Im Film "Simpel" begeben sie sich zwei ungleiche Brüder auf eine Odyssee durch Deutschland, um ihren Vater zu finden. Wir waren an einem Drehtag in Hamburg dabei.
S-Bahnhof Hamburg-Othmarschen. Ich stehe am Bahnsteig. David Kross ist gerade mit dem Zug davongefahren. Natürlich ist er nicht einfach nur so weggefahren. Er, genauer gesagt Barnabas "Simpel", ist auf der Flucht – vor seinem Bruder Ben, seiner Angst, sich selbst.
Ich bin am Filmset von "Simpel" und buchstäblich direkt aus der S-Bahn in eine der dramatischsten Szenen des neuen Kinofilms von Regisseur Markus Goller gestolpert. Auf dem Bahnsteig geht es zu wie in einem Bienenstock: Um die 30 Produktionsmitarbeiter in schwarzen Klamotten tummeln sich am Set. Dazwischen etwa 50 Statisten und – nur durch die verwunderten Blicke von ihnen zu unterscheiden – etliche Passanten.
Kaum auszumachen sind in dieser Menschenmenge und zwischen dem ganzen Equipment die eigentlichen Stars des Tages: Die Schauspieler Frederick Lau ("Ben") und David Kross ("Simpel"), die im Film zwei ungleiche Brüder spielen. Gemeinsam verschlägt es sie auf eine Odyssee aus der norddeutschen Provinz ins Getümmel der Großstadt.
Trotz der erschwerten Drehbedingungen bei laufendem Betrieb der Hamburger Hochbahn herrscht entspannte Stimmung am Set. Nur kurz bevor die nächste Szene gedreht werden soll, wird’s plötzlich hektisch. Schließlich bleibt lediglich ein kurzes Zeitfenster zwischen Ein- und Ausfahrt der Bahn, aus- und einsteigenden Fahrgästen, in dem das Ganze im Kasten sein muss. Da werden Befehle gebrüllt und Leute aus dem Bild gescheucht.
Der Film: "Simpel"
Im Grunde ist es eine Liebesgeschichte zwischen zwei Brüdern.
Angelika Mönning, Producerin 'Simpel'Tweet
"Simpel" zeigt das Leben der Brüder Ben und Simpel, beide Mitte 20, das durch den plötzlichen Tod der alleinerziehenden Mutter aus der Bahn geworfen wird. Sie verlieren nicht nur ihre Mutter, sondern Ben damit auch das Sorgerecht für seinen Bruder. Denn Simpel ist anders als andere in seinem Alter. Sein geistiger Stand entspricht dem eines Dreijährigen, so dass er sich alleine nicht zurecht findet. Zum Glück gibt es Ben, dessen Lebensaufgabe es ist, sich mit Hingabe um seinen Bruder zu kümmern. Als Simpel ins Heim soll, sehen die beiden keinen anderen Ausweg als die Flucht. Ben weiß: Wenn sie es verhindern wollen, müssen sie ihren Vater David (Devid Striesow) finden. Das Problem dabei: Dieser will eigentlich vom behinderten Sohn nichts wissen. So beginnt ein tragikomischer Roadtrip, der nach einem schlimmen Streit mit dem Vater schließlich auf einem Hamburger Bahnsteig eskaliert. Ben kann einfach nicht mehr und verliert zum ersten Mal gegenüber seinem Bruder die Fassung. Der wiederum läuft davon und steigt in die nächste Bahn. Und da sind wir nun. Mittendrin.
Das Drehbuch: Die ersten Reaktionen
Schauspieler Frederick Lau war nicht von Beginn an von dem Film begeistert: "Es war ein guter Ansatz, aber ziemlich banal." Doch die Art wie David Kross sich schon beim Casting in die Rolle des Simpel eingefunden hat, hat ihn überzeugt. Nach intensiver Arbeit am Drehbuch, sagt er jetzt nach 30 Tagen Drehzeit: "Wir machen einen guten Film."
David scheint tatsächlich voll in seiner Figur aufzugehen. Wenn er davon erzählt, leuchten seine Augen: "Mit dieser Rolle bin ich gerade wunschlos glücklich", sagt er. Die positiven Energien, die Simpel allem und jedem entgegenbringt, haben auf ihn abgefärbt.
Beiden Schauspielern war jedoch von Beginn an klar, welch schwere Aufgabe mit diesem Film auf sie wartet. "Dass es albern wird – da hat man Angst vor", sagt Frederick und auch David bestätigt: "Es ist ein feiner Grad zwischen wahrhaftig und lächerlich oder gar unglaubwürdig." Der Schauspieler hofft, bei Simpel diese Gradwanderung geschafft zu haben.
Das können letztlich nur die Zuschauer entscheiden. Wann genau Simpel in den deutschen Kinos zu sehen sein wird, steht noch nicht fest.