Von der Idee zum Café: 5 Tipps von Stefanie Rothenhöfer, Gründerin des Food Entrepreneurs Club, wie man ein eigenes Café eröffnet.
Eigenes Café eröffnen: Selbstverwirklichung und kreative Freiheit
Die Gründung einer eigenen Food- oder Getränkemarke, die Eröffnung eines Cafés oder Restaurants – für viele bedeutet das vor allem eines: Selbstverwirklichung und kreative Freiheit, nicht zuletzt mit dem Wunsch gepaart, die Welt zu verändern oder sie zumindest ein Stückchen besser zu machen.
Immer mehr branchenfremde Unternehmer wagen den Schritt
Die Food- und Gastronomielandschaft erlebt einen so tiefgreifenden Wandel wie nie zuvor. Gerade im urbanen Raum scheint das traditionelle Gasthaus ausgedient zu haben, was Platz macht für neue Gastronomiekonzepte, die den Ansprüchen einer jungen, weltoffenen und gesundheitsbewussten Klientel Rechnung tragen. So schlossen 2016 in Berlin genauso viele Restaurants dauerhaft ihre Türen wie Eröffnungen neuer Konzepte gefeiert wurden. Dabei wagen immer mehr branchenfremde Food-Unternehmer den Schritt in die Selbstständigkeit, mit viel Begeisterung und Leidenschaft.
Erfolgsfaktor Spezialisierung
Während Familienrezepte neu interpretiert werden und Street Food Trucks die Großstädte erobern, bilden Erzeugermärkte mit regionalem Angebot und das Lebensmittelhandwerk eine wettbewerbsfähige Alternative zu den "Großen" der Branche. Der Erfolgsfaktor liegt dabei in der Spezialisierung auf meist ein Gericht in verschiedenen Variationen, mit höchstem Qualitätsanspruch zubereitet und in einer „instagrammable“ Location angeboten.
Eigenes Café eröffnen: Die ersten Schritte
Doch was gilt es darüber hinaus zu berücksichtigen, um in der hart umkämpften Branche ein profitables Konzept zu gründen? Wie sehen erste Schritte aus? Wie, wann und vor allem wo fange ich an?
Tipp 1: Vision
Jedes Business beginnt mit einer klaren Vision, die zunächst aus vielen Bildern besteht. Bilder, die das Menü zeigen oder den Bauern, der die Kräuter für den eigenen Likör anbaut. Bevor der Bankberater im grauen Anzug ins Bild rückt, ist da der Geruch der Holztische und -stühle, an denen die zukünftigen Gäste Platz nehmen, und die Melodie der Musik, die gespielt wird, wenn morgens der erste Kaffee über die Theke geht. Eine solche Vision zu haben ist überlebenswichtig, sie sollte festgehalten werden, um auch in stürmischen Zeiten darauf zurückkommen zu können.
Tipp: Plattformen wie Pinterest machen es einfach, sein eigenes Vision-Board zusammenzustellen und seine Idee zu visualisieren. Je mehr Bilder von Gerichten, Farben, Stoffen gesammelt werden, desto konkreter formt sich das eigene Konzept und wird in kurzer Zeit für einen selbst und andere sehr greifbar.
Tipp 2: Konzept
Ein zukunftsträchtiges Gastronomiekonzept konzentriert sich auf das Wesentliche und setzt auf Klasse statt Masse. Seitenlange Speisekarten gehören der Vergangenheit an, stattdessen rückt das Lebensmittelhandwerk in den Fokus, wo wenige (saisonale) Gerichte mit frischen Produkten (aus der Region) vor den Augen der Gäste zubereitet werden. So weicht der Generalist dem Spezialisten, der Meister seines Handwerks ist, auf Geschmack und Qualität setzt und nicht zuletzt seine soziale Verantwortung nicht aus dem Auge verliert.
Tipp: Ein gutes Produkt setzt sich immer durch! Wer höchste Qualität anbietet und sein Produkt fair kalkuliert, wird sich langfristig immer am Markt behaupten können.
Dieser Artikel stammt aus dem WORKING WOMEN-Magazin 2018.
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Tipp 3: Geld
Ist das Konzept erst einmal grob geformt, gilt es, seine Idee in ehrlichen Zahlen und zuallererst für sich selbst zu spiegeln. Oft passiert dabei der Fehler, dass in einem solchen Finanzplan das eigene Gehalt außen vor bleibt oder viel zu niedrig angesetzt wird. Deshalb sollte dort immer eine Zahl stehen, die den eigenen Lifestyle finanziert.
Schließlich sollte das selbst gezeichnete Worst-Case-Szenario noch einmal um 15 bis 20 Prozent nach unten korrigiert werden. Gerade wer die Branche noch nicht kennt, neigt oft dazu, Ergebnisse zu euphorisch einzuschätzen, und kann später bitter enttäuscht werden.
Tipp: In sogenannten Betriebsvergleichen, die online bestellt werden können, werden Umsatz- und Kostenstrukturen vergleichbarer Betriebstypen veröffentlicht und dienen als Orientierungshilfe für das eigene Konzept.
Tipp 4: Location
Der Wahl des Standortes sollte man besondere Aufmerksamkeit schenken, denn eine einmal gefundene, gar umgebaute Location ist schwer rückgängig zu machen. Dafür braucht es eine klare Positionierung: Setzt das Konzept auf das Mittags- und Tagesgeschäft oder den Abendbetrieb? Wird der Umsatz über eine hohe Besucherfrequenz oder einen möglichst hohen Umsatz pro Gast erzielt? Liegt der Standort eher abseits, muss man mehr fürs Marketing aufwenden.
Ist der grobe Ort eingegrenzt, empfiehlt es sich, ihn aufmerksam nach geeigneten Objekten zu "scannen" – und zwar zu Fuß. Das braucht oft mehrere Monate Zeit, starke Nerven und vor allem Geduld.
Tipp: Es empfiehlt sich, nicht nur nach leer stehenden Objekten zu suchen, sondern auch mit aktiven Gastronomiebetreibern zu reden. Oft sind sie bereit, die Location abzugeben oder zu verkaufen.
Tipp 5: Einfach machen
Und dann? Hilft ein Plan. Eine Roadmap mit klar definierten Meilensteinen, die man aus der Tasche ziehen kann, wenn man droht, vom Pfad abzukommen. Ein guter Plan erinnert einen außerdem regelmäßig daran, sich selbst zu feiern, wenn die nächste Etappe bis zur Eröffnung geschafft ist.
Gerade für Branchen-Neueinsteiger ist eine Community aus Gleichgesinnten hilfreich, um sich auszutauschen sowie ein eigenes Netzwerk aufzubauen und zu erweitern. Das sind die wichtigsten Adressen:
Der Food Entrepreneurs Club von Stefanie Rothenhöfer ist eine Business-Plattform für unabhängige, qualitätsgetriebene Food-Unternehmer. Ob Gastronom oder Quereinsteiger, erfahren oder Neugründer – der FEC bietet maßgeschneiderte Begleitung, zielsichere Vernetzung und das nötige Know-how auf dem Weg zur erfolgreichen Food-Unternehmerin.
Gastro Startup Sessions: Die Sessions sind jährlich stattfindende Inspirationstage für Neueinsteiger in der Branche, bei denen erfahrene Gastronomen in Vorträgen und Workshops ihr Wissen weitergeben und Raum für Austausch geschaffen wird. Veranstaltet vom Leaders Club Deutschland, einem Netzwerk von Gastronomen. Nächster Termin: 12. /13. Februar 2019.
Frauennetzwerk Foodservice: Durch fachlichen Austausch und gezielte Förderprogramme unterstützt das Netzwerk Frauen beim Sprung in das Management und andere Führungspositionen in Food- und Beverage-Unternehmen.
Stefanie Rothenhöfer hat ihre Leidenschaft für Food bereits sehr früh zu ihrem Beruf gemacht. Sie studierte Gastronomiemanagement in Deutschland und Frankreich, parallel dazu lernte sie das Handwerk bei Feinkost Käfer. Nach Aufenthalten in Paris und New York zieht es sie nach Berlin, wo sie einen Cateringbetrieb aufbaute und später für die Markthalle Neun arbeitete. 2014 gründete sie den Food Entrepreneurs Club und arbeitet heute als Consultant und ist Speaker auf verschiedenen Konferenzen.