Delegieren ist wichtig, um selbst effektiv zu arbeiten. In fünf Schritten erklärt Coach Andrea Osthoff, was sie dabei beachten müssen
"Soll ich dir was abnehmen?" "Nein danke, das schaffe ich schon!" Kommt Ihnen dieser Wortwechsel irgendwie bekannt vor? Wahrscheinlich kommt die Aussage sogar noch aus Ihrem Mund, wenn sich der Schreibtisch bereits vor Arbeit biegt. Fakt ist: Viele Frauen tun sich schwer damit, Aufgaben an Kollegen oder Mitarbeiter zu verteilen. Zum einen, weil sie schlechte Erfahrungen damit gemacht haben und sich hinterher doch selbst darum kümmern mussten. Zum anderen, weil sie Angst haben, vom Chef oder männlichen Kollegen als nicht belastbar wahrgenommen zu werden. Das ist natürlich Unsinn! Delegation ist kein Makel, sondern vielmehr ein wesentlicher Hebel zur wirkungsvollen Multiplikation Ihrer Arbeitskraft. Dazu sollten Sie systematisch an die Sache heran gehen. Erfahren Sie hier, wie Sie in nur fünf Schritten zukünftig erfolgreich und motivierend delegieren.
Schritt 1: Geben Sie einen klaren Auftrag
Voraussetzung für den Erfolg der Delegation ist ein präziser Arbeitsauftrag. Das sollte eigentlich selbstverständlich sein. Doch gerade Frauen fällt es nicht ganz leicht, unmissverständliche und klare Anweisungen zu geben. Da heißt es schnell: "Könnten Sie mir die Zahlen eventuell zusammenstellen, falls Sie heute irgendwann Zeit dafür haben?" So wird Ihr Gegenüber den Auftrag garantiert nicht ernst nehmen. Denn die Kombination aus Konjunktiv "eventuell" und "irgendwann" sorgt dafür, dass Ihr Anliegen gar nicht als Aufforderung, sondern vielmehr als Frage wahrgenommen wird.
So verhindern Sie das Missverständnis: Erklären Sie genau, was Sie erwarten. Delegieren ist mehr als das bloße Weiterreichen einer Aufgabe. Es ist entscheidend für den Erfolg, dass Sie Ihrem Kollegen oder Mitarbeiter einen möglichst präzisen Arbeitsauftrag erteilen. Das gelingt Ihnen, wenn Sie sich an den sogenannten W-Fragen orientieren:
- Was: Ziele und Aufgaben definieren und genau erklären
- Warum: Notwendigkeit, Bedeutung der Aufgabe auch für den größeren Zusammenhang
- Wie: Erwartung beschreiben, ggf. Arbeitsmittel und Befugnisse zur Verfügung stellen
- Wann: Frist vereinbaren
Schritt 2: Zwischenschritte vereinbaren
Delegation ist Vertrauenssache. Es bringt niemandem etwas, wenn Sie Ihrem Mitarbeiter ständig über die Schulter schauen und eingreifen. Dann hätten Sie es auch direkt selbst erledigen können. Gerade bei umfangreicheren und schwierigen Aufgaben macht es jedoch Sinn, wenn Sie ein Auge auf den Arbeitsfortschritt haben. Hier gilt: Keine spontanen Kontrollen! Vereinbaren Sie stattdessen, wann Zwischenergebnisse fertig sein sollen. So können Sie sichergehen, dass sich das Projekt in die richtige Richtung entwickelt, gleichzeitig wird Ihr Mitarbeiter nicht das Gefühl haben, dass Sie ihn für inkompetent halten oder kein Vertrauen in ihn haben. Denn Delegieren bedeutet auch, Verantwortung zu übergeben und zugleich das Recht, eigene Entscheidungen zu fällen.
Schritt 3: Stehen Sie bei Fragen zur Verfügung
Aus den Augen, aus dem Sinn? Wie gerade erwähnt ist es wichtig, dass Sie Ihre Kollegen oder Mitarbeiter in Ruhe an der jeweiligen Aufgabe arbeiten lassen. Das bedeutet jedoch nicht, dass Sie sie auch alleine lassen sollen. Signalisieren Sie daher, dass er oder sie sich jederzeit mit Fragen und Problemen an Sie wenden kann. Achten Sie jedoch darauf, in diesen Fällen als Sparringspartner und nicht als Lösungsgeber zu fungieren. Bitten Sie Ihr Gegenüber um seine Sichtweise und seine Lösungsvorschläge, die Sie dann feedbacken – ansonsten haben Sie die Aufgabe schneller wieder auf Ihrer To-do-Liste, als Sie "Rückdelegation" sagen können.
Schritt 4: Ergebnisse gemeinsam besprechen
Auch wenn Sie viel zu tun haben: Schauen Sie sich die Bearbeitung an und nehmen Sie sich dann Zeit für ein Feedback. Grundsätzlich gilt: Je umfangreicher der Auftrag war, desto mehr Zeit sollten Sie sich für das Auswertungsgespräch nehmen. So stellen Sie sicher, dass Ihre Erwartungen an die Qualität der Arbeitsergebnisse vom Mitarbeiter verstanden und erfüllt werden können. Regen Sie auch die Selbstreflexion an, indem Sie Ihr Gegenüber fragen, wie zufrieden er oder sie selbst mit dem Ergebnis ist. Was hat gut geklappt, wo gab es Schwierigkeiten? Woran lag das? Bei aller Analyse darf natürlich auch das Lob nicht zu kurz kommen.
Schritt 5: Nachbessern erlaubt – aber nicht von Ihnen
Sie entdecken einen oder mehrere Fehler in der Ausarbeitung, ein wichtiger Schwerpunkt ist unerwähnt geblieben? Hier ist es entscheidend, nicht in eine weitere, typisch weibliche Falle zu tappen: "Herr Schulze, vielen Dank für die Vorbereitung der Präsentation. Ich habe noch ein paar Ungenauigkeiten entdeckt. Darum kümmere ich mich aber selbst." Stopp! Es ist niemandem damit geholfen, wenn Sie sich selbst der Korrekturen annehmen. Auch wenn es unangenehm ist: Sprechen Sie Ihr Gegenüber darauf an und überprüfen Sie, wie es dazu kommen konnte. Entstand der Fehler des Mitarbeiters durch Unwissenheit, weil Sie ungenau delegiert haben? Fehlten notwendige Unterlagen? Verbuchen Sie es als Erfahrung, geben Sie Ihrem Gegenüber die Möglichkeit, nochmal nachzubessern. Und denken Sie daran, Aufgaben in Zukunft noch präziser zu erklären.
Andrea Osthoff ist als Managementberaterin, Trainerin und Coach für die grow.up. Managementberatung GmbH tätig. Seit bald zehn Jahren trainiert und coacht sie Frauen in den Themen Führung und Persönlichkeitsentwicklung. www.grow-up.de