Unsere EMOTION-Redakteurin im Interview mit Psychologin Dr. Melanie Steffens und das Thema Männer, Frauen und Karriere in der Partnerschaft.
Wir alle hören Sheryl Sandberg aufmerksam zu, wenn die und als Schöpferin der Management-Konzepte "Lean In" und "Lean In Together" ihr Wissen und ihre Erfahrungen als Frau in der Geschäftswelt teilt. In einem Interview mit der Financial Times hat Sandberg Frauen nun dazu aufgefordert, schon privat gute Grundlagen zu schaffen und sich ganz bewusst Partner zu suchen, die ihre Karriereambitionen unterstützen. "Fragt schon beim ersten Date: Wirst Du meine berufliche Karriere unterstützen?" Sie plädiert für Pragmatismus bei der Partnersuche. "Sucht einen Partner, der sich eine Beziehung auf Augenhöhe wünscht. Wenn er sich durch die Frage angegriffen fühlt, wollt ihr ihn eh nicht haben." Was sagt Psychologin und Autorin Dr. Melanie Steffens zu so viel Abgeklärtheit in Liebesfragen?
EMOTION: Frau Dr. Steffens, was halten Sie von Sheryl Sandbergs pragmatischem Dating-Ansatz?
Das ist natürlich gerade für die erste Verabredung sehr pragmatisch. Ihr Rat enthält jedoch einen wahren Kern. Studien zeigen: Sobald Paare Kinder bekommen, tendiert die Aufgabenverteilung bei heterosexuellen Paaren – gerade in Deutschland, aber auch international – in Richtung traditioneller Geschlechtsrollen. Wenn eine Frau erst zu diesem Zeitpunkt merkt, dass sie und ihr Partner völlig unterschiedliche Modelle von "Partnerschaft" im Kopf hatten, ist das sehr ungünstig. Die Wahrheit liegt in der Mitte: Bevor eine Frau sich auf eine langfristige Beziehung einlässt, sollte sie eine zufriedenstellende Antwort haben.
Da mag jemand entgegnen: "Aber ich kann doch meine Liebe nicht für den Beruf aufs Spiel setzen...". Wie wirken sich Kompromisse in dieser Hinsicht Ihrer Erfahrung nach aus?
Nun, wesentliche Werte, Einstellungen und Vorstellungen darüber zu teilen, wie man leben möchte, wirkt sich positiv auf die Beziehungszufriedenheit aus. Wenn ein Partner unbedingt Kinder möchte und der andere keinesfalls; wenn einer möglichst auf eine einsame Insel ziehen möchte und der andere nicht außerhalb der Großstadt leben kann, oder wenn einer sich vorstellt, dass Kinderbetreuung und Hausarbeit partnerschaftlich geteilt werden, der andere aber erwartet, dass seine Hemden gebügelt und das Essen gekocht wird, dann sind Konflikte vorprogrammiert. In diesen Zusammenhang gestellt, wirkt die unromantische Frage oben schon sehr vernünftig.
Was sind die größten Gefahren für eine Beziehung, in der beide Partner ihre Karriere verfolgen?
In der Lebensphase um die 30 kann es eine enorme Herausforderung sein, eine Work-Life-Balance zu erreichen. Insbesondere dann, wenn zwei Karrieren verfolgt werden, und auch Kinder in der Familie leben. Das kann erstens beide stressen, zweitens muss man aufpassen, dass man als Paar nicht auf der Strecke bleibt.
Welchen Ratschlag geben Sie berufstätigen Frauen bei der Partnerwahl?
Neben den oben bereits angesprochenen Modellen von Partnerschaft habe ich einen ähnlich pragmatischen Rat wie Sheryl Sandberg. Lernen Sie von erfolgreichen Männern: Wählen Sie am besten einen Partner, der etwas jünger ist als Sie und etwas schlechter qualifiziert. Damit stellen Sie sicher, dass Karriereentscheidungen zu Ihren Gunsten ausfallen: dass wegen Ihrer neuen Stelle ein Umzug erfolgt, dass er mehr Elternzeit nimmt etc. Falls das nicht klappt, empfiehlt sich ein Partner, der überall dort arbeiten kann, wo Ihre Karriere hinführt – zum Beispiel ein freier Programmierer. Das klingt fast wie ein Witz, es kann aber für Ihre Karriere die entscheidende Weiche sein. Und: Wählen Sie auf keinen Fall einen Partner, der sich gekränkt fühlt, wenn Ihre Karriere erfolgreicher ist als seine. Wie ich in meinem Buch "Frauen Männer Karrieren" erläutere, hilft es dazu auch, in unterschiedlichen Bereichen zu arbeiten, in denen Erfolg unterschiedlich gemessen wird: in Wissenschaft, Wirtschaft und Politik zum Beispiel.