Am 1. Juni wurde "Mein Schiff 6" feierlich auf der Elbe vorgestellt. Prominente Taufpatin war Iveta Apkalna, die mit uns über ihre Auftritte, Ziele und Herzenswünsche gesprochen hat.
Sie beschreibt die Elbphilharmonie als schwimmende Kathedrale, vielleicht passt es auch deswegen so gut, dass Iveta Apkalna Titularorganistin der Elbphilharmonie repräsentativ für die "Elphi" zur Taufpatin von "Mein Schiff 6" berufen wurde.
Auf Deck 14 in der X-Lounge mit berauschendem Blick in die Ferne durften wir Frau Apkalna interviewen:
EMOTION.DE: Als Laie frage ich mich, ob es technisch möglich ist auf einem Schiff wie diesem ein Orgelkonzert zu geben?
Iveta Apkalna: Ja, das ist technisch möglich. Und zwar mit einer Orgel, die ihre Klänge nicht durch Pfeifen oder Wind wiedergibt, sondern digital. Eine Digitalorgel sieht genau so aus, wie eine Pfeifenorgel und wird heutzutage nicht nur an Orten ohne Orgel sehr oft genutzt, sondern ist bereits bei großen Orchestern und Bühnen akzeptiert.
Sie haben mir bereits erzählt, dass Sie noch nie auf einer Kreuzfahrt waren. Können Sie sich denn vorstellen auf einem Schiff aufzutreten?
Ob ich mir das vorstellen kann, weiß ich nicht so recht. Auf diesen leichten Bewegungen des Wellengangs fällt es mir schwer, weil ich eigentlich schnell Seekrank werde. Ich glaube, ich könnte es nicht, aber musikalisch würde es sehr passen. Schließlich geht man davon aus, dass die älteste Orgel eine Wasserorgel war. Außerdem bin sehr offen für Neues, deshalb sage ich "never say never".
Sie sind Titularorganistin der Elbphilharmonie – das Wahrzeichen Hamburgs. Wie sieht ein klassischer Arbeitstag bei Ihnen eigentlich aus?
Titularorganistin zu sein ist nur eine Facette meines Lebens. Ich bin Konzertmusikerin und spiele Konzerte überall, auch auf verschiedenen Kontinenten. Ich wohne gar nicht in Hamburg und bin hier auch nicht so oft. Natürlich stimmt es, dass ich seit diesem Titel bzw. dieser Position, jeden Tag darüber nachdenke, was mit dieser Orgel passiert. Am wichtigsten ist es, dass ich überlege und plane, wie dieses Instrument weiterlebt, wer es spielt und was gespielt wird. Es hat nicht so viel mit dem physischen Dasein zu tun. Deshalb ist es mir auch möglich, dieser Tätigkeit nachzukommen, ohne in Hamburg zu wohnen. Es ist mehr der Input den ich als Künstlerin mit meinen Erfahrungen, Vorstellungen und Ambitionen diesem Instrument geben kann. Mit der Patenschaft gebe ich der Orgel quasi ein Gesicht. Deshalb kann ich nicht wirklich von Arbeit in diesem Zusammenhang sprechen.
Sie haben als Kind mit dem Klavierspielen angefangen. Wie sind Sie dann zur Orgel gekommen?
Ich bin mit 15 Jahren zur Orgel gekommen. Das war sehr passend, weil wir auch mit den Füßen spielen und eine bestimmte Körpergröße wichtig war, die ich in dem Alter erreicht hatte. Es war auch gut, dass ich zuerst das Klavierspielen erlernt habe, weil man, um eine gute Organistin zu werden, vorher eine exzellente Pianistin sein sollte. Da mag manch anderer anders denken und andere Erfahrungen gesammelt haben, ich bin aber sehr davon überzeugt.
Außerdem kam es in meinem 15. Lebensjahr zu einer politischen Wende. Ich komme ja aus Lettland, damals noch sowjetisches Lettland. Kirchenverbot und Atheismus waren zu Zeiten der Sowjetunion noch sehr populär. Es gab keinen Zugang zu Kirchen, keinen Zugang zu Orgeln, aber Orgelaufnahmen gab es. Die hörte ich mir dann immer Zuhause an. Aber als ich dann 15 wurde, wurde Lettland wieder unabhängig, die Religion war wieder erlaubt und ich fing an Orgel zu studieren.
Und dann gab es einen besonderen Moment: Papst Johannes Paul II kam nach Lettland und nur ein halbes Jahr nach dem ich mit dem Orgelspielen angefangen hatte, bekam ich die Ehre, seinen Gottesdienst zu begleiten. Das war der Moment, indem ich verstand, dass das mein Herzenswunsch ist. Trotzdem studierte ich weiterhin zehn Jahre parallel beide Instrumente, was nicht ganz einfach war.
Konnten Sie sich je vorstellen, Kantorin zu werden?
Nein, ich wollte nie Kirchenorganistin werden. Ich bin wirklich eine Konzertorganistin und das muss man auch unterscheiden. Ich spiele Konzerte, die ich natürlich nicht nur in Konzerthäusern präsentiere, sondern auch in kleinen sowie großen Kirchen, auf Openair-Bühnen oder großen Konzertsälen wie gerade in Los Angeles – dort habe ich in der Walt Disney Concert Hall gespielt.
Sie haben bereits viele Preise gewonnen, so auch 2005 den ECHO als erste Organistin. Was können wir noch von Ihnen erwarten?
Der ECHO war natürlich eine große Überraschung und auch was sonst alles in meinem Leben passiert, wie Titularorganistin zu sein und jetzt Taufpatin für "Mein Schiff 6". Ich habe nie etwas davon geplant und deshalb bleibt es auch dabei, dass ich einfach so weiterlebe wie bisher. Ich bin sehr glücklich darüber, dass mein Beruf, mein Hobby und mein Lebensstil alles in einem vereinbar ist – der Musik. In erster Linie bin ich aber Mutter und Frau, was für mich viel wichtiger ist. So ganz ohne Musik könnte ich aber auch nicht leben.