. Sie achten beispielsweise beim Kauf von Lebensmitteln oder Kleidung auf Nachhaltigkeit – Tendenz steigend. Der Wunsch, verantwortungsbewusster zu leben, beschränkt sich dabei nicht nur auf den Konsum. Immer mehr Menschen – vor allem Frauen – wollen auch beim Thema Finanzen ihren ökologischen Fußabdruck möglichst klein halten.
Kein Wunder, dass die Finanzindustrie diesen Trend erkannt hat und uns als Anlegerinnen zahlreiche Produkte, Anlagestrategien und grüne Konten anbietet. Da den Überblick zu behalten und das passende Investment für dich selbst herauszupicken, kann ziemlich schwierig sein. Vor allem dann, wenn du gerade erst begonnen hast, dich mit dem Investieren zu beschäftigen.
Die finanz-heldinnen möchten Frauen für Finanzen begeistern und sie auf dem Weg in ihre finanzielle Zukunft mit unterschiedlichen Wissensangeboten begleiten. Mit ihren Formaten sorgen sie für das nötige Wissen, um dieses Thema anzugehen und begleiten dich Schritt für Schritt auf dem Weg zur finanz-heldin! Mehr erfährst du hier:
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Nachhaltigkeit – Ein Begriff, viele Sichtweisen
Bevor du deine grüne Finanzplanung angehst, solltest du dich daher mit dem Begriff "Nachhaltigkeit" vertraut machen: Im reinen Wortsinn bedeutet "nachhaltig" nichts anderes als substanzschonend. Weil der Begriff nicht geschützt ist und somit jede:r das eigene Finanzprodukt nachhaltig nennen könnte – auch, wenn es das gar nicht ist – , wurden in der Finanzbranche spezielle Standards entwickelt: die sogenannten ESG-Kriterien. Sie helfen dir, deine Geldanlage auf Nachhaltigkeit zu überprüfen.
- Das "E" steht für "Environment". Bei diesem Kriterium werden Umweltaspekte in der Führung und im Produktportfolio eines Unternehmens berücksichtigt. Geprüft wird beispielsweise, wie effizient Ressourcen eingesetzt werden und was ein Unternehmen zum Klimaschutz beiträgt.
- Das "S" steht für "Social". Dabei geht es um die Frage, wie ein Unternehmen mit seinen Mitarbeitenden, aber auch der Gesellschaft interagiert. Kernpunkte sind dabei zum Beispiel die Einhaltung von Arbeitsrechten sowie Gleichbehandlung am Arbeitsplatz.
- Das "G" steht für "Governance". Dieses Kriterium steht für Unternehmensführung und befasst sich mit der Fähigkeit der Firma, langfristig erfolgreich zu wirtschaften, auch wenn das bedeutet auf kurzfristige Gewinne zu verzichten.
Kurzum: ESG steht für vieles, was umwelt- oder sozialverträglich ist oder als gute Unternehmensführung bezeichnet werden kann. Auch die Vereinten Nationen versuchen, Licht ins Investment-Dunkel zu bringen und haben dafür 17 "Sustainable Development Goals" definiert, um Unternehmen hinsichtlich ökonomischer, ökologischer und sozialer Komponenten zu bewerten.
Auch, wenn es solche Ziele und Definitionen einfacher machen, konkrete Kriterien bei der Auswahl der Investments anzulegen, bleibt leider immer noch viel Interpretationsspielraum: Während du vielleicht Aktien des Energielieferanten E.on kaufen würdest, weil sich das Unternehmen mehr und mehr nachhaltiger Energiegewinnung widmet, ist es für deine Freundin womöglich ein absolutes No-Go ein Unternehmen im Portfolio zu haben, das direkt zum Klimawandel beiträgt – der ökologischen Bemühungen des Unternehmens zum Trotz.
Was bedeutet Nachhaltigkeit für mich?
Nachhaltigkeit ist also ein sehr individuelles Thema. Katharina Brunsendorf weiß das aus eigener Erfahrung. "Wichtig ist es, sich erstmal persönlich zu fragen, was der Begriff für mich bedeutet und dies in meine Recherche miteinzubeziehen", sagt die Leiterin der Initiative finanz-heldinnen des Commerzbank Konzerns. Gleichermaßen rät sie zu Kompromissbereitschaft: "Häufig gibt es noch nicht DIE nachhaltige Geldanlage, die 100% zu meinen Vorstellungen passt. Dennoch kann ich mich mit einer Variante annähern und im Laufe der Zeit nachbessern."
Denn auch ein Investment, das vielleicht nicht all deine Nachhaltigkeitskriterien perfekt erfüllt, ist im Zweifel besser, als das Geld auf dem Konto herumliegen zu lassen. Einerseits aus Rendite-Sicht, da Sparguthaben aktuell so gut wie gar nicht verzinst wird (in einigen Fällen drohen sogar Negativ-Zinsen!). Andererseits, weil ansonsten die Bank das Geld für ihre Zwecke nutzt – und ob die mit deinen persönlichen Nachhaltigkeitszielen vereinbar sind, kann je nach Bank fraglich sein.
Wie du dein Geld investierst, hat also Einfluss darauf, wie es genutzt wird. "Wenn alle einen kleinen Schritt gehen und die Nachfrage in puncto Nachhaltigkeit steigt, dann nehmen das auch die Unternehmen wahr", erklärt Katharina Brunsendorf und ermutigt, die eigene Macht als Verbraucherin und Anlegerin bewusst zu nutzen.
Aber bringt dir die grüne Geldanlage auch Gewinne?
Immerhin: Das Volumen, das hierzulande beispielsweise in nachhaltige Fonds geflossen ist, hat sich in den vergangenen Jahren vervielfacht. Ein Grund dafür dürfte die gute Wertentwicklung nachhaltiger Investments sein. Zahlreiche Untersuchungen zeigen nämlich, dass nachhaltige Fonds eine höhere Rendite erwirtschaften als konventionelle Fonds.
Doch wie findest du nun Geldanlagen, mit denen du guten Gewissens Vermögen aufbauen kannst?
Der sicherste Weg ist sicherlich, die Finanzprodukte selbst auf Herz und Nieren zu prüfen, also Unternehmensberichte zu lesen, das Produktportfolio kritisch zu durchleuchten, Ratings nachzuvollziehen und die Medienberichterstattung zu verfolgen. Schon für ein einzelnes Unternehmen ist das sehr aufwändig. Einen ganzen ETF oder Fonds mit teils tausenden enthaltenen Titeln einem gründlichen Check zu unterziehen, ist unmöglich – selbst, wenn du bereit bist, sehr viel Zeit zu investieren.
Alternativ kannst du gezielt Finanzprodukte – also in erster Linie ETFs und Fonds – kaufen, deren Anlageansätze Nachhaltigkeitsstrategien enthalten. Hier gibt es verschiedene Ansätze, von denen du die wichtigsten vier kennen solltest:
1. Gezielte Auswahl von Titeln
Das Management eines Fonds sucht aktiv nach Aktien von nachhaltig wirtschaftenden Unternehmen.
- Vorteil: Die Unternehmen werden eingehend geprüft und die Fondsgesellschaft kann ihr Stimmrecht als Aktionärin nutzen, um weitere Nachhaltigkeitsstandards in den Unternehmen zu integrieren.
- Nachteil: Die laufenden Gebühren (TER) des Fonds sind aufgrund des aktiven Managements ggf. etwas höher.
2. Ausschluss von bestimmten Branchen
Unternehmen, die bestimmte Produkte herstellen bzw. in bestimmten Branchen aktiv sind (Waffen, Pornografie, etc.) oder gegen bestimmte soziale, ökologische und governancebezogene Kriterien verstoßen (Kinderarbeit, Korruption etc.), werden bei der Titelauswahl grundsätzlich nicht berücksichtigt.
- Vorteil: Die schlimmsten "Übeltäter" befinden sich garantiert nicht im Portfolio.
- Nachteil: Je nachdem, wie umfangreich die Blacklist der ausgeschlossenen Unternehmen ist, kauft man am Ende dennoch einige unliebsame Unternehmen mit.
3. Best-in-Class Ansatz
Es wird in diejenigen Unternehmen investiert, die innerhalb ihrer Branche, die besten Nachhaltigkeitsleistungen erbringen.
- Vorteil: Unternehmen, die sich Nachhaltigkeit auf die Fahnen geschrieben haben und den Ansatz am besten verfolgen, sind langfristig auch aus Rendite-Sicht attraktiv.
- Nachteil: Es gibt ggf. keine Ausschlusskriterien bestimmter Branchen wie Waffen oder Kernenergie.
4. Impact Investing
Das Fondsmanagement investiert gezielt in Unternehmen, die eine positive Wirkung – eben Impact – haben, zum Beispiel Wasserfilteranlagen in Entwicklungsländern betreiben.
- Vorteil: Mit dem eigenen Geld unterstützt man aktiv innovative und auf Nachhaltigkeit ausgerichtete Geschäftsmodelle.
- Nachteil: Das Research für solche Unternehmen ist teuer, was sich auf die laufenden Kosten (TER) des Fonds auswirkt.
Nomen est Omen – und noch ein Siegel dazu
Mittlerweile gibt es hunderte Produkte, die sich selbst den Stempel "Nachhaltigkeit" aufgedrückt haben. Ob eine den eigenen Werten entsprechende Strategie dahintersteckt oder alles nur Greenwashing ist, erkennt man zunächst nur schwer. "Manchmal verrät der Fondsname, inwiefern das Produkt überhaupt eine nachhaltige Anlagestrategie verfolgt", sagt Katharina Brunsendorf von den finanz-heldinnen. Das Wörtchen "ex" zeigt beispielsweise an, ob und wenn ja, welche Branchen ausgeschlossen werden. "Ex Weapon" bedeutet zum Beispiel, dass du dir keine Sorgen machen musst, dass in Rüstungs- und Waffenlieferanten investiert wird. Zusätze wie ESG, SRI (Social Responsible Investment), Sustainable, Grün oder Klima deuten auf ein Produkt mit Nachhaltigkeitsstrategie hin, beispielsweise gibt es für zahlreiche große und bekannte Indizes wie den MSCI World oder auch den DAX nachhaltige Varianten, die man anhand von Zusätzen wie ESG oder SRI im Namen erkennt.
Wenn du auf Nummer sicher gehen willst, solltest du prüfen, ob dein gewünschter Fonds mit einem Nachhaltigkeitssiegel ausgezeichnet ist. Solche Öko-Label werden nach bestimmten Kriterien an Fondsanbieter vergeben, die sich Nachhaltigkeitszielen bei ihren Produkten verschrieben haben – und sie auch konsequent verfolgen. Die zwei bekanntesten Siegel für nachhaltige Geldanlagen sind das FNG-Siegel der Gesellschaft für Qualitätssicherung Nachhaltiger Geldanlagen sowie das Ecoreporter-Siegel vom Online-Magazin Ecoreporter.
- Beim FNG-Siegel werden Investments in Atomkraft, Kohle, Fracking, Ölsand sowie Waffen und Rüstung ausgeschlossen. Mindestens 90 Prozent des Fondsportfolios werden dazu auf die ESG-Kriterien überprüft. Die Nachhaltigkeits-Zertifizierung muss jährlich erneuert werden.
- Beim Ecoreporter-Siegel wird zunächst geprüft, ob die Unternehmen tatsächlich ihre Nachhaltigkeitsversprechen halten. Zudem müssen für die Vergabe des Siegels Mindeststandards erfüllt werden. So sind etwa Kinderarbeit und schwere Menschenrechtsverletzungen ausgeschlossen.
Mittlerweile hat auch die Politik die Relevanz des Themas erkannt. Für Ende des Jahres plant die EU-Kommission ein Ökolabel für Finanzprodukte, um Privatanlegerinnen und Privatanlegern bessere Orientierung in Sachen nachhaltige Investments zu geben.
Für dich als Privatanlegerin bleibt aber der wichtigste Handlungsschritt, dir selbst darüber klar zu werden, wie du für dich Nachhaltigkeit definierst. Denn dann hast du einen Maßstab, den du ansetzen kannst, wenn es um die Fondsauswahl geht. Um besser einzuschätzen, ob ein Produkt zu dir passt, hilft folgende Checkliste:
- Passt das Produkt grundsätzlich zu meiner Anlagementalität, zu meinen Zielen und zu meiner Risikobereitschaft?
- Welche Anlagestrategie mit welchem Nachhaltigkeitsansatz verfolgt der Fonds – und passt sie zu mir?
- Hat der Fonds ein Siegel und wenn ja, passen die Kriterien des Siegels zu meinen Nachhaltigkeitswerten?
Wenn du die Fragen für dich mit "Ja" beantworten kannst: Glückwunsch – Leg los!
Wenn du unsicher bist, hinterfrage, was genau noch nicht passt. Bereiten dir einzelne Punkte arge Bauchschmerzen, lass die Finger davon! Sind es Kleinigkeiten, die dich vielleicht stören, mache dir nochmal bewusst, dass es das perfekte Investment nur selten gibt. "Wir wollen immer alles zu 100 % perfekt machen. Aber setze ich im Privaten in puncto Nachhaltigkeit alles einwandfrei um? Sicher nicht immer", sagt Katharina Brunsendorf. Sie appelliert dafür, seinen Perfektionismus etwas abzulegen und stattdessen zu starten: "Je mehr nachhaltige Geldanlagen angeboten werden, desto mehr kommen auf den Markt. Mit dieser Einstellung kannst du etwas verändern."
Auf der Webseite der finanz-heldinnen findest du eine Reihe weiterer Informationen und Anregungen zum Thema Nachhaltigkeit sowie viele weitere Tipps zu Finanzen in allen Lebenslagen. Schau doch mal rein!
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