"Geld geht auch grün und nachhaltig", meint der Ex-Aktienhändler Patrick Dewayne und hat ein Buch mit diesem Titel geschrieben. Wir wollten von ihm wissen, welche Aktien in Frage kommen.
Der ehemalige Aktienhändler und Finanzjournalist Patrick Dewayne nimmt in seinem Buch "Geld geht auch grün & nachhaltig" Aktien unter die Lupe und untersucht sie auf Nachhaltigkeit. Darunter sind Papiere vom grünen Energieunternehmen Encavis, von Ørsted, dem Weltmarktführer bei Offshore Windparks, oder auch Tesla. Den Autobauer beispielsweise hält er für weniger nachhaltig als gedacht.
finanzielle: Ihr neuer Ratgeber heißt "Geld geht auch grün & nachhaltig". Warum ist es wichtig, nachhaltig zu investieren?
Patrick Dewayne: Wir können mit unseren Investmententscheidungen dazu beitragen, unseren Planeten zu retten. Unsere Gelder schaffen einen Anreiz, dass Unternehmen sich in die richtige – sprich nachhaltige – Richtung entwickeln. Am Beispiel der Versorger: Bei einem immer größer werdenden Energiehunger ist es notwendig, dass sich Konzerne wie RWE oder BP ihrer Verantwortung bewusst werden und die Art der Energiegewinnung anpassen. BP trennt sich beispielsweise von Bereichen, die Öl aus Schiefergestein gewinnen. Dadurch wird BP – im übertragenen Sinne – kein 'veganes' Unternehmen, aber zumindest 'vegetarisch'.
Wie viel Einfluss habe ich als Kleinaktionär:in überhaupt?
Man kann auf jeden Fall seine Redezeit auf der Hauptversammlung nutzen, um kritische Fragen zu stellen und Statements vorzubringen. Wenngleich die Einflussmöglichkeiten natürlich begrenzt sind. Größere Kapitalgesellschaften haben mehr Power.
Wie kann ich grün anlegen?
Die Fondswelt teilt sich in 'gar nicht grüne', 'hellgrüne' und 'dunkelgrüne' Fonds auf (Artikel 6-, 8- und 9-Fonds der EU- Offenlegungsverordnung). Hinweise darauf findet man im Fondsprospekt oder Factsheet. Orientierung bieten nachhaltige Indizes, wie zum Beispiel der World Solar Energy Index mit Schwerpunkt Sonnenenergie, der Dow Jones Sustainability World oder der S&P 500 ESG. Dazu gibt es grüne ETFs wie zum Beispiel den Amundi MSCI World ETF (ISIN: LU1681043599) oder aktiv gemanagte Fonds wie den Deka-Nachhaltigkeit Impact Aktien (ISIN: LU2109588199). Um nur zwei Beispiele zu nennen, die allerdings keine Anlageempfehlung meinerseits darstellen.
Haben Sie auch ein paar Beispiele für grüne Einzelaktien?
Ich würde bei der alternativen Energiegewinnung aus Wasserstoff das norwegische Unternehmen Nel Asa (ISIN: NO0010081235) nennen, deren Wasserstofftankstellen wahrscheinlich am bekanntesten sind. Dann die Hersteller von Brennstoffzellen Ballard Power (ISIN: CA0585861085) und Plug Power (ISIN: US72919P2020). Meine besondere Aufmerksamkeit beim Thema Windkraft hat Ørsted (ISIN: DK0060094928) als Weltmarktführer bei Offshore Windparks. Unter den konservativeren Titeln mit Perspektive ist Siemens (ISIN: DE0007236101) im Fokus. Das traditionelle Schwergewicht im DAX40 punktet mit einer innovativen Herangehensweise an das Thema Nachhaltigkeit. Da merkt man, die haben Dekarbonisierung verstanden. Aus dem Bereich Onshore Windparks und Solar fällt mir das Hamburger Unternehmen Encavis (ISIN: DE0006095003) auf, weil das Geschäftsmodell stimmig ist.
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Bedeutet nachhaltig nicht gleichzeitig weniger lukrativ?
Das kann ich so nicht unterschreiben. Wenn man sich beispielsweise den MSCI World SRI Index anschaut, dann hat der nachhaltige Index den großen Bruder MSCI World zeitweise outperformt. Das lässt sich aber nicht auf alle grünen Anlagen zu jedem beliebigen Zeitpunkt übertragen. 'Grün' automatisch mit 'teuer' gleichzusetzen, ist eine Denkweise aus dem Bio-Supermarkt und trifft auf Aktieninvestments nur bedingt zu. Hier entstehen nicht automatisch höhere Kosten. Es kann besser laufen, aber auch schlechter.
Ganz praktisch: Wie finde ich grüne Aktien?
Zunächst können auf das Thema ESG spezialisierte Ratingagenturen einen guten Überblick über grüne Unternehmen und Indizes geben. Die Einschätzungen von MSCI bis ISS ESG gelten in der Finanzbranche als verlässlich. Allerdings gebe ich zu bedenken, dass es aktuell noch keine einheitlichen Standards gibt, was die Vergleichbarkeit für die Anleger:innen erschwert.
Wem das zu aufwändig ist: Jede Bank hat heute verstanden, wie wichtig nachhaltige Investments sind. Das heißt, frag einfach mal bei der Hausbank deines Vertrauens oder deinem Honorarberater nach, welche Informationen sie zur Verfügung stellen können. Alternativ lohnt ein Blick auf das Angebot themenbezogener Banken, etwa das der Umweltbank oder der KfW.
Welche Kriterien helfen bei der Auswahl?
Anleger:innen können das Thema von drei Seiten angehen. Entweder mit dem groben Filte über Ausschlusskriterien: Das heißt, die gewählten Unternehmen investieren nicht in Tabuthemen wie Waffen, Glücksspiel oder Gentechnologie. Oder mit dem Best-in-Class-Ansatz. Hier wird so ausgewählt: Wer ist beispielsweise in der Automobilbranche das Unternehmen mit dem kleinsten CO2-Footprint? Welche Firma erreicht die ESG-Kriterien am besten? Nicht vergessen, es geht um mehr als nur das "E" von ESG. Ein dritter Ansatz ist das echte Impact Investing: Dabei investierst du dein Geld in hundertprozentig nachhaltige Unternehmen, Organisationen oder Fonds, die eine positive soziale und/oder ökologische Wirkung haben.
Was sollte ich vor der Order prüfen?
Gerade bei kleineren Unternehmen ist ein Blick auf die Liquidität im Aktienhandel notwendig. Bedeutet, es kann schwieriger werden, die gewünschte Stückzahl zu kaufen oder später zu verkaufen. Nicht zu vergessen beim Blick durch die grasgrüne Investorenbrille: bei jedem Aktieninvestment gilt es, Marktrisiken und Volatilitäten zu betrachten. Anleger:innen nehmen Kursrisiken in Kauf, wenn sich Absatzmärkte, Wechselkurse oder Zinsen ändern.
Was ist gerade angesagt?
Themen wie Lithium und andere Rohstoffe stehen im Fokus. Auch weil die verantwortlichen Politiker:innen Hybridantriebe zukünftig nicht mehr fördern möchten, sondern vollelektrischen Autos den Vorzug geben. Rock Tech Lithium (ISIN: CA77273P2017) und Standard Lithium (ISIN: CA8536061010) sind Klassiker bei der Förderung dieses Rohstoffes. Aber auch bekannte Marken wie Varta (ISIN: DE000A0TGJ55) spielen eine Rolle. Diese werden ihr Engagement bei Autobatterien wahrscheinlich noch dieses Jahr intensivieren.
Und wovon sollten Anleger:innen lieber die Finger lassen?
Ein 'Achtung!' gibt‘s von mir für Tesla (ISIN: US88160R1014): Don’t belive the hype! Mir persönlich gefällt es nicht, wie sie ihre Elektroautos voranstellen, aber als Unternehmer so gar nicht nachhaltig agieren – patriarchisch, männlich, in alten Strukturen. Als diverser Mann, der Vielfalt wertschätzt, ist mir ein gleichwürdiges Miteinander genauso wichtig. Darunter verstehe ich gegenseitigen Respekt und Wertschätzung.
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