Unsere Kolumnistin liebt ihr neues Smartphone mit den vielen Extras. Trotzdem achtet sie darauf, ihm nicht so viel von sich zu verraten, damit es nicht zu smart wird.
Mein neues Smartphone ist einfach toll. Es sieht super aus, macht großartige Fotos, kann E-Mails abrufen, Musik spielen und noch viele andere wunderbare Dinge. Aber eine Sache geht mir wirklich auf die Nerven: Ständig erklären mir Hersteller und Netzanbieter per SMS, wie gut ich damit beraten wäre, (nun endlich) meine Standortdaten freizugeben. Denn dann würden die Wetterinfos von dort, wo ich gerade bin, automatisch auf mein Handy gesendet werden. Das wäre sicherlich nett, aber ich könnte ja auch einfach aus dem Fenster schauen. Doch das ist natürlich nicht alles: Meine Standortdaten sind zum Beispiel auch Voraussetzung für viele Apps und Sonderdienste, die ich durchaus gern in Anspruch nehmen würde. Das ärgert mich. Und noch mehr ärgert mich, dass ich mir mittlerweile gar nicht mehr sicher bin, ob ich nicht doch schon aus Versehen meine Standortdaten verraten habe, weil ich zu schnell, ohne genau hinzuschauen bei irgendeiner anderen Meldung auf Okay gedrückt habe.
Ich will nicht, dass ab sofort ein Bewegungsprofil von mir erstellt werden kann, genau protokolliert wird, in welche Läden, Cafés und Büros ich gehe, um so viel wie möglich über mich herauszufinden. Denn dann bekomme ich vielleicht bei jeder Autobahnausfahrt die Meldung einer Fastfoodkette. Und zwar nicht nur, weil dort ein Burger mit knackigem Gemüse, das mir so gut schmeckt, im Angebot ist, sondern auch weil man mich darauf aufmerksam machen möchte, dass ich als Journalistin doch mal über gesunde Snacks berichten könnte. Eine gruselige Vorstellung.
Wenn das Smartphone alles über seinen Besitzer weiß
Es könnte natürlich auch ganz anders laufen. Man lernt im Flieger nach Berlin einen gut aussehenden Mann kennen. Nach der Landung schaltet man die Handys wieder ein. Es piepst und der Herr neben einem sagt: "Was für ein schöner Zufall! Ich erfahre gerade, dass noch ein Tisch in meinem Lieblingsrestaurant frei ist. Außerdem sind frische Austern eingetroffen und bis 14.30 Uhr gibt es zwei Gläser Champagner gratis." Was für ein Service – und was für eine Einschränkung der eigenen Fantasie. Irgendwie auch: Was für ein ferngesteuertes Leben. Was, wenn ich ganz anders wäre und ganz andere Angebote haben könnte?
Und was soll ich jetzt tun? Weiter stur bleiben und mich ohne Navi-App in einer fremden Stadt verlaufen oder doch einfach nachgeben wie so viele andere auch? Macht es denn überhaupt noch einen Unterschied, ob ich meinen Standort freigebe oder nicht? Die, die an die Daten ranwollen, schaffen das auch ohne meine Zustimmung.
Nein, diesem Fatalismus will ich mich auf keinen Fall anschließen. Denn wenn wir eine Chance haben, dem galoppierenden Überwachungswahnsinn sehr vieler Firmen, sozialer Netzanbieter und demnächst auch der Schufa, wie man hört, entgegenzuwirken, dann mit dem "Nein"-Button.
Bettina Röhl trifft viele Menschen. Die Publizistin und Buchautorin ist bekannt für ihren kritischen Blick - dabei mag sie es eigentlich harmonisch.