Cross Mentoring München ist ein firmenübergreifendes Mentoring Programm für Frauen. Ein Gespräch mit Simone Schönfeld über das besondere Programm und das erklärte Ziel, Frauen in Führungspositionen zu bringen.
Seit fast 20 Jahren gibt es in München ein Cross Mentoring Programm unter großen Unternehmen. Unterstützt von dem Referat für Arbeit und Wirtschaft und dem langjährigen Bürgermeister Christian Ude entwarf die Firma Cross Consult das Programm mit einem Ziel: mehr Frauen in Führung zu bringen. Zeit für eine Bilanz. Ein Gespräch mit der Co-Gesellschafterin und Gründerin Simone Schönfeld.
EMOTION: Amerikanische Online-Befragungen haben in diesem Jahr ergeben, dass 1/6 der befragten männlichen Manager Probleme damit haben, Mentor für Frauen zu sein. Kennen Sie diese Bedenken?
Simone Schönfeld: Nein. Wir haben überhaupt keine Probleme, männliche Mentoren für weibliche Mentees zu finden. Es gibt sogar Wartelisten. Was ich mir wünsche: Und wir würden gern auch die Männer mit dem Programm erreichen, bei denen wir noch Überzeugungs- und Aufklärungsarbeit zu leisten haben. Jetzt melden sich vor allem Männer als Mentor, die dem Thema Frauen und Führung ohnehin schon sehr aufgeschlossen gegenüber stehen.
Cross Mentoring München ist wahrscheinlich das älteste Cross-Mentoring-Programm Deutschlands – es existiert seit 2001. Was war der Gründungsimpuls?
Wir suchten eine neue Strategie, um mehr Frauen in Führung zu bringen. Was es damals schon gab, waren Frauenseminare. Und einige firmeninternen Mentoring-Programme, z.B. bei der Telekom. Aber die Grundidee von Cross Mentoring war damals noch exotisch.
Die Grundidee: Jedes teilnehmende Unternehmen stellt einen Mentoren oder Mentorin und eine Mentee, die dann von Mentoren eines anderen Unternehmens 12 Monate begleitet wird.
Genau. Es war ungewöhnlich, dass sich Großunternehmen öffnen und nach außen sagen: das sind unsere internen Probleme und wir kommen damit nicht weiter, wir brauchen etwas Übergreifendes.
Wobei hilft das Übergreifende?
Es wirkt auf drei Ebenen: Für die Mentees bringt es die Möglichkeit mit Frauen aus anderen Unternehmen in Kontakt zu kommen und zu merken, dass ihre Erfahrungen, ihre Probleme nicht ihre persönlichen sind, sondern strukturell bedingt und in jeder Organisation ähnlich. Das ist sehr entlastend. Mentoren und Mentorinnen haben gemerkt, dass im Programm ein Riesenpotenzial für sie als Führungsperson liegt, durch den Perspektivwechsel und den Austausch. Und Unternehmen können in der gemeinsamen Steuerungsgruppe an ihren eigenen Programmen und Zielen arbeiten.
Welche Unternehmen waren beim Start dabei?
Es waren vier: Frauenhofer Gesellschaft, Deutsche Bank, Telekom und Allianz. Über die 18 Jahre haben mittlerweile mehr als 35 Unternehmen teilgenommen.
Wie hat sich das Programm in fast 20 Jahren verändert?
Es läuft immer noch zwölf Monate, auch der Grundaufbau ist unverändert. Aber die Beziehung von Mentoren zu Mentees ist anders.
Inwiefern?
Früher war die klare Erwartungshaltung: Ich als Mentee bekomme einen älteren Mentor oder Mentorin. Das ist nicht mehr so. Die Mentees sind oft in einer späteren biografischen Phase, wollen z.B. nach einer Familienpause wieder durchstarten. Mentoren sind oft gleichalt. Und die Beziehung findet stärker auf Augenhöhe statt. Denn die Mentoren stecken meist auch mitten in der Transformation ihres Unternehmens, sind professionell in einem Suchprozess. Für sie ist der Austausch genauso spannend.
Wie messen Sie den Erfolg des Programms – jenseits seiner beeindruckenden Langlebigkeit?
Wir evaluieren jedes Jahr, das Programm hat kontinuierlich hohe Zufriedenheitswerte. Und es gibt natürlich Erfolgsgeschichten. Und Frauen, die früher Mentees waren und jetzt als Mentorinnen wieder ins Programm kommen. Aber uns ist es am wichtigsten, dass das Programm als Orientierung für die Frauen funktioniert. Bei dem auch gern herauskommen kann, dass Führung nicht ihr Weg ist. Wir wollen Frauen ermutigen. Es gibt z.B. auch Frauen, die während des Programms schwanger werden. Die das immer wieder herausgeschoben haben und jetzt Frauen kennenlernen, die Familie und Beruf gut lebbar vereinbaren. Die Mentees können dann in der Zeit eine Idee für ihre Karriere nach der Familienzeit entwickeln.
Es gibt eine Diversity-Müdigkeit in Unternehmen und Männer, die Frauenförderung zunehmend als „unfair“ empfinden. Wie setzen Sie dieser Tendenz entgegen?
Zuerst, dass Fairness natürlich immer im Auge des Betrachters liegt. Und, dass viele Diversity-Programme Fairness absolut mitdenken. „Fair Share“ etwa von unserem Mitgliedsunternehmen KPMG. Sie geben sich keine absolute Quote, aber sie nehmen sich vor, den selben Anteil auf der höheren Führungsebene zu erreichen wie auf der darunterliegenden. Also darauf zu achten, dass man Frauen nicht verliert auf dem Weg in den Vorstand. Aber Sie haben recht: Am Anfang gab es eine große Euphorie. Wir packen das jetzt an! In den letzten Jahren haben wir gemerkt, dass das so schnell alles nicht geht. Der rechnet sich nicht so schnell, der Business Case Diversity. Und es gibt viele Widerstände in den Organisationen.
Wie ist Ihr Ausblick?
Gender und Gender-Diversity sind selbstverständlich geworden. Aber wir müssen dranbleiben und diese Fairness immer wieder einfordern. Dazu gehört für mich auch, darüber zu sprechen, wie Frauen ihren Teil dazu beitragen können, indem sie Komfortzonen verlassen, sich um Führungsrollen bewerben und auch andere Berufe wählen. Für mich sind diese Themen sehr stark verknüpft mit New Work und neuen Führungsideen. Bis hin zum Thema: Wie ermutigen wir Männer, sich für die Familie und gegen die Karriere zu entscheiden?
Im Mentoring-Programm von EMOTION könnt ihr diesen Monat Mentee von Sarah Fix-Bähre werden, Industry Leader Insurance bei Google.