An manchen Tagen läuft einfach alles schief. Klar ist das nervig. Trotzdem lohnt es sich, darüber nachzudenken: Was ist ein echtes Problem – und was nur eine Beeinträchtigung unserer Komfortzone?
Familien werden in Syrien auseinandergerissen, Menschen fliehen dort in überfüllte Flüchtlingslager. Wir stehen vor den Fragen des Klimawandels und versuchen, die Eurokrise in den Griff zu bekommen. Doch sosehr uns diese Themen auch beschäftigen mögen – im Alltag wird unsere Stimmung meist von ganz anderen Dingen getrübt. Die leidige Suche nach dem Parkplatz vorm Büro zum Beispiel, das undichte Kellerfenster und solche dezidierten "first world problems" wie: Das Ladekabel für mein Smartphone ist zu kurz. Oder auch nur: Meine Haare sind heute ein absolute Katastrophe.
Was ist heute wirklich noch ein Problem?
Wer sich im Netz umschaut, findet eigene Portale, die sich der Auflistung solcher Widrigkeiten des Alltags widmen, etwa: www.first-world-problems.com. Klar sind die lustig gemeint. Trotzdem kriecht manchmal die ärgerliche Frage in mir hoch: Welches Problem ist wirklich eins und welches nicht? Wann sollten wir aufhören, aus kleinen Störungen unserer Komfortzone ein Problem zu konstruieren? Aber wer wollte festlegen, was uns als problematisch erscheint und uns daran hindert, ein gutes Leben zu führen?
Wo unser Leben ins Wanken gerät
Schaut man sich die Bedeutung des Wortes an, dann ist ein Problem nicht mehr als ein Umstand, der nach einer Lösung verlangt, die aber nicht eindeutig oder leicht zu finden ist. Von solchen Umständen gibt es eine Menge, ganz egal ob in Krisenzeiten oder im Sommerurlaub: Wir haben es ständig mit Problemen zu tun. Aber sie sind von sehr unterschiedlicher Qualität – und eben dessen sollten wir uns hin und wieder bewusst werden. Wo gilt es schlicht, eine Entscheidung zu treffen, tätig zu werden oder fünf gerade sein zu lassen, und was verändert tatsächlich das Lebensgefühl und bringt unser Fundament ins Wanken?
Grenzsituationen
Die sogenannte Existenzphilosophie hat sich mit genau diesen Fragen beschäftigt: Wie frei sind wir in unseren Entscheidungen und was machen wir mit der Angst vor dem, was danach kommt? Sie prägte den Begriff der Grenzsituationen: Momente, die uns damit konfrontieren, dass es nicht für jedes Problem eine Lösung gibt. Hin und wieder sind wir dem Leben ausgeliefert.
Viele Erlebnisse bringen uns an unsere Grenzen: der Verlust eines geliebten Menschen, das Gefühl, einen Fehler gemacht zu haben, das Erleben von Krankheit. Oft genug können wir nur darauf vertrauen, dass sich die Umstände ändern, die Zeit unsere Wunden heilt oder ein anderer Mensch uns die Hand reicht, damit die Dinge wieder "gut" werden können.
Nehmen Sie es selbst in die Hand!
Wenn wir diese Probleme mit dem vergleichen, was im Alltag oft nervt, dann liegt der Luxus der kleinen Probleme vielleicht viel weniger darin, dass sie überflüssig oder oberflächlich wären. Sondern darin, dass es für die meisten dieser Misslichkeiten eine Lösung gibt. Das kostet hin und wieder Überwindung. Aber ich bin nicht an meinen eigenen Grenzen gefangen, sondern kann die Dinge in die Hand nehmen. Was für ein Luxus.
Philosophie ist nur was für Intellektuelle? Eben nicht, sagt Ina Schmidt, selbst Philosophin. Denn Aristoteles & Co. können auch heute im Alltag helfen. Sie hat die Initiative „denkraeume“ gegründet, mit der sie die Weisheit großer Denker aus dem Elfenbeinturm der Wissenschaft in den Alltag holt