Ein Garten ohne Hühner sei möglich, aber sinnlos, findet Judith Rakers. Uns hat die Tagesschau-Sprecherin erzählt, warum ihr tierisches Hobby mittlerweile "etwas eskaliert" ist.
EMOTION: Haben Sie heute Morgen schon ein Ei von den eigenen Hennen zum Frühstück gegessen?
Judith Rakers: Ich war noch gar nicht im Hühnerstall, denn ich hatte gestern Abend die Spätschicht bei der „Tagesschau“ und war erst um halb drei im Bett. Ich habe es vor unserem Gespräch gerade mal geschafft, einen Jogger anzuziehen und mir einen zweiten Kaffee zu kochen. Gut, dass es sich hier um keinen Videocall handelt. Aber es stimmt, normalerweise haue ich mir morgens gern ein noch warmes Bioei meiner Hühner in die Pfanne. Ein wahnsinnig beglückendes Gefühl!
Wie viele Hühner leben denn aktuell bei Ihnen im Garten?
13. Es waren auch schon 16, aber drei sind leider vom Habicht geholt worden. Zwei lagen tot im Gehege, schrecklich ausgeweidet, und eins war weg. Meine kleine Antje, ein besonders zierliches Holländisches Haubenküken, hat der Greifvogel vermutlich einfach weggetragen. Ich hoffe immer noch, dass sie irgendwann wiederkommt, groß und stark, weil sie nur ausgesetzt und nicht gefressen wurde. Aber ich glaube, die Hoffnung kann ich langsam aufgeben.
Oh je, das Drama habe ich auf Instagram verfolgt. Ich habe auch gespannt beobachtet, wie Henne Schatzi Mutter und die Hühnerschar somit immer größer wurde…
Tatsächlich ist das Hühnerprojekt etwas eskaliert. Ich wollte ursprünglich nur vier weibliche Hühner, die den bereits von den Vorbesitzern gebauten Hühnerstall auf meinem Grundstück beleben sollten. Dann wurde mir vom Züchter ein Hahn aufgequatscht, der die Hühner beschützen sollte. Es hieß, dass meine Hühnerrasse Dresdner selten Nachwuchs ausbrütet. Aber drei der Hennen bekamen schon bald darauf im Frühjahr Küken. Die vierte, die in der Hackordnung leider etwas hinten liegt und immer leicht von den anderen gemobbt wird, wollte dann am Ende des Jahres noch anfangen zu brüten. Das habe ich unterbunden und ihr ein Gipsei untergemogelt. Sonst wären die Küken mitten im Winter geschlüpft. Es war mir zu heikel, sie dann warm zu halten. Sowohl ich als auch die Henne sind ja Anfängerinnen, wenn es um Küken geht. Aber sie kann gern im nächsten Frühjahr Mutter werden. Aus den fünf Tieren sind jedenfalls nach einem Jahr 13 geworden. Ich befürchte, das geht so weiter. (lacht)
Lesetipps
Inspiration für Anfänger:innen: Judith Rakers' Buch "Home Farming" macht gute Laune. Es ist unterhaltsam geschrieben und hat tolle Homefarming Tipps – auch für Menschen ohne Garten. (GU, 22 Euro)
Das besondere Heimatgefühl, das Hühner einem so einfach vermitteln, beschreibt auch Tanja Berlin in „Zuhause ist, wo meine Hühner sind“. (Freies Geistesleben, 20 Euro)
Sie haben mittlerweile sogar verschiedene Hühnerrassen auf dem Hof. Wie kam es denn dazu?
Als ich feststellte, dass hier offenbar jedes weibliche Tier Mutter werden möchte, habe ich mir Bruteier von anderen Rassen besorgt. Ich dachte, wenn hier schon wie wild Nachwuchs gezeugt wird, dann kann der zumindest schön divers sein. Glucken brüten nämlich alles und jeden aus. Die Glucke ist sehr, sehr tolerant. Da können wir Menschen etwas von ihr lernen. Es ist ihr völlig egal, welche Farbe die Eier haben oder wer da rauskommt. Wussten Sie eigentlich, dass es nicht nur weiße und beigefarbene, sondern auch bordeauxrote und türkisfarbene Eier gibt? Es existieren so viele verschiedene Hühnerrassen, die auch unterschiedlich farbige Eier legen. Mein Ziel ist es, so viele bunte Eier wie möglich zum Frühstück im Körbchen zu haben. Daran lasse ich meine Hennen arbeiten.
Die Frage hören Sie sicher oft: Kostet das nicht alles viel Zeit?
Die Hühner laufen so mit. Ich kontrolliere einmal am Tag die Wassertränke und die Futterspender und miste den Stall aus. Das dauert nur wenige Minuten. Wenn ich nicht da bin, übernimmt das gern eine Freundin. Schließlich bekommt sie dafür frische Eier.
Sie beobachten Ihre Tiere genau. Verhalten sich Hühner wie Menschen?
Je länger man die Hühner kennt und je mehr man sie beobachtet, desto mehr kann man diese Codes aus Körpersprache und Lauten entschlüsseln. Sie kommunizieren untereinander wie wir eben auch. Das finde ich sehr interessant, und ich habe schon echt viel gelernt. Was sie von uns unterscheidet, ist, dass sie Herdentiere sind und eine klare Rangordnung existiert. Es gibt einen Chef, und es gibt das letzte Glied in der Kette. Wie diese Hackordnung verteidigt wird, ist manchmal nicht so schön anzusehen. Wenn das Geflattere und die Kämpfe drastischer werden, dann muss ich Hähne abgeben. Ich habe mittlerweile ja vier.
Huhn kaufen: Ein Huhn kostet ca. 15 Euro, und man bekommt es u. a. über einen Züchter. Bei seltenen Rassen zahlt man auch dreistellige Preise. Man sollte sich mindestens drei Hühner anschaffen, sonst fühlen sie sich nicht wohl. Anfängerrassen sind u. a. Araucana oder Dresdner. Ein Hahn ist kein Muss – aber er kann die Hennen beschützen.
Huhn mieten: Wer erst einmal Hühner auf Probe haben möchte, kann sich auch welche mieten. Sie kommen mit Stall und allen notwendigen Utensilien wie Wassertränke, zum Beispiel über mieteeinhuhn.de
Würden Sie die Hähne dann schlachten und selbst essen?
Gute Frage! Tatsächlich habe ich die Hühnerrasse anfangs so ausgesucht, dass ich sie theoretisch auch essen könnte. Denn nicht jede Hühnerrasse ist lecker. Ich esse Fleisch, wenn auch nicht viel, und ich achte so gut es geht darauf, dass es aus kontrollierter Biohaltung kommt. Und da dachte ich, dieses Hühnerfleisch aus deinem Garten könnte das ehrlichste Biofleisch von allen sein: weil ich dann genau weiß, dass das Tier gesund war und ein wirklich schönes Leben hatte. Aber vierzig Minuten, nachdem die Hühner bei mir eingezogen waren, wusste ich: Ich kann sie niemals essen. Als sie so fröhlich auf mich zutrabten und mir direkt aus der Hand fraßen, wurden sie vom Nutztier zum Haustier. Ich habe aber schon eine Warteliste mit Freunden, die sich für das Biofleisch interessieren.
Mittlerweile sind Sie mit den Eiern, dem Obst und Gemüse sogar Selbstversorgerin … War das Ihr Plan?
Das hat mich selbst überrascht, denn anfangs wollte ich nur ein wenig Gemüse anpflanzen. Die Ernte war allerdings bald sehr üppig. Es hat sich wie von selbst ein richtig kleiner Kreislauf ergeben, ohne dass ich Expertin für Permakultur bin. Ich kann die Hühner beispielsweise mit Salat aus meinem Beet füttern. Meine Stute Sazou kommt manchmal zu Besuch. Ich gebe ihr frisch gezogene Möhren, und sie hinterlässt ihre Pferdeäpfel als besten Biodünger.
Wem empfehlen Sie die Hühnerhaltung, und warum ist ein Leben mit Hühnern besser als eins ohne?
In meinem Buch gebe ich auch Tipps für den Gemüseanbau auf dem Balkon und auf der Fensterbank, denn nicht jeder hat einen Garten. Aber für die Hühner braucht man tatsächlich einen. Dann reichen 20 qm Auslauf und ein kleiner Stall, um eine kleine Gruppe von vier glücklichen Hennen zu halten, die morgens frische Eier liefern. Ich bin total sicher, dass jeder, der das ausprobiert, zu folgendem Ergebnis kommt: Ein Garten ohne Hühner ist möglich, aber sinnlos. (lacht)
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