Besonders Frauen laufen Gefahr, in Beziehungen ihre finanzielle Unabhängigkeit zu verlieren. Wie du das verhinderst und mit deinem Partner oder deiner Partnerin Gleichberechtigung im Umgang mit Geld etablierst, erklärt Finanzexpertin Christina Hammer.
Was meins ist, ist deins – hört sich romantisch an, kann aber auch ziemlich in die Hose gehen, wenn frau die Finanzplanung ganz ihrem Partner überlässt. In heterosexuellen Beziehungen sind es nämlich auch heute noch häufig die Männer, die beim Geld den Überblick haben. Eine UBS-Studie aus dem Jahre 2019 ergab, dass 63 Prozent der deutschen Millennial-Frauen finanzielle Entscheidungen ihren Partnern überlassen. Puh, man kann nur hoffen, dass die Prozentzahl in den vergangenen Jahren gesunken ist!
Auch Christina Hammer ist das ein Anliegen. Die Unternehmerin arbeitete jahrelang als Marketing-Expertin für Banken und gründete 2021 die App Clanq, die es Eltern erleichtern soll, die finanzielle Zukunft ihrer Kinder zu planen. Doch schon bevor Kinder ins Spiel kommen, sei es wichtig, einen gleichberechtigten Umgang mit Geld in der Beziehung zu etablieren. "Der Irrglaube, dass Finanzen ein Männerthema sind, ist eine große Gefahr für Frauen", erklärt die Expertin. "Gerade, wenn man frisch verliebt ist und neu zusammenzieht, sollte man sich mit dem Thema auseinandersetzen." Denn genau in dieser Phase bilde sich oft schon ein Abhängigkeitsverhältnis.
Achtung vor diesen Warnzeichen
Doch woran kann ich erkennen, dass mir meine finanzielle Unabhängigkeit immer mehr entgleitet? Diese Red Flags solltest du nicht übersehen:
- Wer zahlt beim ersten Date?
Klar, es ist eine nette Geste, wenn er die Rechnung übernimmt. Und vielleicht erwartest du ja genau das. Die Alarmglocken sollten jedoch zumindest leise bimmeln, wenn er partout nicht möchte, dass du deinen Teil selbst bezahlst. "Das kann ein Zeichen dafür sein, dass er sich um alles kümmern und die Kontrolle behalten will", sagt Christina Hammer. Gentleman oder Kontrolletti? Ein schmaler Grat!
- Wie viel verdienst du noch mal?
Der rosaroten Brille können schon mal ein paar Dinge entgehen. Zum Beispiel, wie viel der Partner verdient. "Das Gehalt sollte auf jeden Fall offengelegt werden", sagt Christina Hammer. "Ansonsten kann man ja auch keinen Finanzplan aufstellen." Da wären wir schon beim nächsten Punkt...
- Wir machen das jetzt so, dann passt das schon
"Das hört sich im ersten Moment immer schön an: Wir schmeißen einfach mal alles in einen Topf und jede:r bedient sich. Aber da liegt meistens schon Konfliktpotenzial", sagt die Finanzexpertin. Vor allem, wenn Vorwürfe gemacht werden wie "Jetzt hast du dir ja schon wieder eine neue Handtasche gekauft!" sollten die Alarmglocken klingeln.
- Habe ich auf alle Konten Zugriff?
Das sollte eigentlich ein No Brainer sein, aber wir listen es hier zur Vorsicht doch noch mal auf. "Lass dich bloß nicht darauf ein, regelmäßig auf ein Konto einzuzahlen, über das du keine Vollmacht hast. Auch von versteckten Konten höre ich immer wieder", sagt die Finanzexpertin.
So bleibst du unabhängig
Generell lautet das Zauberwort in Sachen Finanzgleichberechtigung (wie eigentlich bei jeder Beziehungsfrage): Kommunikation! "Über Geld reden stärkt die Bindung", sagt Christina Hammer. Aber um vernünftig diskutieren zu können, muss man eben auch Bescheid wissen. Deswegen animiert die Unternehmerin Frauen dazu sich weiterzubilden: "Das heißt nicht, dass ich alles im Detail wissen muss, aber dass ich zumindest mitreden kann und nicht die ganze Verantwortung ihm überlassen muss."
Damit wäre die erste Grundlage für finanzielle Gleichberechtigung schon mal geschaffen. Doch Christina Hammer hat noch mehr Tipps auf Lager:
- Urlaub als Übung
"Bevor man zusammenzieht, empfehle ich, dass man sich für den Urlaub schon mal ein gemeinsames Budget festlegt – einfach zur Übung. Dann kann man schon mal schauen, wie der oder die andere mit Finanzen umgeht und welche Diskussionen entstehen."
- Das gute alte Taschengeld
Wenn die Beziehung ernster wird, bietet sich ein Drei-Konten-Modell an. Es gibt also ein gemeinsames Konto und jede:r hat jeweils noch ein eigenes. Zudem schlägt Christina Hammer ein Taschengeld-Prinzip vor, durch das beide gleichberechtigt sind: "Man bestimmt einen Betrag, den jede:r selbst zur freien Verfügung hat, unabhängig davon, wer mehr verdient. Der Rest geht aufs gemeinsame Konto. Am Anfang des Zusammenlebens bietet es sich aber auch an, alle gemeinsamen Ausgaben zu teilen und jede:r behält das, was übrig bleibt, auf seinem eigenen Konto. Spätestens, wenn Kinder dazukommen, bin ich jedoch Verfechterin der Taschengeld-Variante, da dadurch beide Partner:innen gleichberechtigt sind."
- Who does Steuererklärung together, stays together
"Wenn man die Steuererklärung zusammen macht, weiß man: Wo steht man selbst? Und wo steht der Partner finanziell?" Verschaff dir einen guten Überblick – und zu zweit machen Steuererklärungen auch einfach viel mehr Spaß. Win-win!
- Alle Jahre wieder...
… stellt Christina Hammer mit ihrem Mann ein Budget fürs kommende Jahr auf. "Wir schauen, was wir im letzten Jahr für Ausgaben hatten, was wir ändern wollen und welche großen Investitionen auf uns zukommen." Das gemeinsame Pläneschmieden stärke die Beziehung, so Christina Hammers Erfahrung.
- Let's talk about money!
Und zwar nicht nur mit dem Partner selbst, sondern auch mit Freund:innen. "Einfach mal nachfragen, wie sie das handhaben. Das kann einen im eigenen Umgang mit Geld nur inspirieren", rät Christina Hammer.
Finanzen müssen kein Thema sein, das die Beziehung entzweit. Im Gegenteil: Wenn man es richtig angeht, können sie die Bindung sogar stärken. Und zwar ohne dass du deine Unabhängigkeit verlierst.
Mehr Themen: