Plastikfrei leben? Musikerin Angelika Bachmann ist Expertin auf diesem Gebiet. Sie verrät, wie das für sie funktioniert. Dazu gibt's Tipps und Tricks von der Redaktion sowie unsere plastikfreien Lieblings-Beauty-Produkte.
Wir alle kennen die Bilder von vermüllten Stränden, von Fischen und Schildkrötenbabys, die mit einem Bauch voll Plastik verhungern. Und Mikroplastik ist in so winzigen Partikeln in unserem Wasser und in unseren Böden, dass es sich sogar schon in unserem Gemüse nachweisen lässt – inzwischen auch in unserem Gehirn. Der Versuch, weniger Plastik zu verbrauchen, würde nicht nur unserer Umwelt guttun, sondern auch uns selbst. Wir alle können etwas tun. Guckt euch doch mal unsere Tipps an. Hier informieren wir noch einmal speziell zum Thema Mikroplastik in Kleidung.
Eine, die es schon länger probiert, ist die Musikerin Angelika Bachmann. Sie ist Geigerin beim international erfolgreichen Frauenquartett Salut Salon und arbeitet als Businesscoach. Sie ist eigentlich immer unterwegs und hat das kleine Wunder geschafft, seit über einem Jahr plastikfrei zu leben.
Was Angelika Bachmann zum Umdenken bewegt hat
"Als ich in Ghana ein Kinderprojekt unterstützt habe, hab ich gesehen, wie viel Plastik täglich an den Stränden angespült wird. Das hat mich zutiefst erschreckt. Also habe ich angefangen, mir mehr Gedanken zum Thema Plastik zu machen, habe Bücher gelesen. Es ist unfassbar, dass es zum Beispiel nur fünf Sekunden braucht, um einen Deckel von einem To-go-Becher herzustellen, der wahrscheinlich nicht länger als fünf Minuten verwendet wird und dann aber 500 Jahre braucht, um abgebaut zu werden. Dass im Jahre 2050 mehr Plastik als Fische in den Weltmeeren schwimmen soll, ist für mich kaum vorstellbar."
Der Einstieg in das plastikfreie Leben
"Letzten Sommer habe ich aus meinem Arbeitszimmer eine kleine Hexenküche gemacht und viele DIY-Rezepte ausprobiert. Als Geigerin bei Salut Salon und auch als Businesscoach bin ich quasi immer unterwegs. Zero-Waste muss für mich schnell gehen, einfach und unkompliziert sein – das hätte ich sonst allerhöchstens drei Wochen durchgezogen."
Hörtipp: Im EMOTION-Podcast spricht Angelika Bachmann über ihren Weg als Musikerin und ihr zweites berufliches Standbein.
So kauft Angelika Bachmann plastikfrei ein
"Wenn ich zu Hause bin, gehe ich auf dem Wochenmarkt einkaufen. Auf Tour, wenn ich in Hotels übernachte, versorge ich mich so gut ich kann selbst. Für den Fall, dass ich unterwegs plötzlich Hunger bekomme, kein Markt oder Unverpacktladen in der Nähe ist, habe ich immer Joghurt im Glas und Bananen mit dabei. Auch Grapefruit hält sich ewig."
Cremes? Kann man auch selbermachen
"Heute stelle ich vieles selbst her. Das meiste davon besteht nur aus ein bis zwei Zutaten: Brauche ich eine Creme, greif ich mir einfach Speiseöl aus der Küche, Haarspray mache ich aus Wasser und Zucker, Mascara aus gerösteten Mandeln oder Aktivkohle und Aloe Vera, Waschmittel nur aus Natron, Deo aus Kokosöl und Natron. Und damit es gut riecht, sind ätherische Öle wie Lemongrass und Zitronella schön – damit ein wenig zu experimentieren, macht mir Spaß. Am Anfang habe ich wirklich nicht geglaubt, dass das so gut klappen kann.
Haarseife und auch Zahntabletten kaufen mein Freund und ich im Unverpacktladen – und weil wir da so selten hinkommen, in großen Mengen, mit denen wir locker drei Jahre auskommen. Wir hatten zwar nie 10 000 Cremes zu Hause, aber es ist schon witzig, wie leer das Bad bei uns geworden ist."
6 Tipps: So kannst auch du plastikfrei leben
1. Tipp: Kennst du die Doku "Plastic Planet" schon? Die Bundeszentrale für politische Bildung stellt ihn sogar kostenfrei zur Verfügung
2. Tipp: Bücher, die wir aus der EMOTION-Redaktion toll für den Einstieg finden:
- "Mein Herz schlägt grün" von Louisa Dellert, Komplett Media, 18,00 €
- "Müllkommanix" von Verena Klaus, Lübbe Verlag, 12,90 €
- "Zero Waste. Weniger Müll ist das neue Grün." von Shia Su, Freya Verlag, 14,90 €
3. Tipp: Jutebeute ersetzen beim Einkaufen die Tüte. Wo es bei dir in der Nähe die Möglichkeit gibt, unverpackt einzukaufen, kannst du hier herausfinden: wastelandrebel.com/de/liste-unverpackt-laeden/
4. Tipp: Kaffee zum Mitnehmen gibt's immer häufiger schon in den eigenen Becher. Wer seinen Behälter (die Lunchbox oder zum Beispiel auch ein Einmachglas) selbst mitbringt, kann sich das Mittagessen to-go ebenfalls dort hineinfüllen lassen und spart sich Verpackungsmüll. Fragen kostet nichts.
5. Tipp: Nützliche Apps
- Gegen Lebensmittelverschwendung empfehlen wir die App "Too Good To Go" (toogoodtogo.de) und die Plattform: foodsharing.de
- Die Wasserflasche unterwegs wieder auffüllen? "Refill" gibt den Überblick auf refill-deutschland.de
- Über die App "Replace Plastic" kannst du Herstellern übrigens direkt mitteilen, dass du dir für ein Produkt eine Verpackung ohne Plastik wünscht.
6. Tipp: Mikroplastik in Kosmetik
Wenn du dir unsicher bist, ob deine Kosmetik Mikroplastik enthält, kannst du das mit den Apps "ToxFox", "Code Check" und "Beat the Microbe" überprüfen. Auch der Bund für Umwelt und Naturschutz hat in einem Online-Einkaufsratgeber mehr als 100 Pflegeprodukte gelistet, in denen Mikroplastik enthalten ist.
Plastikfrei ist das neue parabenfrei!
Unsere Beauty-Redaktion hat euch diese zehn plastikfreien Lieblingsprodukte zusammengestellt:
Aber warum ist überhaupt Mikroplastik in Kosmetik?
In Kosmetikprodukten fungiert Mikroplastik nicht nur als Schleifmittel in Peelings, sondern auch als Bindemittel, Füllmittel oder Filmbildner. Als Emulgator sorgt es in Cremes beispielsweise für ein geschmeidiges Gefühl auf der Haut. Polyquaternium-7 legt in Shampoos einen Plastikfilm um die Haare, um das Ziepen zu verhindern. In Cremes wiederum sorgt Acrylates Crosspolymer für ein geschmeidiges Gefühl. Plastikzusätze sind so häufig in Beauty-Produkten zu finden, weil sie besonders günstig sind und niedrige Produktionskosten anfallen.
Warum ist das ein Problem?
Die Plastikpartikel gelangen über die Abflüsse von Waschbecken und Badewannen in die Kanalisation und schließlich in die Meere. Sie sind also schädlich für die Umwelt. In Großbritannien und Kanada ist Mikroplastik in Kosmetikartikeln bereits verboten, auch in den USA dürfen diese ab Juli nicht mehr verkauft werden.
Wie kann ich Plastik erkennen?
Plastik erscheint leider immer in einem anderen Gewand. Folgende Stoffe zählen dazu: Acrylate Copolymer (AC), Acrylate Crosspolymer (ACS), Dimethiconol, Methicone, Polyamide (PA, Nylon), Polyacrylate (PA), Polymethylmetacrylate (PMMA), Polyquaternium (PQ), Polyethylene (PE), Polyethyleneglycol (PEG), Polyethyleneterephtalate (PET), Polypropylene (PP), Polypropyleneglycol (PPG), Polystyrene (PS), Polyurethane (PUR), Siloxane.
Wie kann ich Plastik jetzt vermeiden?
Mit den Apps oder einer Liste der Plastik-Stoffe lassen sich die Inhaltsstoffe der Produkte schnell überprüfen. Oder ganz einfach: Zertifizierte Naturkosmetik enthält nie Mikroplastik, da es hier nicht zugelassen ist.
Weiterlesen: In der EMOTION 10/18 findet ihr einen umfangreichen Plastikreport: Bestell es dir ganz einfach nach Hause!