Unsere Volontärin Imke Weiter arbeitet wieder, seit ihre Tochter sieben Monate ist. Hier schreibt sie, wieso sie froh über ihren frühen Wiedereinstieg ist.
Am ersten Tag zurück in der Redaktion hörte ich nachmittags durch das offene Fenster ein Baby schreien, woraufhin meine Hormone verrückt spielten. Ich vermisste meine Tochter so stark, dass ich mich auf nichts mehr konzentrieren konnte. Auf dem Heimweg flossen meine Tränen. Zuhause sagte ich meinem Freund, dass ich nie wieder arbeiten könne. Konnte ich aber. Und habe ich auch gemacht.
Ich war nach der Geburt meiner Tochter zunächst sieben Monate am Stück zuhause. Danach fing ich halbtags wieder an zu arbeiten und mein Freund blieb stattdessen Vollzeit zuhause. Natürlich hatte ich vorher Bedenken. Ich fragte mich, ob ich durch den Papa ersetzt werden würde. Die Trennung von meinem Baby am ersten Arbeitstag war schwierig und sehr emotional für mich. Aber auch wenn der Anfang hart war, bin ich heute sehr froh darüber, diesen Schritt getan zu haben.
Mein Partner und ich wollen unsere Tochter, 11 Monate, beide zu gleichen Teilen erziehen. Dazu gehört für uns auch eine gleichberechtige Aufteilung der Elternzeitmonate. Für mich wäre es nicht akzeptabel gewesen, die komplette Zeit zu nehmen, während mein Freund nur die üblichen zwei Elternzeitmonate nimmt. Ich bin noch im Volontariat und möchte es natürlich gern abschließen. Es geht mir aber auch um Selbstbestimmtheit und Sichtbarsein.
Wenn ich jetzt bei der Arbeit bin, genieße ich es, mich mit Themen zu beschäftigen, die mich interessieren und als wertvolle Mitarbeiterin wahrgenommen zu werden. Es ist schön, im Austausch mit den Kolleginnen zu stehen und weiter einen Platz im Team zu haben. Und auch wenn man in der Elternzeit finanzielle Unterstützung vom Staat erhält, fühlt es sich gut an, wieder selbstverdientes Geld auf dem Konto zu haben.
Auch die kleinen Dinge des Arbeitsalltags erfreuen mich. Etwa wenn ich mich morgens fertig mache. Dann weiß ich, die Mühe lohnt sich, in den nächsten Stunden wird kein Babybrei auf mein T-Shirt kommen. Und auch mein Arbeitsweg mit dem Fahrrad ist für mich zur Zeit kostbare Me-Time.
Meine Tochter hat momentan ganz viel Papa-Zeit und ich denke, sie genießt es. Die beiden sind ein tolles Team und es gibt einiges, das mein Freund besser kann als ich, etwa sie schlafen legen. Sie lernt vieles von ihm, was sie von mir gar nicht lernen könnte, zum Beispiel trommeln die beiden oft zusammen auf dem Cajon. Für ihre Entwicklung ist es sicher förderlich, wenn sie weiß, dass nicht nur Mama, sondern auch Papa ganz viel für sie da ist. Außerdem sieht sie momentan die Familie meines Freundes öfter und auch mit anderen Elternzeit-Papas treffen die beiden sich.
Ich wundere mich immer wieder über Reaktionen auf meine Entscheidung, denn diese zeigen mir, wie ungewöhnlich dieser Schritt immer noch ist. So werde ich immer wieder gefragt, ob ich denn wirklich sicher sei, wieder kommen zu wollen, wo meine Tochter doch so klein sei. Leute, mit denen ich spreche, nehmen automatisch an, meine Tochter sei jetzt bereits in der Krippe. Dass der Vater zu Hause ist und unsere Kleine betreut, können sich anscheinend immer noch die wenigsten vorstellen.
Mein Eindruck ist, auch heute noch wird von Mamas erwartet, im ersten Jahr rund um die Uhr zuhause zu sein und das Kind zu umsorgen. Sicher finden viele Frauen darin eine erfüllende Aufgabe. Auch ich liebe es, Mutter zu sein. Aber als ich den ganzen Tag zuhause war, habe ich mich manchmal gefühlt, als würde ich als Person verschwinden und als würde es plötzlich nur noch mein Kind geben. Ich hatte den Eindruck, nicht mehr zu wissen, wo ich bin, wo ich bleibe.
Trotzdem möchte ich nicht falsch verstanden werden. Jede Frau muss das für sich entscheiden. Ich habe die Zeit mit meiner Tochter zuhause genossen. Gerade als sie noch ganz klein war. Ich habe sie die ersten viereinhalb Monate voll gestillt. Als ich wieder anfing zu arbeiten, fiel ihr der Abschied vom Trinken an der Brust überraschenderweise gar nicht schwer. Die gesetzlichen Stillpausen brauchte ich deshalb nicht in Anspruch nehmen. Der Wiedereinstieg bei der Arbeit hat mir deshalb auch geholfen, das Abstillen einzuleiten.
Und eine ganz wichtige Erkenntnis, die ich für mich aus der letzten Zeit mitgenommen habe: Auch wenn ich arbeite, bleibe ich Mutter. Wenn ich heute nach der Arbeit nach Hause fahre, dann überwiegt die Vorfreude. Wenn ich unsere Wohnungstür aufschließe, krabbelt meine Tochter mir freudestrahlend entgegen und wir kuscheln erst mal ganz lange. Tränen fließen da nicht mehr, höchstens vor Freude.
Imke Weiter ist Volontärin beim EMOTION Verlag und seit 2017 Mama einer kleinen Tochter. Die krabbelt zwar noch, will aber am liebsten den ganzen Tag laufen üben. Was bei Mama, Papa, Oma, Opa und anderen Beteiligten bisweilen zu Rückenschmerzen führt.
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