Grüne Geldanlagen boomen. Aber welche Investments sind wirklich nachhaltig? Ökosiegel versprechen Klarheit. Wir erklären, was sie bedeuten...
Immer mehr Menschen wollen nachhaltig investieren
Das Geld nicht in Kohlekraftwerke stecken, faire Entlohnung unterstützen und den Ausbau der Solarenergie vorantreiben – immer mehr Deutsche achten bei ihrer Geldanlage auf Nachhaltigkeit. Studien zufolge legen vor allem Frauen ihr Geld gern mit gutem Gewissen an. Mit der steigenden Nachfrage nach grünen Finanzprodukten wächst das Angebot. Umso schwieriger wird es jedoch, den Durchblick zu behalten.
Was sind deine No-Gos?
Ökosiegel versprechen Abhilfe. Sie sollen Anleger:innen unterstützen, grüne Geldanlagen zu identifizieren und von Investments zu unterscheiden, die nur einen grünen Anstrich haben. Das Problem: Mit der Zahl der grünen Produkte steigt auch die Menge der Ökosiegel. Und alle definieren den Begriff "Nachhaltigkeit" anders. Um Gütesiegel sinnvoll zu nutzen, sollte man sich als Anlegerin daher zunächst über seine No-Gos klar werden. Keine Massentierhaltung, keine Atomkraft, keine Rüstungsexporte. "Sich über die eigenen Ausschlusskriterien Gedanken zu machen, hilft, sich im Dschungel grüner Geldanlagen und Gütesiegel zurechtzufinden", sagt Tina Hecking, Managerin eines Nachhaltigkeitsfonds bei der Hamburger Sparkasse. Für sie ist klar, dass nicht zuletzt die eigenen Werte darüber entscheiden, welche Anlageprodukte man als nachhaltig einstuft.
Auf der Plattform Meinfairmoegen, gefördert vom Bundesumweltministerium, können sich Anlegerinnen darum ein individuelles Nachhaltigkeitsprofil erstellen lassen. So erkennt man direkt, was einem bei der eigenen Geldanlage wichtig ist – und kann auf dieser Basis entsprechende Investmententscheidungen treffen.
Nachhaltigkeit ist Ansichtssache
Während manche Fondsmanagements Aktien aus umstrittenen oder klimaschädlichen Branchen pauschal ausschließen, investieren andere in Unternehmen, die lediglich sauberer wirtschaften als die Konkurrenz. Am Stromversorger Eon ist zu sehen, wie sich die unterschiedlichen Investmentansätze auf das Portfolio auswirken: Die Aktien des Konzerns sind in vielen als nachhaltig ausgewiesenen Fonds vertreten, obwohl er laut der Investoreninitiative Climate Action zu den größten Treibhausgasemittenten weltweit gehört. Nachhaltigkeit ist in der Investmentbranche also Ansichtssache. Wichtig ist darum, alle nötigen Informationen zu haben, um eine bewusste Entscheidung treffen zu können.
Drei Siegel fürs Gewissen
Transparenz ist beim nachhaltigen Investieren oberstes Gebot. Anlegerinnen können nur dann die passenden Fonds, börsengehandelten Indexfonds (ETFs) oder anderen Anlageprodukte wählen, wenn sie sehen, welche Nachhaltigkeitskriterien diese erfüllen und welcher Definition von Nachhaltigkeit sie folgen. Hier kommen Gütesiegel ins Spiel. Sie nehmen einem die Arbeit ab, Investments selbst auf Herz und Nieren prüfen zu müssen. "Fonds und ETFs, die ein solches Siegel tragen, müssen bestimmte nachhaltige Mindeststandards erfüllen", erklärt Hecking. Finanzfachleute schätzen, dass es allein in Europa mehr als zehn Ökolabel für Finanz- und Investmentprodukte gibt.
In Deutschland sind vor allem drei bekannt: das FNG-Siegel des Forums Nachhaltige Geldanlagen, das Österreichische Umweltzeichen und das Ecoreporter-Siegel. Unter Finanzexpert:innen gilt vor allem das FNG-Siegel als hilfreich. Fondsmanagerin Hecking bevorzugt das Österreichische Umweltzeichen, eines der wenigen staatlichen Labels, die es für Nachhaltigkeit gibt.
Grün bringt Rendite
Beim FNG-Siegel sind Investitionen in Atomkraft, Kohle, Fracking, Ölsand sowie Waffen und Rüstung tabu. Das Ecoreporter-Siegel schließt auch Kinderarbeit und schwere Menschenrechtsverletzungen aus. Das Österreichische Umweltzeichen verbietet zudem Investments in Gentechnik. Einen Überblick über die Ansätze der Ökolabels gibt es auf der Internetseite der Initiative Nachhaltig Investieren.
Nachhaltigkeitssiegel helfen also, Investments zu finden, die zu den eigenen Werten passen. "Sie nehmen Anlegerinnen aber nicht die Eigenverantwortung ab", betont Hecking. Zudem sollte man auch die Rendite nie aus den Augen verlieren. Ökosiegel geben keine Auskunft über Chancen oder Risiken der Finanzprodukte. "Ein Fonds sollte niemals nur streng nachhaltig sein, die ökonomische Seite spielt auch eine Rolle", sagt Karin Baur, Finanzexpertin der Stiftung Warentest. Dass es sich jedoch lohnt, auf Nachhaltigkeit zu achten, zeigen zahlreiche Studien, wonach grüne Geldanlagen oft besser ab- schneiden als herkömmliche. Überraschend ist das nicht: Vorwärtsgewandte Unternehmen, die ressourcenschonend produzieren, Mitarbeitende fair entlohnen, transparent kommunizieren und in umweltfreundliche Technologien investieren, sind für die Herausforderungen der Zukunft besser gewappnet.
Grüne Kriterien – das bedeuten die Abkürzungen
Viele Finanzprodukte tragen Kürzel wie ESG oder SRI im Namen und zeigen damit, dass sie sich an nachhaltig orientierte Anleger:innen richten. ESG steht für Environment (Umwelt), Social (Soziales) und Governance (gute Unternehmensführung). SRI für Socially Responsible Investment, also für soziales und verantwortungsbewusstes Investieren. Manche Fonds nennen sich auch Green, Sustainable oder schmücken sich mit dem Wort Impact. Mit Letzterem betonen sie die positive Wirkung, die eine Anlage entfalten soll. "Es gibt bestimmte Schlagwörter, an denen Anlegerinnen erkennen, ob sie sich auf der richtigen Fährte befinden", sagt Stiftung-Warentest-Expertin Karin Baur.
Check: Wie nachhaltig ist die Anlage wirklich?
Diese Schlagwörter sind jedoch keine Garantie dafür, dass die damit bezeichneten Fonds oder andere Anlageprodukte bestimmte Nachhaltigkeitskriterien erfüllen. Willst du auf Nummer sicher gehen und dir keine ethisch bedenklichen oder umweltschädlichen Produkte ins Depot holen, solltest du dich nie allein nach dem Namen von Anlageprodukten richten. Es gibt zahlreiche Fonds und ETFs mit belastbarer ESG-Strategie.
Auf der Seite faire-fonds.info können Anleger:innen nachschauen, ob in einem vorgeblich nachhaltigen Fonds nicht doch das eine oder andere fragwürdige Wertpapier zu finden ist. Die Plattform zeigt vergebene Ökosiegel und den Anteil an kontroversen Unternehmen in Fonds. Demnach stecken immer wieder auch in Fonds, die mit einem Ökosiegel ausgezeichnet wurden, einzelne Wertpapiere, die beispielsweise Arbeits- und Menschenrechte missachten oder gegen Umweltstandards verstoßen.
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